Hoden können sich von Krebstherapie erholen – Es sei denn, sie wurden bestrahlt

Hodenkrebs (Symbolbild). Grafik: Crystal light – stock.adobe.com

Das Hodenvolumen bei Kindern und jungen Erwachsenen, die wegen einer frühen Krebserkrankung ausschließlich mit Chemotherapie behandelt wurden, scheint sich im Langzeitverlauf zu erholen, wie finnische Mediziner herausfanden. Das ist nicht der Fall bei Patienten, die an den Hoden bestrahlt wurden.

Da bekannt ist, dass eine Krebstherapie im Kindesalter Subfertilität nach sich ziehen kann, wollten die drei Kinderonkologen Melanie Korhonen, Kirsi Jahnukainen und Mikael Koskela vom Neuen Kinderkrankenhaus in Helsinki, das zur Universität Helsinki gehört, die Auswirkungen genauer überprüfen. Dazu legten sie eine Studie auf, in der sie die Exposition betroffener Patienten gegenüber einer Krebstherapie mit dem Hodenvolumen von der Pubertät bis zum Erwachsenenalter, der Spermatogenese und den Vaterschaftsergebnissen im Erwachsenenalter korrelierten.

Die Studienpopulation umfasste 255 männliche Überlebende von Krebs im Kindesalter (childhood cancer survivors, CCS), die ≥5 Jahre überlebten und die zwischen 1964 und 2000 im Kinderkrankenhaus von Helsinki ihre Diagnose erhalten hatten. Deren Hodenvolumina waren im Alter von 12 (n=38), 14 (n=57), 16 (n=63), bzw. 18 Jahren (n=105) oder im Erwachsenenalter (n=43; Altersmedian 27 Jahre) gemessen worden. Für ihre Unter­suchung rechneten die Wissenschaftler die Hodenvolumina in altersspezifische Z-Scores um. Darüber hinaus gaben 92 CCS im Erwachsenenalter (Altersmedian 25,2 Jahre) eine Samenprobe ab. Die Vaterschaft wurde anhand nationaler Registerdaten ermittelt (durchschnittliches Alter bei der Unter­suchung 37,6 Jahre; n=252).

Verglichen mit altersspezifischen Referenzwerten wiesen CCS im Alter von 12–18 Jahren im Allgemeinen niedrige Z-Scores für das Hoden­volumen auf. Die Hodenvolumen-Z-Werte bei CCS, die ausschließlich mit Chemotherapie behandelt wurden, kehrten aber im Erwachsenenalter in den Referenzbereich zurück. Im Gegensatz dazu zeigten Patienten, die einer Hodenbestrahlung ≥1 Gy (Dosismedian 12 Gy) ausgesetzt waren, keine späte Erholung der Hodengröße. Korhonen und Kollegen konnten eine Hodenbestrahlung mit einer Energiedosis ≥1 Gy und eine Cyclophosphamid-Äquivalenzdosis ≥12 g/m2 als Risikofaktoren für Azoospermie im Erwachsenenalter identifizieren. Bei Patienten, die eine Hodenbestrahlung mit ≥1 Gy und eine Cyclophosphamid-Äquivalentdosis ≥4 g/m2 erhalten hatten, waren niedrigere Vaterschaftsraten zu verzeichnen.

„Das Wachstum des Hodenvolumens nach längerer Nachbeobachtung deutet auf eine mögliche späte Erholung der Spermatogenese bei CCS hin, die ausschließlich mit Chemotherapie behandelt wurden“, schließen die Kinderonkologen. Alkylierungsmittel erhöhten den Ergebnissen dieser Studie zufolge das Risiko, unter einer verlängerten Azoospermie zu leiden und kein Vater werden zu können. „Hoch­dosierte Hodenbestrahlung führt zu einer langfristigen Erschöpfung der Spermatogonien“, warnen Korhonen et al. abschließend. Dies sei der stärkste Risikofaktor für Azoospermie und eine ausbleibende Vaterschaft.

(ms)