Herzinsuffizienz: Frauenherzen in Gefahr20. Oktober 2020 Der aktuelle Experten-Ratgeber “Das schwache Herz” zu den Herzwochen 2020. Bildnachweise Ratgeber-Cover: DHS/Jan Neuffer; Collage: Stefanie Schaffer Frauen sterben viel häufiger als Männer an Herzschwäche. Klinische Versorgung sei zu wenig auf Frauenherzen ausgerichtet, mahnen die Deutsche Herzstiftung und die Deutsche Stiftung für Herzforschung. Prof. Dr. Vera Regitz Zagrosek, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung; Seniorprofessorin an der Charité – Universitätsmedizin BerlinFoto: VRZ Herzschwäche bei Frauen – ein oft verkanntes Problem. Dabei machen Frauen in Deutschland rund die Hälfte aller Betroffenen aus. Es sterben rund ein Drittel mehr Frauen als Männer daran. So starben im Jahr 2016 laut Deutschem Herzbericht 25.318 Frauen an Herzinsuffizienz gegenüber 15.016 Männern. Ein Grund ist vermutlich, dass Frauen die Symptome nicht ernst nehmen. Sie leiden an Atemnot, wenn sie die Treppen hochsteigen, haben dicke Beine oder gar einen aufgedunsenen Bauch, sind müde, fühlen sich schwach und schwindelig. Dass ein schwaches Herz dahinterstecken kann, kommt vielen von ihnen nicht in den Sinn. „Herzschwäche ist bei Frauen sehr häufig, vor allem wenn gleichzeitig die Risikofaktoren Bluthochdruck, Übergewicht und eine Diabetes-Erkrankung vorliegen“, erklärt Prof. Vera Regitz-Zagrosek. Die Internistin und Kardiologin ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und rät Frauen beim Arztbesuch auf bestimmte Punkte zu achten, um sich vor leicht vermeidbaren Komplikationen ihrer Erkrankung zu schützen: Geraten Frauen etwa bei kleinen Belastungen in Atemnot und sind schnell erschöpft, sollten sie ihren Arzt bitten, einen Ultraschall des Herzens vorzunehmen. Die Deutsche Herzstiftung informiert über die Herzschwäche bei Frauen und viele weitere Aspekte der Herzinsuffizienz im Rahmen der bundesweiten Herzwochen unter www.herzstiftung.de/herzwochen2020Experten befürchten viele unerkannte Herzschwäche-Fälle bei FrauenMit zunehmendem Alter werden die Herzen von Frauen noch fester. Denn in der Menopause kommt es infolge des Östrogenmangels zu erhöhtem Blutdruck sowie vermehrter Bildung von Bindewebe im Herzen. „Diese durch einen Mangel an körpereigenem Östrogen bedingte Herzschwäche, lässt sich nicht durch eine Hormontherapie ausgleichen“, betont Regitz-Zagrosek, die auch Seniorprofessorin an der Charité, Universitätsmedizin Berlin ist. Frauen haben nicht nur festere, sondern auch kleinere Herzen als Männer. Die geringere Größe wird dadurch ausgeglichen, dass ihre Herzen mit einer höheren Auswurffraktion arbeiten als die der Männer. Bei gesunden Männern sind das mindestens 55 Prozent des Blutes im Herzen, bei gesunden Frauen wohl mehr als 60 Prozent. „Bislang aber orientiert man sich bei Frauen an dem Mindestwert für Männer von 55 Prozent“, erklärt die Berliner Kardiologin. „Die Fachwelt diskutiert derzeit, dass der Mindestwert für Frauen wahrscheinlich höher ist als der für Männer.“ Dazu kommt: Die Auswurffraktion nimmt im Alter normalerweise zu, bei Frauen stärker als bei Männern, weil Herzgröße und -masse bei beiden Geschlechtern abnehmen. „Das könnte einmal mehr dazu beitragen, dass die Auswurffraktion insbesondere bei vielen älteren Frauen als normal angesehen wird, obwohl sie längst an einer Herzschwäche leiden“, meint die Expertin. So hat mittlerweile etwa die Hälfte aller Patienten mit Herzschwäche, die in Kliniken aufgenommen werden, eine vermeintlich normale Auswurffraktion. Der Großteil von ihnen sind Frauen.Gefahr durch Schwangerschafts-Kardiomyopathie und Broken-Heart-Syndrom Bei Frauen kommen noch weitere besondere Formen der Herzschwäche vor. So kann im letzten Drittel der Schwangerschaft und etwa ein halbes Jahr nach der Geburt eine lebensbedrohliche Peripartale Kardiomyopathie (PPCM) auftreten. Alarmzeichen sind plötzliche Atemnot, Schwäche oder Flüssigkeitsansammlungen im Körper. Schon bei den ersten Signalen sollte man sofort einen Arzt aufsuchen. Das Broken-Heart-Syndrom ist eine Herzschwäche, die fast nur bei Frauen nach den Wechseljahren auftritt. Sie ist oftmals eine Folge von massivem emotionalem Stress. Die Symptome sind ähnlich einem Herzinfarkt: Atemnot, Engegefühl in der Brust, starke Schmerzen. „Das Herz kontrahiert an der Basis stärker als an der Spitze“, erläutert Regitz-Zagrosek. „Durch dieses Ungleichgewicht im Kontraktionsablauf wird zu wenig Blut ausgeworfen und der Körper nicht ausreichend versorgt.“ Dieser Zustand ist ebenfalls lebensgefährlich. Betroffene sollten unverzüglich den Notarzt (Notruf 112) alarmieren.Achten Sie auf Ihr Herz – Prof. Vera Regitz-Zagrosek rät Frauen:– Geraten Sie bei kleinen Belastungen in Atemnot und sind Sie schnell erschöpft, bitten Sie Ihren Arzt, einen Ultraschall des Herzens vorzunehmen.– Lassen Sie regelmäßig Blutdruck, Blutzucker, Körpergewicht und Blutfette kontrollieren.– Erbitten Sie beim Arzt eine Blutuntersuchung. Eisenmangel kann ein Indiz für eine Herzschwäche sein. Außerdem sind bei der Herzschwäche zwei wichtige Marker, die natriuretischen Peptide ANP und BNP, erhöht. Wichtig: Bei Frauen sind auch leicht erhöhte Werte Warnzeichen.– Frauen benötigen niedrigere Dosen von ACE-Hemmern und Betablockern als Männer. Digitalis verursacht möglichweise mehr Komplikationen. Die Gabe von Arzneien gegen Herzrhythmusstörungen sollte gut mittels EKG überwacht werden. Fragen Sie Ihren Arzt, ob die empfohlene Arznei an Frauen erprobt worden ist und ob spezielle Dosierungen angeraten sind.– Ändern Sie bei möglichen Nebenwirkungen eines Medikamentes nicht auf eigene Faust die Dosis oder setzen es ab, sondern sprechen Sie mit Ihrem Arzt.– Frauen profitieren sehr von einer Resynchronisationstherapie, bei der das Herz mit speziellen Schrittmachern dazu gebracht wird, sich synchron zusammenzuziehen. Lehnen Sie ein solches Angebot nicht von vornherein ab.– Achten Sie auf Bewegung an frischer Luft, gesunde Ernährung, verzichten Sie auf Alkohol und Zigaretten.Tipp: Der Experten-Ratgeber „Das schwache Herz“ (180 S.) kann kostenfrei per Tel. unter 069 955128-400 (E-Mail: [email protected]) angefordert werden. Leicht verständlich informieren Herzexperten über Ursachen, Vorbeugung sowie aktuelle Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten der Herzschwäche. Die Herzwochen stehen unter dem Motto „Das schwache Herz“ und richten sich an Patienten, Angehörige, Ärzte und alle, die sich für das Thema Herzschwäche interessieren. An der Aufklärungskampagne beteiligen sich Kliniken, niedergelassene Kardiologen, Krankenkassen und Betriebe. Infos zu Online-Vorträgen, Telefonaktionen und Ratgeber-Angeboten sind unter www.herzstiftung.de/herzwochen2020 abrufbar oder per Tel. 069 955128-333 zu erfragen.
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