Herz unter Stress: Häufige Umweltbelastungen schädigen das Herz-Kreislauf-System gemeinsam

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Umweltfaktoren wie Feinstaub, Lärm, Hitze und Umweltgifte können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich erhöhen. Besonders groß sind die schädigenden Auswirkungen offenbar, wenn mehrere Umweltbelastungen gleichzeitig bestehen.

Das berichtet ein internationales Forschungsteam in einer in der Zeitschrift „Cardiovascular Research“ veröffentlichten Übersichtsarbeit. Nach Ansicht der Experten sollten daher die Gesamtheit der verschiedenen Umweltfaktoren und deren vielfältigen Wechselwirkungen – das Multimodale Exposom – eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Präventionsmaßnahmen einnehmen.

Umweltstressoren beeinträchtigen die kardiovaskuläre Gesundheit

Das internationale Forschungsteam, an dem auch Mitarbeiter der Universitätsmedizin Mainz beteiligt waren, warnt jetzt in einer Übersichtsarbeit vor einer weiteren, in aktuellen Präventionsstrategien bisher wenig berücksichtigten Gruppe von Risikofaktoren: Die Experten berichten, dass Lärm, Feinstaub, Hitzewellen und chemische Belastungen von Boden und Wasser eine gefährliche Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System entfalten können.

Die Wissenschaftler stellten unter anderem dar, dass dauerhafter Verkehrslärm Stresshormone aktiviert, den Schlaf stört und Hypertonie sowie Gefäßentzündungen verursacht. Die Forschenden beschreiben außerdem, dass insbesondere ultrafeine Staubpartikel (PM2,5, UFP) über die Lunge in den Blutkreislauf gelangen und oxidativen Stress, Endothelschäden und Arteriosklerose fördern.

Ein weiterer Aspekt: Immer häufigere Hitzewellen belasten besonders ältere und herzkranke Menschen. In Städten kommt es durch versiegelte Flächen und fehlendes Grün verstärkt zu „Hitzeinseln“, die das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen. Und schließlich: Rückstände von Pestiziden, Schwermetallen und per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), die sich kaum oder gar nicht abbauen und daher im Boden und im Wasser verbleiben, gelangen über Nahrung und Trinkwasser in den Körper. Erste Studien zeigen, dass diese Schadstoffe Entzündungen verstärken, die Gefäßfunktion beeinträchtigen und langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen können.

Multimodales Exposom verstärkt Belastungen

Für besonders bedenklich halten die Wissenschaftler auf der Grundlage ihrer Erkenntnisse eine Kombination von mehreren Umweltbelastungen: Dieses Multimodale Exposom kann die schädigenden Auswirkungen der einzelnen Umweltstressoren deutlich verstärken. „Lärm verstärkt die Wirkung von Luftschadstoffen und Hitze wirkt wie ein Katalysator für vaskuläre Schäden durch Toxine“, erläutert Univ.-Prof. Thomas Münzel, Seniorprofessor am Zentrum für Kardiologie – Kardiologie I der Universitätsmedizin Mainz und einer der Autoren der Übersichtsarbeit. „Die biologischen Schnittmengen reichen von oxidativem Stress über die Aktivierung des entzündungsfördernden Enzyms NOX-2 bis zur Endotheldysfunktion – allesamt frühe Wegbereiter für den Herzinfarkt und den Schlaganfall“, ergänzt Münzel.

Das Exposom-Konzept stellt einen ganzheitlichen Ansatz dar, der die komplexen Wechselwirkungen zwischen Umweltbelastungen und biologischen Reaktionen im Laufe des Lebens einer Person berücksichtigt, um sie in die Bewertung des Herz-Kreislauf-Risikos einzubeziehen und geeignete Präventionsstrategien zu entwickeln. Strengere Umwelt- und Lärmschutzgesetze, eine nachhaltige Stadtplanung und grüne Infrastruktur können helfen, die Belastungen durch Umweltstressoren zu reduzieren, betonen die Forschenden in ihrer Übersichtsarbeit.