Hörverlust und Diabetes

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Auch das Gehör leidet unter Diabetes. Daher sollte bei Menschen mit Diabetes regelmäßig das Gehör getestet werden.

Hörverlust ist ein verbreitetes Phänomen bei Menschen mit Diabetes: So zeigt eine wissenschaftliche Untersuchung, dass 34,4 Prozent der Probanden mit Diabetes von Hörverlust betroffen sind im Vergleich zu 22,3 Prozent jener ohne Diabetes.1 Diese Daten stimmen mit jenen aus einer Meta-Analyse überein, wonach Diabetes 2,1 Mal öfter bei Probanden mit Diabetes auftritt als bei jenen ohne.2 Auch in longitudinalen Beobachtungen konnte die höhere Inzidenz gezeigt werden. Warum die Erkrankung das Gehör schädigt wurde in mehreren Studien untersucht und ist weiterhin Gegenstand der medizinischen Forschung.

Die Stoffwechselerkrankung beeinträchtigt die kleinen Blutgefäße (Mikroangiopathie) in der Cochlea. Sie wird nicht ausreichend durchblutet und mit Nährstoffen versorgt, was die Hörfähigkeit schwächt. Diabetes führt außerdem zu Schäden der Mitochondrien und zu Erkrankungen peripherer Nerven (Neuropathie). Möglicherweise spielen auch genetische Faktoren bei der Entstehung von Hörverlust bei Diabetes eine Rolle. „Wenn wir an Folgeerkrankungen des Diabetes denken, haben wir bei den Sinnesorganen die diabetische Retinopathie im Fokus, den diabetischen Fuß, Herz- oder Nierenschäden“, erklärt Prof. Alexandra Kautzky-Willer, Stoffwechselexpertin von der MedUni Wien und Präsidentin der Österreichischen Diabetes Gesellschaft, „doch auch das Gehör kann beeinträchtigt werden, denn genau wie alle anderen Organe reagiert es sensibel auf Veränderungen im System“.

Hörverlust führt zu körperlicher Inaktivität

„Die Daten aus den vorliegenden wissenschaftlichen Studien zum Thema ‚Hörverlust und Diabetes‘ zeigen, wie wichtig regelmäßige Hörtests bei Menschen mit Diabetes sind“, sagt Prof. Wolf-Dieter Baumgartner, HNO-Facharzt an der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der MedUni Wien/AKH Wien. „Wir als Ärztinnen und Ärzte sollten auch bedenken, dass Hörverlust oft zu sozialem Rückzug und Depressionen führt. Beide schränken die körperliche Aktivität ein, die ein essenzieller Bestandteil eines gesunden Lebensstils ist und sind somit Auslöser für viel zu viele nichtübertragbare Krankheiten. Wir sind besonders gefordert, unsere Patientinnen und Patienten über dieses zusätzliche Risiko des Hörverlusts aufzuklären.“

Kautzky-Willer ergänzt: „Körperliche Aktivität ist sowohl in der Prävention des Diabetes wichtig als auch bei einer bestehenden Diabetesdiagnose eine bedeutende Säule eines erfolgreichen Therapiekonzepts. Jede medizinische Intervention, die Freude an Bewegung wieder ermöglicht, ist auch von Seite der Diabetologie zu begrüßen. Außerdem ist Hörvermögen und Kommunikation für soziale Netzwerke, Schulung und Empowerment wichtig und vermindert Diabetes-Distress.“/ A