Hodgkin-Lymphom: Vitamin-D-Mangel verschlechtert Überleben21. Oktober 2019 Dr. Sven Borchmann, Uniklinik Köln Foto: © Christian Wittke/Uniklinik Köln Wissenschaftler der Uniklinik Köln und der Medizinischen Fakultät um Dr. Sven Borchmann hat untersucht, ob ein Vitamin-D-Mangel bei Hodgkin-Lymphom-Patienten mit einer schlechteren Tumorkontrolle und letztlich mit einem schlechteren progressionsfreien Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) verbunden ist. Die Ergebnisse wurden am 17. Oktober im „Journal of Clinical Oncology“ veröffentlicht. Patienten mit einem Hodgkin Lymphom leiden häufig an einem Vitamin-D-Mangel, so die erste Erkenntnis der Wissenschaftler. Wie in der Gesamtbevölkerung tritt der Mangel im Winter häufiger auf als im Sommer. Auffällig war, dass die Patienten mit einem Vitamin-D-Mangel ein deutlich verringertes PFS und OS aufwiesen. Dieser Effekt zeigte sich unabhängig von anderen relevanten Faktoren wie beispielsweise dem Stadium der Erkrankung oder auch der Art der Behandlung. Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler, die auch der Deutschen Hodgkin-Studiengruppe unter Leitung von Prof. Andreas Engert angehören, in der Studie 351 Patienten – alle Teilnehmer der klinischen Studien HD7, HD8 und HD9. Bei 175 Patienten, also der Hälfte der Untersuchten, lag ein Vitamin-D-Mangel vor. Patienten mit Progression oder Rückfall wiesen signifikant niedrigere Vitamin-D-Spiegel auf, als Patienten ohne Rückfall (21,4 vs. 35,5 nmol/l). Sie hatten zudem häufiger einen Vitamin-D-Mangel (68 vs. 41%, P <0,0001). Diesen Effekt beobachteten die Wissenschaftler konstant über alle Krankheitsstadien hinweg. Die abschließende Analyse ergab, dass ein Vitamin-D-Mangel stark mit einem geringeren PFS zusammenhängt (HR: 2,13 [ 95%> CI: 1,84-2,48], P <0.0001). Die Analyse erstreckte sich über eine Beobachtungszeit von 13 Jahren. Bezogen auf das Gesamtüberleben hatten Patienten mit Vitamin-D-Mangel auch ein deutlich höheres Sterberisiko (HR: 1,82 [1,53-2,15], P <0,0001). In konkrete Zahlen umgesetzt bedeutet dies: Nach zehn Jahren überlebten in der Kohorte 81,8 Prozent der Patienten ohne Vitamin-D-Mangel progressionsfrei, Patienten mit Vitamin-D-Mangel jedoch nur zu 64,2 Prozent. Hinsichtlich des OS lebten nach zehn Jahren noch 87,2 Prozent der Patienten ohne Vitamin-D-Mangel, von den Patienten mit Vitamin-D-Mangel jedoch nur 76,1 Prozent. Bei näherer Betrachtung der Todesursachen der verstorbenen Patienten hat der Vitamin-D-Mangel vor allem das Risiko erhöht, am Hodgkin-Lymphom zu versterben. Borchmann erläutert: „Wir erhofften uns vor Beginn der Studie natürlich, einen Effekt des Vitamin-D-Mangels auf das Überleben der Patienten zu sehen. Schließlich war dies unsere Hypothese. Dass der Unterschied so groß ausfallen würde, hat uns aber überrascht. Das kennen wir so sonst nur von Studien, die beispielsweise effektivere mit weniger effektiven Chemotherapien vergleichen.“ Aufbauend auf diesen Ergebnissen führten die Wissenschaftler Laborversuche durch, um besser zu verstehen, warum die Patienten mit niedrigen Vitamin-D-Spiegeln ein höheres Risiko für einen Rückfall und letztlich auch für das Versterben hatten. In Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Roland Ullrich, Klinik I für Innere Medizin, wurde in verschiedenen Modellsystemen im Labor untersucht, inwieweit Vitamin D die Behandlung des Hodgkin Lymphoms mit heutigen Standard-Chemotherapien unterstützen kann. Dabei stellte sich heraus, dass die üblicherweise verabreichten Chemotherapeutika in Kombination mit Vitamin D besser wirken. Wie genau dies passiert, ist aktuell Gegenstand weiterer Untersuchungen. Zur Bedeutung der Studie erklärt Engert: „Die Ergebnisse der Studie haben potenziell eine große Relevanz für die Behandlung des Hodgkin Lymphoms weltweit, da mit dem Vitamin-D-Mangel ein Risikofaktor identifiziert worden ist, der theoretisch relativ einfach durch die Einnahme entsprechender Präparate korrigiert werden kann.“ Dennoch mahnen die Autoren zur Vorsicht. Aus den Studienergebnissen lässt sich nicht direkt schlussfolgern, dass eine Korrektur des Vitamin-D Mangels auch zu einem besseren Therapieergebnis von Patienten mit Hodgkin-Lymphom führen wird. Dazu bedarf es weiterer Studien, die genau solch eine Korrektur testen. Publikation: Borchmann S., Cirillo M., Görgen H., Meder L., Sasse S., Kreissl S., Bröckelmann P.J., von Tresckow B., Fuchs M., Ullrich R.T., Engert A. Pre-treatment Vitamin D deficiency is associated with impaired progression-free and overall survival in Hodgkin lymphoma. Journal of Clinical Oncology 2019, October 17. https://ascopubs.org/doi/full/10.1200/JCO.19.00985
Mehr erfahren zu: "Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen" Weiterlesen nach Anmeldung Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen Ein Forschungsteam der Johns Hopkins University (USA) hat herausgefunden, dass sequenzierte Tumorproben deutlich weniger mikrobielles Erbgut aufweisen, das tatsächlich mit einer bestimmten Krebsart assoziiert ist, als bisher angenommen. Bisherige Ergebnisse […]
Mehr erfahren zu: "Genetische Schwachstelle bei Synovialsarkomen erkannt" Genetische Schwachstelle bei Synovialsarkomen erkannt Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass der Einsatz eines kleinen Moleküls als Blocker zur Hemmung des SUMO2-Proteins eine erfolgreiche Strategie gegen Synovialsarkome sein könnte.
Mehr erfahren zu: "KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen" KI in der Medizin: Wie Patienten darüber urteilen Was denken Patienten über Künstliche Intelligenz (KI) in der Medizin? Eine internationale Studie liefert eine Antwort. Zentrales Ergebnis: Je schlechter der eigene Gesundheitszustand, desto eher wird der Einsatz von KI […]