Hörende und taube Kinder verarbeiten Informationen unterschiedlich

Derekt Houston (r.) und Claire Monroy analysieren die Daten nachdem sie die erste Studie zur Untersuchung der kognitiven Entwicklung tauber Kinder durchgeführt haben. Die Studie konnte zeigen, dass die Entwicklungsunterschiede bereits früh im Leben tauber Kinder auftreten und weit mehr als nur das auditive System betreffen. Foto: Ohio State University Wexner Medical Center.

Laut einer aktuellen Studie US-amerikanischer Forscher zeigen sich die Unterschiede in der kognitiven Entwicklung zwischen tauben und hörenden Kindern bereits in der frühen Kindheit.

Für Vorschul- und Schulkinder gibt es inzwischen eine wachsende Anzahl von Studien, die auf kognitive Unterschiede zwischen hörenden und tauben Kindern hinweisen. Die Autoren der aktuellen Studie vom Wexner Medical Center der Ohio State University wollten wissen, ab wann diese Unterschiede auftauchen.

Um das herauszufinden, haben die Postdoktorandin Claire Monroy und Derekt Houston, Assistenzprofessor für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, die Fähigkeiten zur visuellen Verarbeitung bei hörenden und tauben Kindern verglichen. Sie haben herausgefunden, dass es bei tauben Kindern länger dauert, sich an neue Objekte zu gewöhnen oder sie kennenzulernen. Das betont die Unterschiede in der Art und Weise, wie die Kinder Informationen verarbeiten – selbst wenn es keine auditorischen Informationen sind.

Für Dr. K. Craig Kent, Dekan des College of Medicine „bilden diese Ergebnisse die Grundlage für die weitere Erforschung der Ursachen dieser Unterschiede und die Implikationen”.

Wenn Babys ein visuelles Objekt erfolgreich verarbeitet haben, verlieren sie das Interesse und schauen weg. Um ihre visuellen Verarbeitungsfähigkeiten zu testen, haben die Forscher je 23 hörenden und tauben Kindern im Alter zwischen sieben und 22 Monaten ein buntes Objekt auf einem Bildschirm gezeigt. Die tauben Kinder schauten im Durchschnitt 30 Sekunden länger auf das Objekt als die hörenden. Ihre „Wegschau-Rate“ war 40 Prozent niedriger als die der hörenden Kinder.

„Auf den ersten Blick schein das kontraintuitiv zu sein, weil viele Menschen annehmen, dass taube Kinder ihr fehlendes Gehör durch eine bessere Verarbeitung visueller Informationen kompensieren. Unsere Ergebnisse zeigen aber das Gegenteil“, erklärt Monroy.

Allerdings betonen die Wissenschaftler, dass ihre Ergebnisse nicht notwendigerweise bedeuten, dass taube Kinder langsamer lernen. „Gerade, weil sie den Sehsinn nutzen, um die Welt um sich herum wahrzunehmen, könnte es sein, dass sie visuellen Objekten mehr Aufmerksamkeit schenken“, sagt Houston. „Tatsächlich könnte es sein, dass sie das Objekt intensiver verarbeiten.“

Weitere Forschungen sollen untersuchen, warum diese Unterschiede in der visuellen Verarbeitung existieren, sodass jedes Kind so unterrichtet werden kann, dass es sein volles Potenzial entwickelt. „Das Verständnis dieser Unterschiede könnte uns wirklich dabei helfen bestimmte Maßnahmen besser auf die Kinder zuzuschneiden“, so Monroy. „Und je früher das passiert, desto besser.“