Hornhautwunden: Neuentwickelte Kontaktlinsen zur Heilung der Augen

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Ein interdisziplinäres Team der University of Waterloo, Kanada, hat ein neues Kontaktlinsenmaterial entwickelt, das als Verband für Hornhautwunden dienen könnte. Dabei ist diese Linse gleichzeitig in der Lage kontrolliert Medikamente freizusetzen, was die Heilung des Auges beschleunigen könnte.

In der Regel tragen Patienten mit Hornhautabschürfungen sieben bis zehn Tage lang eine durchsichtige, sauerstoffdurchlässige Verbandskontaktlinse, in die oft antibiotikahaltige Augentropfen geträufelt werden. Durch diese Art der Anwendung ist es jedoch schwierig sicherzustellen, dass genügend Medikamente für eine dauerhafte Behandlung auf dem Auge verbleiben.

„Es handelt sich um ein System zur gezielten Abgabe von Medikamenten, das auf den Körper reagiert“, sagt Dr. Lyndon Jones, Professor an der School of Optometry & Vision Science in Waterloo und Direktor des Centre for Ocular Research & Education (CORE). „Je verletzter man ist, desto mehr Medikamente werden verabreicht, was einzigartig ist und das Potenzial hat, das Spiel zu verändern.“

Einen Markt für eine medikamentenabgebende Verbandskontaktlinse, die das Auge gleichzeitig behandeln und heilen kann ist vorhanden, wie Jones wusste. Die Frage war nur, wie man sie entwickelt. Die Universität Waterloo verfügt über mehrere Forscher und Unternehmer, die Technologien entwickeln, um die Grenzen des Gesundheitswesens zu überwinden. So war es Jones möglich mit Dr. Susmita Bose, Dr. Chau-Minh Phan und Dr. Evelyn Yim, einer außerordentlichen Professorin für Chemieingenieurwesen, die an Materialien auf Kollagenbasis forscht, zusammenarbeiten. Komplettiert wurde das Team durch Dr. Muhammad Rizwan, einem ehemaligen Postdoktoranden, und John Waylon Tse, einem ehemaligen Doktoranden, beide aus Yims Labor.

Kollagen kommt natürlicherweise im Auge vor und ist auch häufig am Wundheilungsprozess beteiligt. Nach Angaben der Wissenschaftler ist es jedoch zu weich und schwach, um als Material für Kontaktlinsen zu dienen. Yim fand einen Weg, Gelatine-Methacrylat, ein Kollagenderivat, in ein 10-mal stärkeres Biomaterial zu verwandeln. Eine einzigartige Eigenschaft von Materialien auf Kollagenbasis sei, dass sie sich zersetzen, wenn sie dem Enzym Matrix-Metalloproteinase-9 (MMP-9) ausgesetzt werden, das im Auge von Natur aus gegeben ist.

„Diese Enzyme sind etwas ganz Besonderes, weil sie an der Wundheilung beteiligt sind und bei einer Wunde in größerer Menge freigesetzt werden“, erörtert Phan. „Wenn man ein Material hat, das in Anwesenheit dieser Enzyme abgebaut werden kann, und diesem Material ein Medikament hinzufügt, können wir es so gestalten, dass es das Medikament in einer Weise freisetzt, die proportional zur Menge der in der Wunde vorhandenen Enzyme ist. Je größer also die Wunde ist, desto größer ist die Menge des freigesetzten Medikaments.“

Das Team verwendete Rinder-Lactoferrin als Modell für ein wundheilendes Medikament und schloss es in das Material ein. In einer Studie an menschlichen Zellkulturen konnte den Wissenschaftlern nach mit dem neuartigen, arzneimittelfreisetzenden Kontaktlinsenmaterial eine vollständige Wundheilung innerhalb von fünf Tagen erreicht werden. Ein weiterer Vorteil des Materials sei, dass es erst bei Augentemperaturen aktiviert werde und somit einen eingebauten Speichermechanismus biete.

Als nächsten Schritt wollen sich die Forscher die Feinabstimmung des Materials, einschließlich des Einschlusses verschiedener Medikamente in das Material vornehmen. Die Wissenschaftler glauben, dass ihr Material ein großes Potenzial hat – nicht nur für das Auge, sondern möglicherweise auch für andere Körperstellen, insbesondere für große Hautgeschwüre.