Herzklappenverkalkung: Studie beschreibt Entstehung und natürliche Abwehrmechanismen4. Juli 2024 Teilweise verkalktes Herzklappengewebe, einschließlich unveränderten Kollagens (blau), verkalktem Kollagen (gelb bis rot) und aggregierten Kalziumphosphat-Knötchen. (Bild: ©Mayandi Sivaguru und Bruce Fouke) Wie genau entstehen Kalzifikationen an der Aortenklappe? Und lässt sich deren Wachstum verhindern? Eine aktuelle US-Studie liefert Einblicke unter Verwendung eines neuen Forschungsansatzes. Patienten mit kalzifizierter Aortenklappenstenose steht bislang als einzige lebensverlängernde Therapieoption der Herzklappenersatz zur Verfügung. Obwohl die Kalzifikation der häufigste Grund für eine Aortenklappenstenose ist, ist nur wenig darüber bekannt, wie genau die Kalkablagerungen an der Herzklappt entstehen oder wachsen. Eine Forschergruppe um Bruce Fouke, Professor für Geowissenschaften und Umweltveränderungen an der University of Illinois und Direktor des Roy J. Carver Biotechnology Center in Illinois (USA) hat sich dem Thema nun auf dem Gebiet der „GeoBioMed“ – einer Kombination aus Geologie, Biologie und Medizin – genähert. Sie hatten diese Methode bereits auf die Untersuchung von Nierensteinen angewandt. In ihrer neuesten Studie, die in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht wurde, gingen die Forscher den Schritten der Bildung von Kalziumablagerungen in Aortenklappen auf den Grund. Verwendet haben sie dafür die Herzen menschlicher Leichname. Amorphes Kalziumphosphat verschmilzt zu festen Knötchen „Wir nutzten mehr als zwölf Untersuchungsmethoden, darunter Lichtmikroskopie, Elektronenmikroskopie und Spektroskopie, um erstmals die Art und das Fortschreiten der Mineralisierung und die Proteinlokalisierung in der Aortenklappe zu untersuchen. Diese multimodale Analyse liefert neue Erkenntnisse zum besseren Verständnis der kardiovaskulären Verkalkung“, verdeutlicht Mayandi Sivaguru, Erstautorin der Studie und Leiterin der Cytometry and Microscopy to Omics Facility im Carver Biotechnology Center. Ausgangspunkt war das gesunde Gewebe der Herzklappe. Die Wissenschaftler entdeckten, dass sich in der glatten Muskelschicht der Herzklappen zunächst winzige Kügelchen aus Kalziumphosphat bilden. Entscheidend ist, dass das Team herausfand, dass die Mineralablagerungen nicht – wie bisher allgemein angenommen – aus der gleichen Art von Kalziumphosphat bestehen wie Ablagerungen in Knochen, dem sogenannten Apatit. Stattdessen bestehen sie überwiegend aus amorphem Kalziumphosphat (ACP), das die Fähigkeit hat, sich morphologisch zu verändern und atomar neu anzuordnen. Weiter konnten Sivaguru et al. zeigen, die Kügelchen zu Schichten verschmelzen, die das Kollagen und die glatten Muskelfasern, die den Segelklappen ihre Flexibilität verleihen, verkrusten und versteifen. Im Weiteren verbinden sich die Schichten außerdem zu großen Knötchen, die sich drehen, einander berühren und das Gewebe weiter versteifen. „Wir haben sofort gesehen, dass die Reaktionen im Gewebe der Klappen praktisch identisch mit denen sind, die wir in Korallenriffen, heißen Quellen und vielen anderen natürlichen Umgebungen untersucht haben, in denen es Wechselwirkungen zwischen Leben, Wasser und Mineralien gibt“, sagt Fouke. „Unser Blut ist mit Kalzium und Phosphat gesättigt. Die Verkalkung von Kollagen und das Wachstum von Knötchen ist angesichts unserer Blutchemie, Biologie und Zusammensetzung unvermeidlich“, merkt er an. Natürliche Abwehrmechanismen verlangsamen Verkalkung „Der Lichtblick bei all dem ist jedoch, dass wir auch festgestellt haben, dass unser Körper unglaublich komplizierte und effektive Prozesse entwickelt hat, um die Mineralisierung zu bekämpfen. Er kann die Mineralisierung nicht aufhalten, aber er kann sie drastisch verlangsamen.“ Konkret fanden die Forscher zwei Abwehrmechanismen. Wenn sich die winzigen ACP-Kügelchen bilden und zu verschmelzen beginnen, produziert das Herzgewebe ihren Erkenntnissen zufolge große Mengen des Proteins Osteopontin. Osteopontin fördert das Apatitwachstum und die Verkalkung von Knochen und Nierensteinen, weshalb die Ergebnisse die Forscher zunächst verwunderten, so Fouke. Osteopontin hat jedoch die gegenteilige, nämlich eine hemmende Wirkung auf ACP, indem es die Kollagenverkalkung und die Knotenaggregation verlangsamt. „Deshalb ist es so wichtig zu wissen, dass es sich um ACP und nicht um Apatit handelt. Die Förderung der Freisetzung von Osteopontin könnte ein wichtiges neues Ziel sein, um die Verkalkung so weit zu verlangsamen, dass sie keine Bedrohung darstellt oder einen chirurgischen Eingriff erfordert“, hebt Fouke hervor. Der zweite Schutzmechanismus des Körpers ist das Kollagen, aus dem sich die Knötchen bilden. Die Forscher fanden heraus, dass sich die Kollagenfasern, wenn die Knötchen zu wachsen beginnen, um sie herum ausdehnen und sie einschließen, so dass eine Wasserbarriere entsteht, die das Wachstum der Knötchen weiter verlangsamt. Ausblick und weitere Anwendungsfelder Die Forscher untersuchen nicht nur mögliche therapeutische Anwendungen von Osteopontin zur Verlangsamung der Verkalkung, sondern hoffen, dass ihre Arbeit auch neue Wege zur Verhinderung des anfänglichen Wachstums und zur Auflösung bereits gebildeter Mineralablagerungen im gesamten menschlichen Körper eröffnet. In Zusammenarbeit mit der Mayo Clinic wendet das Team nun seinen multimodalen GeoBioMed-Ansatz an, um die Verkalkung in menschlichen Brusttumoren zu untersuchen, die ein charakteristisches Merkmal dieser Krankheit ist.
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