Hörverlust – Neuer Therapie-Ansatz?

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Eine Studie an Mäusen liefert neue Erkenntnisse zur Regeneration von Haarsinneszellen im Innenohr.

„Wenn Haarsinneszellen bei ausgereiften Tieren beschädigt werden, können sie sich nicht auf natürlichem Weg regenerieren, was zu bleibendem Hörverlust führen kann“, erklärt Dr. Amrita Iyer, Erstautorin der aktuell veröffentlichten Studie, die am Baylor College of Medicine, USA, durchgeführt wurde. „In unserer aktuellen Studie haben wir die Möglichkeit Haarsinneszellen zur Regeneration in reifen Tieren anzuregen, genauer unter die Lupe genommen“, so Iyer weiter. Sie hätten dazu auf Methoden zur Reprogrammierung von Zellen zurückgegriffen. Ihr Ansatz umfasste die Überexpression verschiedener Kombinationen von Transkriptionsfaktoren. Diese steigern die Expression bestimmter Gene und hemmen die Expression anderer Gene. Durch eine Änderung des Genexpressionsmuster hofften die Forschenden Zellen in einen Zustand zu überführen, in dem sie Haarsinneszellen im ausgereiften Organismus regenerieren – ähnlich dem was bei der Entwicklung passiert.

„Wir haben die Effizienz des Trankskripitonsfaktors ATOH1, der bei der Reprogrammierung von Haarsinneszellen eine Rolle spielt, untersucht, in Kombination mit zwei anderen Haarsinneszellen-Transkriptionsfaktoren – GFI1 und POU4F3 – in nicht-sensorischen Zellen der Cochlea von Mäusen“, erklärte Iyer. Das wurde zu zwei verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt, acht und 15 Tage nach der Geburt; dabei wurde das Ausmaß der Regeneration der Haarsinneszellen bei den Mäusen evaluiert.

Um die Struktur der Haarsinneszellbündel, die durch die Reprogrammierung generiert werden konnten, zu untersuchten, arbeitete Iyer mit Dr. Yeohash Raphaels Labor der Universität Michigan, USA, zusammen, um die Cochlea von Mäusen, die diese Transkriptionsfaktoren überexprimieren mittels Scanning-Elektronen-Mikroskopie darzustellen. Die Bilder zeigten, dass die Haarsinneszellbündel mit Beobachtungen zu Haarsinneszellen während der Entwicklung übereinstimmen. Weitere Untersuchungen zeigten, dass diese Zellen auch einige Charakteristika hatten, die darauf hindeuten, dass die Zellen Schall wahrnehmen können.

„Wir haben herausgefunden, dass die Expression von ATOH1 mit den Haarsinneszellen-Transkriptionsfaktoren GFI1 und POU4F3 die Effizienz der Reprogrammierung von Haarsinneszellen in älteren Tieren steigert, verglichen mit ATOH1 allein oder GFI1 plus ATOH1. Allerdings sind die Haarsinneszellen, die durch eine Reprogrammierung im Alter von acht Tagen gewonnen wurden, signifikant unreifer als diejenigen, die durch Reprogrammierung einen Tag nach der Geburt generiert wurden – selbst mit allen drei Transkriptionsfaktoren“, so Iyer zu den Studienergebnissen im Detail. Die Wissenschaftlerin geht davon aus, dass die Reprogrammierung mit verschiedenen Transkriptionsfaktoren besseren Zugang zum regulatorischen Netzwerk der Gene für die Zelldifferenzierung ermöglicht. Allerdings seien möglicherweise weitere Interventionen nötig um reife und voll funktionale Haarsinneszellen zu produzieren.

Für die Forschenden sind diese Ergebnisse ein Schlüssel zum weiteren Verständnis der Regenerationsprozesse von Haarsinneszellen. Die durch Transkriptionsfaktoren vermittelte Reprogrammierung und die dahinter liegende Biologie könnten neue Ansätze für künftige Gentherapien zur Behandlung von Hörverlust liefern. (ja)