Handhygiene in Krankenhäusern: Nach der Pandemie hat die Compliance nachgelassen

Regelmäßiges Händewaschen ist offenbar immer noch keine durchgehend etablierte Verhaltensweise, sagen die Autoren einer neuen Studie. (Foto: © Fototocam/stock.adobe.com)

In einer britisch-dänischen Studie haben die Autoren festgestellt, dass etwa jeder Zweite, der eine Krankenhaustoilette benutzt, sich danach nicht die Hände wäscht. Die Untersuchung lässt daher Besorgnis bezüglich der Einhaltung von Hygieneregeln in Hochrisiko-Umgebungen für Infektionen aufkommen.

Für die über 19 Wochen laufende Studie arbeiteten Forschende von der Universität Surrey (Großbritannien) mit Kolleginnen und Kollegen vom Bispebjerg Hospital in Dänemark zusammen. Die Wissenschaftler brachten Sensoren an Toiletten- und Waschbeckenabflussrohren an, um unbemerkt das Händewaschverhalten im Krankenhaus zu überwachen. Die Ergebnisse zeigten: 43,7 Prozent der Benutzerinnen und Benutzer von Toiletten ließen nach dem Besuch des stillen Örtchens das Händewaschen aus. Dabei beobachteten die Studienautorinnen und -autoren Spitzen der Non-Compliance mit den Handhygieneregeln von bis zu 61,8 Prozent in bestimmten Wochen.

Immer noch Mängel bei der Handhygiene – trotz ständiger Erinnerungen während der Pandemie

Obwohl während der COVID-19-Pandemie überall sehr viel Wert auf die Einhaltung der Handhygiene gelegt wurde, deuten diese Forschungsergebnisse darauf hin, dass regelmäßiges Händewaschen immer noch keine durchgehend etablierte Verhaltensweise ist – selbst an Orten, an denen Sauberkeit unabdingbar ist, um eine Ausbreitung von Infektionen zu verhindern. „Man nimmt vielleicht an, dass das Händewaschen inzwischen zur zweiten Natur geworden ist, vor allem in Krankenhäusern und nach COVID-19“, erklärt Dr. Pablo Pereira-Doel, Seniorautor der neuen Publikation und einer der Leiter des Human Insight Lab an der Business School der Universität Surrey. „Unsere Daten zeigen aber ein anderes Bild. In medizinischen Einrichtungen kann der Verzicht auf das Händewaschen direkten Einfluss auf die Patientensicherheit haben. Was wir brauchen, sind Erinnerungen an die Einhaltung der Handhygiene zum genau richtigen Zeitpunkt sowie Kampagnen, um die Menschen wieder in die Spur zu bringen.“

Für ihre Untersuchung verwendeten die Autoren Sensoren, die auf Temperaturveränderungen in Abflussrohren reagieren – sowohl in Toiletten als auch in Waschbecken. Wurde der Wasserhahn des Waschbeckens nicht innerhalb von zwei Minuten vor oder vier Minuten nach der Toilettenspülung betätigt, so wurde eine Nichteinhaltung der Handhygiene dokumentiert.

Mangelnde Compliance mit exakten Zahlen beispielhaft belegt

Von 2636 Spül-Ereignissen in zwei öffentlichen (also mutmaßlich eher von Besuchern benutzten) Krankenhaustoiletten folgte in 1153 Fällen keine Benutzung des Waschbeckens. Besonders häufig kam eine solche Non-Compliance morgens und abends vor, ebenso wie zu den üblichen Essenszeiten. Dies deutet auf ein mögliches Zeitfenster hin, in dem gezielte Interventionen – etwa Erinnerungen an die Handhygiene – sinnvoll wären.

„Eine der wichtigsten Stärken dieser Studie ist die Nutzung exakter Daten durch die Verwendung von Sensoren, anstatt sich darauf zu verlassen, dass die Menschen bereit sind, anzugeben, ob sie sich die Hände waschen“, erklärt Prof. Benjamin Gardner, Co-Autor der Studie. Er leitet das Behaviour Change Programme an der Psychologischen Fakultät der Universität Surrey. „Es kann helfen, zeitüberdauernde Handwaschgewohnheiten zu entwickeln, wenn man Strategien einsetzt, die am entscheidenden Punkt des Toilettengangs Aufmerksamkeit erzeugen und leicht zu verstehen sind – wie etwa zweimal hintereinander ‚Happy Birthday‘ zu singen.“ Prof. Carrie Newlands, ebenfalls von der Universität Surrey und dort verantwortlich für den Bereich „Clinical Skills“, ergänzt: „Diese Forschungsergebnisse sind besorgniserregend, aber nicht überraschend. Selbst einfache Verhaltensweisen wie das Händewaschen werden vernachlässigt, wenn Menschen nicht immer wieder darin bestärkt werden. In Krankenhäusern kann das schwerwiegende Folgen haben – für einzelne Patienten, aber auch für das Gesundheitssystem im Allgemeinen. Es wird Zeit, dass wir über Poster und Seifenspender hinausdenken und uns effektivere Verhaltensstrategien überlegen.“