Hirnbedingte Sehbehinderung bei Kindern: Experten definieren fünf Elemente der CVI21. November 2024 Symbolbild.©NDABCREATIVITY-stock.adobe.com Wissenschaftler unter der Leitung der National Institutes of Health (NIH) haben fünf Elemente der cerebralbedingten Sehstörungen (cerebral visual impairment = CVI) identifiziert. In den Vereinigten Staaten und anderen Industrienationen hat sich CVI als eine der Hauptursachen für Sehbehinderungen ab dem Kindesalter herausgestellt. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass mindestens drei Prozent der Grundschulkinder CVI-bedingte Sehprobleme aufweisen. Diese Sehstörungen variieren. Sie können unter anderem Schwierigkeiten bei der visuellen Suche nach einem Objekt oder einer Person sowie beim Verstehen einer Szene mit komplexen Bewegungen umfassen. Der Bericht der Forscher, der sich auf Fakten und Expertenmeinungen stützt, wurde im Fachjournal „Ophthalmology“ veröffentlicht. „Das mangelnde Bewusstsein für CVI ist ein wichtiger Faktor, der dazu führt, dass die Krankheit falsch oder gar nicht diagnostiziert wird. Das kann für Kinder und Eltern jahrelange Frustration bedeuten, wenn sie die zugrunde liegende Sehschwäche nicht bemerken und keine Hilfe erhalten“, erklärte der Mitautor des Berichts, Dr. Lotfi B. Merabet, außerordentlicher Professor für Augenheilkunde, Massachusetts Eye and Ear und Harvard Medical School, Boston, USA. „Die Klärung der Faktoren, die einen Verdacht auf CVI begründen, sollte dazu beitragen, das Bewusstsein zu schärfen und den Augenärzten dabei zu helfen, Kinder für eine weitere Untersuchung zu identifizieren. Damit sie so früh wie möglich von Rehabilitations- und Akkommodationsstrategien profitieren können“, fügte die Mitautorin des Berichts, Dr. Melinda Y. Chang, Assistenzprofessorin für klinische Augenheilkunde an der University of Southern California, Los Angeles, USA. Die fünf Elemente der CVI sind, laut der Experten, folgende: Gehirnbeteiligung: CVI umfasst ein Spektrum von Sehbehinderungen, denen eine Anomalie des Gehirns zugrunde liegt, die die Entwicklung der neuronalen Verbindungen des Gehirns, die das Sehen verarbeiten, beeinträchtigt. Bei allen Menschen mit CVI führen diese Anomalien der Sehbahnen zu einem gewissen Grad an funktioneller Sehbehinderung. Diese schränken die Fähigkeit der Betroffenen, ihr Sehvermögen für alltägliche Aktivitäten zu nutzen, ein. Die Sehstörung ist größer als bei einer Augenuntersuchung erwartet: Bei Menschen mit CVI kann es vorkommen, dass gleichzeitig ein Problem mit ihren Augen besteht. Wenn die Sehstörung in erster Linie auf ein visuelles Verarbeitungsproblem im Gehirn zurückzuführen ist und nicht durch das Augenproblem erklärt werden kann, sollte eine CVI diagnostiziert werden. Arten von visuellen Defiziten: CVI-bedingte Sehstörungen können sich als visuelle Defizite niedrigerer und höherer Ordnung manifestieren. Beispiele für Defizite niedrigerer Ordnung sind eine verminderte Sehschärfe, eine verminderte Kontrastempfindlichkeit und ein eingeschränktes Gesichtsfeld. Zu den Defiziten höherer Ordnung gehören Schwierigkeiten bei der Erkennung von Gesichtern und Objekten, eine verminderte Fähigkeit, visuell nach etwas oder jemandem zu suchen, Schwierigkeiten bei der räumlichen Orientierung oder der Wahrnehmung komplexer Bewegungen sowie das Sehen von mehr als einem Objekt auf einmal. Unterscheidung von sich überschneidenden neurologischen Störungen: CVI kann zwar gemeinsam mit anderen neurologischen Entwicklungsstörungen auftreten, ist aber nicht in erster Linie eine Störung der Sprache, des Lernens oder der sozialen Kommunikation. Zerebralparese ist bei Menschen mit CVI häufig. Autismus und Legasthenie können sich mit CVI überschneiden. Infolgedessen wird CVI bei Kindern mit anderen gleichzeitigen neurologischen Entwicklungsstörungen häufig falsch oder gar nicht diagnostiziert. CVI wird leicht übersehen: Die zugrundeliegende neurologische Anomalie des sich entwickelnden Gehirns eines Kindes kann unerkannt bleiben oder erst im späteren Leben diagnostiziert werden. Ein Screening auf CVI sollte bei Personen in Betracht gezogen werden, bei denen ein hohes Risiko für eine neurologische Schädigung besteht, zum Beispiel bei Frühgeborenen mit periventrikulärer Leukomalazie, einer Anomalie der Hirnventrikel, die in der Bildgebung festgestellt wird. Die derzeitige Bildgebungstechnologie reicht jedoch oft nicht aus, um CVI zu diagnostizieren. „Es bleibt noch viel zu tun, um diagnostische Ansätze und multidisziplinäre Rehabilitationsstrategien zu optimieren, um die Lebensqualität von Menschen mit CVI zu verbessern. Deshalb ist dies eine Priorität in unserem Strategieplan“, betont Dr. Michael F. Chiang, Direktor des National Eye Institute (NEI) der NIH. Um die Forschung voranzutreiben, beaufsichtigt das NEI die Entwicklung eines Registers, in dem Daten von Menschen mit CVI gesammelt werden. Die Datenbank soll Forschern zur Verfügung gestellt werden, um das Spektrum der Anzeichen und Symptome von CVI zu untersuchen und die besten Diagnose- und Rehabilitationsverfahren zu definieren. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des NIH CVI-Registers. Der Bericht zur CVI-Definition basiert auf einem Workshop, der vom NEI in Zusammenarbeit mit dem Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development (NICHD) und dem National Institute of Neurological Disorders and Stroke (NINDS) veranstaltet wurde. Ein ergänzender Bericht der American Academy of Pediatrics, der Kinderärzten helfen soll, CVI zu erkennen, wurde im Fachjournal „Pediatrics“ veröffentlicht.
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