Hessische Ärzteschaft kritisiert neues Portal „Mehr Patientensicherheit“

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Der Präsident der Hessischen Ärztekammer kritisiert das Patientensicherheits-Portal des vdek: „Den Nutzen können wir nicht erkennen“. Es gebe bereits etablierte Angebote, etwa das Critical incident reporting system (CIRS) „CIRSmedical“.

„Alter Wein in neuen, aber ungeeigneten Schläuchen“: So kommentiert der Präsident der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) Dr. Edgar Pinkowski das kürzliche präsentierte Internet-Portal „Mehr Patientensicherheit“ des vdek (Verband der Ersatzkrankenkassen).  Die für die Hessische Ärztekammer „vermeintliche Innovation“ solle Patienten die Möglichkeit eröffnen, „kritische Erlebnisse im Gesundheitswesen“ zu schildern, die dann von „einem Expertenteam“ mit dem Ziel analysiert würden, die Patientensicherheit zu erhöhen. „Wer sich hinter den ‘Experten’ verbirgt, bleibt unklar“, kritisiert Pinkowski. „Dabei gibt es längst etablierte Angebote der Ärzteschaft wie CIRSmedical.de auf Bundesebene oder auf Landesebene, deren Erkenntnisse in die Verbesserung der Patientenversorgung einfließen.“

CIRSmedical.de ist das Berichts- und Lernsystem der deutschen Ärzteschaft für kritische Ereignisse in der Medizin. CIRSmedical richtet sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens, die alle in der Medizin auftretenden sicherheitsrelevanten Ereignisse berichten können. „Dies können Fehler, Beinaheschäden, kritische Ereignisse oder auch unerwünschte Ereignisse sein“, so Pinkowski.  Die Übertragung der Daten erfolgt seinen Angaben zufolge verschlüsselt über ein SSL-Protokoll.

„Klar ist, dass die Ärzteschaft eine zentrale Rolle in der Schaffung einer sicheren Patientinnen- und Patientenversorgung spielt“, hob Pinkowski hervor: „Ärztinnen und Ärzte haben durch Studium, Weiterbildung und Berufserfahrung nicht nur das notwendige Know-how für Diagnostik und Behandlung von Krankheiten, sondern auch für die Analyse möglicher Behandlungsfehler.“ Dabei dürfe selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden, dass neben den anderen Berufsgruppen in der Gesundheitsversorgung auch die Patientinnen und Patienten selbst einen wichtigen Beitrag zu Sicherheit ihrer Versorgung leisten können.

Über ein Beschwerdeformular können Patientinnen und Patienten in Hessen der Landesärztekammer über negative Erfahrungen in Klinik und Praxis berichten. Diesen Beschwerden werde umgehend nachgegangen, betonte die Hessische Ärztekammer in einer Mitteilung. Außerdem hätten Patienten die Möglichkeit, sich bei vermuteten Behandlungsfehlern an die Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen der Landesärztekammer Hessen zu wenden. Die Stelle überprüft ärztliche Behandlungen auf behauptete Fehler in einem freiwilligen, für den Antragsteller kostenlosen Verfahren. Die Gutachten und Kommissionsentscheidungen dienen auch dem Zweck, den behandelnden Ärztinnen und Ärzten über den Einzelfall hinaus Fehlerquellen aufzuzeigen.

„Die Landesärztekammer Hessen ist durch ihre Aufgaben – u.a. die Berufsaufsicht der Kammermitglieder, die Förderung der beruflichen Fortbildung – eng mit der Sicherstellung der Patientensicherheit verknüpft“, erklärt Pinkowski. Die LÄKH ist Mitglied im Landesbeirat Patientensicherheit und Pinkowski war Co-Vorsitzender des Ausschusses Patientensicherheit bei der Bundesärztekammer.

Außerdem leitet die LÄKH seit Frühjahr 2022 die Arbeitsgruppe „Digitale Gesundheitskompetenz“ beim Aktionsbündnis Patientensicherheit. Ziel ist es, gemeinsam Informationsmaterialen zu erstellen, die Patientinnen und Patienten bei der Orientierung und Einschätzung digitaler Gesundheitsinformationen unterstützen, aufklären und so die Gesundheitskompetenz verbessern sollen. „Wir arbeiten für Patienten und gemeinsam mit ihnen“, so Pinkowski: „Patientensicherheit ist nur im Team möglich. Darauf legen wir als Landesärztekammer Hessen großen Wert. Welchen zusätzlichen Nutzen das Portal des vdek haben soll, können wir nicht erkennen.“