Herzentzündungen nach Infarkt sagen Heilung voraus

Haben neue Bildgebungsverfahren eingesetzt, um die infarktgeschädigte Herzregion genauer zu untersuchen: Johanna Diekmann und Tobias König. (Foto: ©Karin Kaiser/MHH)

Nach einem akuten Myokardinfarkt ermöglicht die Untersuchung von Entzündungsreaktion mittels PET/CT-Bildgebung eine individuelle Prognose und personalisierte Behandlungsstrategien.

Ein akuter Myokardinfarkt löst eine Entzündungsreaktion im Herzmuskel aus. Die dabei involvierten Leukozyten bauen das beschädigte Infarktgewebe ab und setzen den Heilungsprozess in Gang. Ist die Entzündungsreaktion zu stark, steigt für die Betroffenen jedoch das Risiko einer chronischen Herzinsuffizienz.

Ein Forschungsteam um Prof. Frank Bengel, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und Prof. Johann Bauersachs, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie, hat diese Entzündungsreaktion nun genauer untersucht. Dabei ließen sich mithilfe einer hochauflösenden, molekularen Bildgebungstechnik nicht nur die individuellen Krankheitsverläufe vorhersagen, sondern auch die jeweils erforderliche Behandlung auf die einzelnen Patientinnen und Patienten abstimmen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Journal of Nuclear Medicine“ veröffentlicht. Die wissenschaftliche Studie ist zudem als Titelthema der Novemberausgabe des Magazins ausgezeichnet worden.

CXCR4-Bindungsstellen steuern Entzündungszellen

Im Zentrum der Untersuchungen standen die membranständigen Rezeptoren CXCR4 der Leukozyten, deren Aktivierung bei den Leukozyten eine Wanderbewegung auslöst. In früheren Untersuchungen am Mausmodell konnten die Forschenden bereits zeigen, dass CXCR4 nach einem Infarkt zeitweise hochreguliert ist. Sie vermuteten, dass dies beim Menschen ebenso ist und eine Vorhersage der schädlichen Umbauprozesse in der linken Herzkammer und damit die verbleibende Herzfunktion ermöglichen könnte.

„Um das zu überprüfen, haben wir 49 Patientinnen und Patienten innerhalb der ersten Woche nach einem AMI mit verschiedenen bildgebenden Verfahren untersucht“, sagt Dr. Johanna Diekmann, Oberärztin an der Klinik für Nuklearmedizin und Erstautorin der Studie.

Tracer machen Abläufe im Herzen sichtbar

Neben einer Magnetresonanztomographie (MRT) und Myokardperfusionsbildgebung (MPI) nutzten die Forschenden auch hochauflösende Positronen-Emissions-Tomographie (PET) in Kombination mit Computertomographie (CT). Dabei setzten sie Radiotracer ein, um die genauen Abläufe nach einem Herzinfarkt zu untersuchen.

In den Körper injiziert, heftet sich der Tracer gezielt an die CXCR4-Bindungsstelle der Leukozyten im Herzmuskel. Mittels PET-Scanner lässt sich die Entzündungsreaktion im Herzen so ohne zusätzlichen Eingriff direkt und räumlich genau darstellen. Ein weiterer Vorteil der nicht invasiven Bildgebung: Das Tracer-Verfahren beeinflusst die Reaktion im Körper nicht und verfälscht damit auch nicht das Messergebnis.

Individuelles Risiko abschätzen

Der Ansatz zeigte, dass die CXCR4-Hochregulation über die eigentliche Kernregion des Herzinfarktes hinausgeht. „Die Entzündungen betreffen auch die Randbereiche und führen zum Umbau der linken Herzkammer, der schließlich in eine Herzschwäche münden kann“, erklärt Dr. Tobias König, leitender Oberarzt an der Klinik für Kardiologie und Angiologie. „Im PET/CT können wir direkt sehen, ob eine überschießende Entzündung vorliegt und wie schwerwiegend sie ist.“

Während herkömmliche Bildgebungsverfahren wie MPI und Herz-MRT vorwiegend das Ausmaß der unumkehrbaren Gewebeschäden erfassen, zeigt das PET/CT die genauen Abläufe der Entzündungsreaktion, die den Heilungsprozess steuert. Ergänzt das CXCR4-spezifische PET die bildgebenden Untersuchungen, können die Ärztinnen und Ärzte feststellen, welche Patientinnen und Patienten eine übermäßige oder anhaltende Entzündung aufweisen, die auf einen ungünstigen Umbau der linken Herzkammer und eine Herzinsuffizienz hinweisen kann. „Diese Informationen könnten uns in Zukunft helfen, das individuelle Risiko für eine Herzschwäche abzuschätzen und speziell auf den Patienten abgestimmte Therapien anzubieten“, sagt der Kardiologe.

Nuklearmedizinerin Diekmann ist sich sicher, dass die CXCR4-PET-Technik bildgesteuerte Behandlungsstrategien erleichtern werde, so dass die Nuklearmedizin künftig eine aktive Rolle bei der Überwachung und Behandlung von Herzinfarkten spielen könne.