Hormonzyklen prägen Struktur und Funktion wichtiger Gedächtnisregionen im Gehirn23. Mai 2025 Foto: © wladimir1804/stock.adobe.com US-Forscher haben herausgefunden, dass Hormonschwankungen während des Östruszyklus [einer Maus] die Form und das Verhalten hippocampaler Neuronen stark beeinflussen. Forscher der University of California – Santa Barbara (UCSB), USA, nutzten moderne Lasermikroskopie-Techniken, um zu beobachten, wie Schwankungen der Eierstockhormone sowohl die Struktur als auch die Funktion von Neuronen im Hippocampus von Mäusen beeinflussen – einer Hirnregion, die für die Gedächtnisbildung und das räumliche Lernen bei Säugetieren entscheidend ist. Sie fanden heraus, dass Hormonschwankungen während des Östruszyklus der Maus – einem 4-tägigen Zyklus analog zum 28-tägigen menschlichen Menstruationszyklus – die Form und das Verhalten hippocampaler Neuronen stark beeinflussen. „Bislang war wenig darüber bekannt, wie sich der Östruszyklus auf Neuronen lebender Mäuse auswirkt“, erklärt Nora Wolcott, die Hauptautorin der Studie. Die neuen Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Neuron“ veröffentlicht. Hormongesteuerte Plastizität Die Forscher knüpften an frühere Studien an und verfolgten mithilfe der Zwei-Photonen-Laser-Scanning-Mikroskopie die Bildung und den Abbau dieser dendritischen Dornenfortsätze bei Mäusen über mehrere viertägige Östruszyklen. Sie beobachteten viele neue Dornen während des Proöstrus, die im weiteren Verlauf des Zyklus bis zum Eisprung abgebaut wurden. Dabei handelte es sich nicht um subtile Veränderungen – die Dornendichte variierte im Verlauf des Zyklus um 20–30 Prozent, was Tausenden von synaptischen Verbindungen pro Neuron entspricht. Anschließend untersuchten die Wissenschaftler das Aktionspotenzial – die Aktivierung des Neurons – und wie sich der Impuls durch das Neuron ausbreitet. Typischerweise empfangen die Dendriten das Signal, das zum Zellkörper und dann zum Axon weiterleitet. „Das Signal wandert aber auch rückwärts durch den Dendriten, wo das Neuron üblicherweise Informationen empfängt“, sagte Senior Michael Goard von der UCSB. Dieses rückwärtsgerichtete Signal spielt vermutlich eine Rolle beim Lernen und der Gedächtniskonsolidierung. Die Forscher fanden nun heraus, dass das rückwärtsgerichtete Signal während des Östradiol-Spitzenwerts weiter in die Dendriten zurückwanderte. Das könnte nach Ansicht der Wissenschaftler Auswirkungen auf die Plastizität haben – die Fähigkeit des Gehirns, neue neuronale Verbindungen zu bilden. Hormonschwankungen auch bei männlichen Säugetieren Das Forscherteam fragte sich: Welche funktionellen Folgen hat die erhöhte Dichte dendritischer Dornenfortsätze und die damit verbundene Rückausbreitung? Eine Antwort liegt nach Angaben der Wissenschaftler in „Ortszellen“, also Neuronen im Hippocampus, die aktiv werden, wenn sich das Tier an einem bestimmten Ort in seiner Umgebung befindet. Diese helfen beim Aufbau mentaler Karten und unterstützen räumliches Lernen und die Navigation. Um die Fähigkeit der Tiere zu testen, neue Orte zu lernen und sich daran zu erinnern, ließen die Forscher sie verschiedene Umgebungen erkunden und maßen dabei die Aktivität der Neuronen im Hippocampus. Es zeigte sich, dass Ortszellen während des Proöstrus am zuverlässigsten auf vertraute Orte reagierten und am variabelsten waren, wenn der Östradiolspiegel am niedrigsten war. „Dies ist das erste Mal, dass diese mikroskopischen Unterschiede in neuronaler Struktur und Funktion über einen längeren Zeitraum hinweg bei demselben Tier verfolgt wurden“, betonte Wolcott. Diese Ergebnisse bei Mäusen haben laut den Wissenschaftlern auch weitreichende Auswirkungen auf den Menschen. Tatsächlich ergab eine Studie des Labors von Co-Autorin Emily Jacobs, dass endokrine Rhythmen im Menstruationszyklus mit strukturellen Veränderungen im menschlichen Hippocampus verbunden sind. Während Hormonzyklen typischerweise mit weiblichen Säugetieren in Verbindung gebracht werden, erleben auch männliche Säugetiere Hormonschwankungen, von denen viele auf ähnliche Rezeptoren wirken. Beispielsweise kann Testosteron durch Aromatisierung in Östrogen umgewandelt werden, wo es auf Östrogenrezeptoren im Hippocampus wirkt. Dies deutet laut den Autoren darauf hin, dass hormongesteuerte Plastizität ein weit verbreitetes Phänomen ist und unterstreicht die Bedeutung der Berücksichtigung endokriner Faktoren in der neurowissenschaftlichen Forschung.
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