Hirsche passen Physiologie der Muskeln an Jahreszeit an17. April 2024 Foto: © FIWI/Vetmeduni Am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Vetmeduni Wien gingen Wissenschaftler in einer aktuellen Studie der Frage nach, wie Rothirsche sich auf zellulärer Ebene auf den Winter vorbereiten. Im Fokus der Untersuchung standen biochemische Kälteanpassungen in der Muskulatur und deren Steuerung. Die Studie wurde vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung Österreichs (FWF) finanziert und erbrachte bahnbrechende Erkenntnisse mit allgemeiner Bedeutung für Säugetiere. In den Membranen von Muskelzellen befinden sich Schlüsselenzyme der Muskelfunktion. Wie alle biochemischen Vorgänge ist die Aktivität dieser Enzyme temperaturabhängig. Ein zu kalter Muskel ist deshalb nur eingeschränkt funktionstüchtig. Wie Rothirsche im Winter ausreichend bewegungsfähig bleiben, trotz niedrigerer Temperatur vor allem in äußeren Körperteilen, war die zentrale Fragestellung des Projekts.Um saisonale zelluläre Veränderungen feststellen zu können, wurde den Tieren im Winter und im Sommer unter Narkose mittels Biopsie eine geringe Menge an Muskelgewebe entnommen. Im Labor bestimmten die Wissenschafter anschließend die Fettsäurezusammensetzung der Zellmembranen und die Aktivität von Schlüsselenzymen. Mit den Ergebnissen gelang es grundlegende Zusammenhänge aufzuklären. Dazu der Projektleiter Walter Arnold: „Wir konnten feststellen, dass die Aktivität wichtiger Enzyme des Muskelstoffwechsels von der Konzentration bestimmten Fettsäuren in den Zellmembranen beeinflusst wird. Zusammen mit jahreszyklischen Veränderungen der Genexpressionen bestimmen die saisonalen Veränderungen der Fettsäureumgebung die maximal mögliche Aktivität membranständiger Enzyme.“Die zweite Untersuchungsfrage war, wie die jahreszyklischen Veränderungen in Zellmembranen zustande kommen. Ein denkbarer Grund war eine unterschiedliche Zufuhr mehrfach ungesättigter Fettsäuren mit der Nahrung, da diese von Säugetieren nicht synthetisiert werden können. Eine weitere Möglichkeit war die Steuerung durch die Tageslänge, deren Veränderung im Jahresverlauf wohlbekannte andere saisonale Reaktionen auslöst, wie den Wechsel vom Sommer – ins Winterfell. Beide Hypothesen wurden mit einem ausgeklügelten Experiment untersucht. Den Tieren wurde das ganze Jahr über Futter mit unterschiedlichen Konzentrationen essenzieller Fettsäuren verabreicht und die Wahrnehmung der Tageslänge wurde im letzten Versuchsjahr manipuliert. Das gelang mit der Verabreichung des Hormons Melatonin, dass natürlicherweise nur nachts und deshalb vermehrt im Winter ausgeschüttet wird. Die künstliche Erhöhung des Melatoninspiegels im Blut ab Juni führte bereits im August zur Wende in den Winterzustand, deutlich erkennbar am vorzeitigen Wechsel ins Winterfell und ebenso nachweisbar in den Muskelzellen. Die Zufuhr essenzieller Fettsäuren hatte dagegen so gut wie keinen Einfluss auf jahreszeitliche Veränderungen.Fazit: Durch saisonale Anpassungen auf zellulärer Ebene ist es den Hirschen möglich, trotz der besonders in den Beinen niedrigeren Körpertemperatur ausreichende Muskelfunktion zu erhalten. Mit der durch geringere Wärmeproduktion erzielten Energieeinsparung überstehen sie Nahrungsknappheit und Kälte des Winters, ohne ihre Fluchtfähigkeit zu sehr zu beeinträchtigen.Diese Studie bietet faszinierende Einblicke in die erstaunlichen Anpassungsmechanismen von Hirschen und legt nahe, dass ähnliche Phänomene auch bei anderen Säugetieren vorhanden sind, einschließlich des Menschen. Die Erkenntnisse haben somit weitreichende Auswirkungen auf das grundlegende Verständnis der evolutionären Anpassung an saisonal veränderliche Lebensbedingungen.
Mehr erfahren zu: "Halloween lässt grüßen: Gefährlicher Drogen-Trend schwappt nach Europa über" Halloween lässt grüßen: Gefährlicher Drogen-Trend schwappt nach Europa über Die Kröte gehört als Grusel-Accessoire zu Halloween. Sie gilt traditionell als Beigabe zu Zaubertrank und Hexengebräu. Heute weiß man aus der pharmakologischen und toxikologischen Forschung, welche berauschenden und giftigen Substanzen […]
Mehr erfahren zu: "Vogelgrippe nun in zehn Bundesländern – Niedersachsen trifft es besonders hart" Vogelgrippe nun in zehn Bundesländern – Niedersachsen trifft es besonders hart In Niedersachsen ist die Zahl betroffener Betriebe besonders hoch. Behörden und Verbände versuchen, die Ausbreitung der Vogelgrippe einzuschränken. Doch das Infektionsgeschehen ist schwer einzudämmen – das Virus kommt mit dem […]
Mehr erfahren zu: "Vogelgrippe: Übersichtskarte zeigt Dynamik des Infektionsgeschehens" Vogelgrippe: Übersichtskarte zeigt Dynamik des Infektionsgeschehens Auf vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) veröffentlichten Karten zur Verbreitung der Hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI), auch als Vogelgrippe bekannt, ist in Europa die Verbreitung des Virus mit dem Herbstvogelzug Richtung Süden abzulesen.