Höhere BPA-Werte stehen in Zusammenhang mit mehr Asthmasymptomen bei Kindern18. August 2020 Auch in Getränkeflaschen steckt BPA. (Foto: © monticellllo/Adobe Stock) In einer Studie US-amerikanischer Forscher hat sich gezeigt, dass Kinder in einkommensschwachen Vierteln der Stadt Baltimore tendenziell mehr Asthmasymptome aufwiesen, wenn die Konzentration der synthetischen Chemikalie Bisphenol A (BPA) im ihrem Urin erhöht war. Während einige Produkte, einschließlich Babyflaschen, kein BPA mehr enthalten, bleibt die Exposition gegenüber BPA nahezu universell, und es gibt immer noch Bedenken, dass diese Expositionen – insbesondere im Kindesalter – gesundheitliche Auswirkungen haben könnten. Laut der Studie besteht bei Jungen mit erhöhtem BPA-Spiegel ein höheres Risiko für mehr Asthmasymptome. Die Forscher fanden keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen BPA-Spiegeln und Asthmasymptomen bei den Mädchen, die an der Studie teilnahmen. Die Wissenschaftler stellten außerdem fest, dass höhere Konzentrationen von zwei häufig vorkommenden und mit BPA verwandten Chemikalien – BPS und BPF – nicht konsistent mit mehr Asthmasymptomen assoziiert waren. Wie BPA sind BPS und BPF in vielen Konsumgütern enthalten, einschließlich Konservendosen und Getränkeflaschen. Für ihre Analyse untersuchten die Forscher klinische Daten und Urinproben, die in dreimonatigen Abständen über ein Jahr von 148 überwiegend afroamerikanischen Kindern in Baltimore gesammelt wurden. Sie fanden konsistente Zusammenhänge zwischen höheren BPA-Spiegeln im Urin und Maßen, die die Schwere der Asthmaerkrankung in der jüngeren Vergangheit anzeigten. Laut den Forschern ist ihre Studie mutmaßlich die erste, in der die Umweltexposition von Kindern gegenüber BPA, BPS und BPF im Zusammenhang mit der Schwere einer Asthmaerkrankung untersucht worden ist. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass zusätzliche Studien erforderlich sind, um diesen Zusammenhang zwischen BPA und Asthma zu untersuchen, da in den USA eine hohe Belastung durch Asthma bei Kindern und eine weit verbreitete Exposition gegenüber BPA besteht“, betont Hauptautorin Lesliam Quirós-Alcalá, Assistenzprofessorin in der Abteilung für Umweltgesundheit und -technik an der Bloomberg School. „Dies ist besonders wichtig, da schwarze Amerikaner eine höhere Asthmarate als Weiße haben und laut Daten der Centers for Disease Control and Prevention diesen Chemikalien auch stärker ausgesetzt sind als Weiße.“ BPA ist ein chemischer Baustein zur Herstellung von Polycarbonat-Kunststoff sowie einigen Epoxiden. Es wird weltweit mit einer Rate von etwa sieben Millionen Tonnen pro Jahr hergestellt und kann aus Polycarbonatflaschen in die darin enthaltenen Flüssigkeiten und aus Epoxidharzen, die Dosen mit Suppe und anderen Lebensmitteln auskleiden, ausgeschwemmt werden. Eine 2011 veröffentlichte Studie ergab, dass der Verzehr von Suppe aus Dosen, die mit BPA-haltigem Epoxidharz ausgekleidet waren, zu einem Anstieg des BPA-Spiegels der Studienteilnehmer um den Faktor 20 führte. BPA kann Östrogenrezeptoren auf Zellen aktivieren, was darauf hindeutet, dass es hormonähnliche Wirkungen haben kann, die die menschliche Biologie selbst bei sehr geringen Expositionsniveaus stören. Tierstudien haben Beweise dafür gefunden, dass die Chemikalie entzündungsfördernde Wirkungen haben kann. Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass Menschen mit höheren BPA-Spiegeln im Urin häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Asthma und einigen anderen Erkrankungen leiden. Kinder sind grundsätzlich anfälliger, da sie BPA-haltige Produkte häufiger verwenden als Erwachsene. Aufgrund von Bedenken der Verbraucher haben Unternehmen vor mehr als einem Jahrzehnt die Herstellung von BPA-haltigen Babyflaschen und Trinkbechern eingestellt und weitgehend auf Nicht-BPA-Epoxide für die Innenbeschichtung von Dosen umgestellt. BPS und BPF sind enge chemische Verwandte oder Analoga von BPA und finden sich beispielsweise in Dosenbeschichtungen und Thermodruckerbelegen – häufig als Ersatz für BPA. Auch sie können mit Östrogenrezeptoren interagieren, obwohl nur sehr wenig über ihre gesundheitlichen Auswirkungen bei den derzeitigen Expositionsniveaus bekannt ist. In der neuen Studie untersuchten Quirós-Alcalá und Kollegen den Zusammenhang zwischen BPA und Asthma. Während frühere Studien an Kindern höhere BPA-Spiegel mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Asthma in Verbindung gebracht haben, suchten die Forscher hier nach einem Zusammenhang zwischen der BPA-Exposition und dem Ausmaß der Symptome bei etabliertem Asthma. Zu diesem Zweck analysierten sie klinische Daten sowie gespeicherte Urinproben aus der Mouse Allergen and Asthma Cohort Study (MAACS), die zwischen 2007 und 2010 in Baltimore durchgeführt wurde und 148 asthmatische Kinder im Alter zwischen fünf und 17 Jahren umfasste. An der Untersuchung nahmen 85 Jungen und 63 Mädchen teil. Die meisten Kinder (91%) waren afroamerikanischer Herkunft, und die meisten (69%) stammten aus Haushalten mit einem Jahreseinkommen von weniger als 35.000 USD. Jedes Kind in der Studie wurde ein Jahr lang alle drei Monate von Ärzten untersucht. Bei diesen Besuchen füllte der Erziehungsberechtigte des Kindes einen Fragebogen zu den jüngsten Asthmasymptomen und der medizinischen Versorgung des Kindes aus. Quirós-Alcalá und ihre Kollegen fanden BPA in jeder während der Studie entnommenen Urinprobe mit einer mittleren Konzentration von 3,6 Nanogramm pro Milliliter – im Einklang mit einer Studie mit Kindern aus Minderheit mit niedrigem Einkommen in den USA, jedoch um ein Vielfaches höher als die in anderen Gruppen gemessenen Werte. Die Kinder in der Studie unterschieden sich stark in ihren Urin-BPS-Spiegeln, und die Forscher stellten fest, dass ein zehnmal höherer BPS-Spiegel mit einer um 40 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit verbunden war, in den vorangegangenen zwei Wochen an Husten, Wheezing oder einem Engegefühl in der Brust gelitten zu haben, zusammen mit einer um 84 Prozent beziehungsweise 112 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit, in den vorangegangenen drei Monaten zu einer Akutversorgung oder bei einem Notarzt vorstellig geworden zu sein. Als die Forscher die Kinder nach Geschlecht analysierten, stellten sie fest, dass diese Assoziationen nur für die Jungen statistisch signifikant blieben. Die Analyse zeigte auch, dass die BPS- und BPF-Spiegel im Urin der 148 Kinder im Durchschnitt viel niedriger waren als die für BPA, und in einigen Urinproben überhaupt nicht zu finden waren. Höhere BPS- oder BPF-Werte waren nicht konsistent mit einer höheren Asthmamorbidität verbunden. Die Forscher betonen, dass es sich um eine Assoziationsstudie handelt und sie somit nicht beweist, dass BPA-Expositionen gesundheitliche Auswirkungen haben. Aufgrund der Ergebnisse sind die Autoren jedoch der Auffassung, dass konkludente Untersuchungen zu Ursache und Wirkung durchgeführt werden sollten. „Wenn diese Ergebnisse in zukünftigen Studien bestätigt werden, kann es für Familien mit Kindern mit Asthma ratsam sein, den Kontakt mit BPA-Quellen zu vermeiden oder einzuschränken“, sagt Quirós-Alcalá.
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