Hautkrebs als Berufskrankheit: Expertentreffen zur Entwicklung einer globalen Strategie

Prof. John auf dem Kongress. (© Matthias Augustin/UKE Hamburg)

Bereits zum vierten Mal tagte Anfang April der Multi-Stakeholder Summit on Occupational Skin Cancer. Der Dermatologe Prof. Swen Malte John von der Universität Osnabrück organisierte die Veranstaltung.

Das Treffen fand in Athen im Rahmen des 21. European Association of Dermato-Oncology (EADO) Congress und 11. World Congress of Melanoma statt. Eines der Ergebnisse: „Der Kampf gegen Hautkrebs im beruflichen Kontext steht an einem entscheidenden Wendepunkt“, so John.

Ausrichter der Veranstaltung waren, neben der EADO, die International League of Dermatological Societies (ILDS), das Australasian College of Dermatologists (ACD), die International Commission of Occupational Health (ICOH) und die European Academy of Dermatology and Venereology (EADV).

Unter dem Motto „Occupational Skin Cancer: The Sleeping Giant“ versammelten sich internationale Wissenschaftler, politische Entscheidungsträger und Vertreter von UN-Organisationen, um eine globale Strategie gegen den vielfach „unterschätzten Killer“ unter den Berufskrankheiten zu entwickeln.

Todesfälle zwischen 2000 und 2019 nahezu verdoppelt

Denn, so John, die Zahlen seien alarmierend: Laut gemeinsamer Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltarbeitsorganisation (ILO), deren Vertreter an der Tagung teilgenommen haben, sind weltweit rund ein Drittel aller Todesfälle durch nichtmelanozytären Hautkrebs (NMSC) – auf UV-Strahlung am Arbeitsplatz zurückzuführen.

WHO und ILO bestätigen: Weltweit sind 1,6 Milliarden Menschen am Arbeitsplatz UV-Strahlung ausgesetzt. Zwischen 2000 und 2019 haben sich sowohl die durch Sonnenlicht verursachten Hautkrebserkrankungen als auch die dadurch bedingten Todesfälle nahezu verdoppelt. Dennoch wird UV-Strahlung im Vergleich zu anderen Berufskrebsrisiken immer noch zu wenig beachtet. Dabei sei das Risiko durch Sonnenlicht für Außenbeschäftigte – etwa in der Landwirtschaft, im Bauwesen oder im Tourismus – ungleich höher als bei anderen Arbeitskräften.

In einer aktuellen EU-weiten Umfrage in sechs Mitgliedstaaten war UV-Strahlung der am häufigsten genannte Risikofaktor unter 24 berücksichtigten Karzinogenen. Besonders tragisch: Hautkrebs wird oft erst diagnostiziert, wenn die Betroffenen bereits im Ruhestand sind. Die Folge: 98 Prozent der Krankheitskosten tragen nicht die Arbeitgeber oder Versicherungssysteme, sondern die Arbeitnehmer selbst – und deren Familien.

Prävention und frühes Eingreifen entscheidend

„Wir wissen, was zu tun ist“, bringt es John von der Universität Osnabrück auf den Punkt. „Prävention ist der einzige nachhaltige Weg.“ Dazu gehören nicht nur Verschattungen, Schutzkleidung und Sonnencremes, sondern auch strukturelle Maßnahmen wie veränderte Arbeitszeiten, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und gezielte Schulungen für gefährdete Berufsgruppen. Auch ökonomisch lohnt sich frühes Handeln. Prof. Matthias Augustin vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zeigt auf: Die direkten und indirekten Kosten durch Hautkrebs belaufen sich in Europa auf jährlich mindestens 5,6 Milliarden Euro. Eine konservative Schätzung, denn viele Fälle – vor allem von NMSC – tauchen in Krebsregistern nicht einmal auf. Frühzeitige Prävention senkt nicht nur Leid und Mortalität, sondern auch langfristige Behandlungskosten erheblich.

Ein Erfolgsmodell bietet Australien: Dort konnte durch jahrzehntelange Präventionsarbeit, gesetzliche Verpflichtungen zur UV-Prävention am Arbeitsplatz und Aufklärungskampagnen („Slip, Slop, Slap“) die Zahl der Hautkrebserkrankungen spürbar reduziert werden. Selbst die Steuerbehörden erkennen dort inzwischen die Ausgaben für Sonnenschutzmittel für Arbeiter im Freien als abzugsfähig an.

Anerkennung als Berufskrankheit

Besonders ermutigend ist die wachsende Anerkennung von Hautkrebs durch UV-Strahlung als Berufskrankheit. Nach der Schweiz haben auch Rumänien, Belgien und zuletzt Österreich diese Krebserkrankung offiziell in ihre Systeme aufgenommen. Der Druck auf Länder wie Griechenland wächst, sich dieser Entwicklung anzuschließen. Parallel dazu arbeiten Organisationen an einem internationalen Netzwerk zur Verbesserung des Arbeitsschutzes bei UV-Exposition.

Der nächste Multi-Stakeholder Summit wird im September 2026 in Wien stattfinden.