HPV-assoziierte Oropharynxkarzinome: Screening mit Mundhölen-Selfie

a) Weicher Gaumen; b) Gaumenzäpfchen; c) vorderer Gaumenbogen (rote gestrichelte Linie); d) Gaumenmandel (gelbe gestrichelte Linie); e) hinterer Gaumenbogen (blaue gestrichelte Linie); f) Hinterwand des Oropharynx; g) Zunge. Foto: Michael W. Ross

Eignen sich selbst gemachte Videoskop-Aufnahmen der Mundhöhle als kostengünstiges Screening-Tool für HPV-assoziierte Oropharynxkarzinome? Das haben US-amerikanische Forschende in einer Machbarkeitsstudie untersucht.

Die Inzidenz oropharyngealer Plattenepithelkarzinome (OPSCC), die mit einer Infektion mit dem humanen Papillomavirus (HPV) 16 assoziiert sind, hat deutlich zugenommen. HPV-assoziierte OPSCCs haben im Vergleich zu herkömmlichen oropharyngealen Malignomen eine bessere Prognose – vor allem aufgrund der geringeren Korrelation mit chronischem Tabak- und Alkoholkonsum. Trotz des sexuell übertragbaren Charakters von HPV-assoziierten OPSCCs sind Daten über das Sexualverhalten in Krebsregistern spärlich, was Korrelationsstudien erschwert. Dies unterstreicht den Bedarf an zugänglichen und wirksamen Screening-Instrumenten zur Bewältigung der zunehmenden OPSCC-Belastung, insbesondere Gebieten mit eingeschränkten Ressourcen. Könnten kostengünstige Videoskope die Lösung sein? Dieser Frage haben sich die Autoren um Micheal W. Ross, von der University of Minnesota (USA), gewidmet.

„Orale Selfies“ als Screening-Tool?

Die Machbarkeitsstudie untersuchte, ob sich mit kostengünstigen Videoskopen aufgenommene „oraler Selfies“ für das OPSCC-Screening eignen. Zur Ausrüstung gehörte ein 30 Dollar teures Industrievideoskop Depstech 86T, das an einen Windows-PC-Laptop angeschlossen wurde. Das Gerät ist bekanntermaßen wasserdicht und verfügt über eine hohe Auflösung. Die Teilnehmer, die mit dem Projekt vertraut waren, wurden angewiesen, ein 20-30 Sekunden langes Video ihres Oropharynx aufzunehmen. Dazu wurde der Kopf des Videoskops zwischen den mittleren Oberkiefer-Schneidezähnen positioniert und alle anatomischen Orientierungspunkte erfasst. Anhand der Videos bewerteten die Studienautoren, ob das Videoskop in der Lage ist, klare Bilder des Oropharynx zu liefern.

Praktikabilität und Wirksamkeit des Videoskops wurden in zwei Teilstudien bewertet. In der ersten Teilstudie nahmen fünf Freiwillige Videos auf. Sie benötigten im Schnitt 36 Sekunden, um alle notwendigen Orientierungspunkte zu erfassen. Die Rückmeldungen aus einer Fokusgruppe betonten die Benutzerfreundlichkeit, die Neuartigkeit der Betrachtung des eigenen Oropharynx und die Notwendigkeit der richtigen Ausrichtung des Videoskops. Um bessere Ergebnisse zu erzielen, wurde empfohlen, die Spitze des Videoskops zu markieren und anfangs zu üben. Das Haupthindernis war die Kontrolle der Zungenposition, die für eine klare Sicht auf die Gaumenmandeln entscheidend ist. Dennoch waren die produzierten Videos von ausreichender Qualität für diagnostische Zwecke. Die Teilnehmer berichteten, dass der Prozess zwar anfangs herausfordernd war, sie sich jedoch schnell daran gewöhnten und die Aufgabe als machbar empfanden.

Ausreichend scharfe und gut beleuchtete Videos

An der zweiten Teilstudie nahmen neun Personen teil. Sie nahmen erfolgreich ihre Oropharynx-Videos auf. Diese wurden dann hinsichtlich Schärfe und Vollständigkeit bewertet. Die durchschnittliche Bewertung lag bei 3,1 auf einer 5-Punkte-Skala, was darauf hindeutet, dass die meisten Videos einen einigermaßen klaren Blick auf den Oropharynx boten. Diese Teilstudie konnte die anfangs gewonnenen Erkenntnisse über die Praktikabilität und Qualität der Verwendung von Videoskopen als Screening-Tool bestätigen. Die Prüfer stellten zwar fest, dass nicht alle Videos perfekt waren, aber insgesamt war die Qualität für Screening-Zwecke akzeptabel. Die Videos wurden anhand mehrerer Kriterien bewertet, darunter Beleuchtung, Schärfe und Sichtbarkeit wichtiger anatomischer Merkmale.

Die Studienergebnisse deuten nach Ansicht der Autoren darauf hin, dass ein handelsübliches Videoskop in Verbindung mit einem Laptop effektiv scharfe und gut beleuchtete Videos des Oropharynx liefern kann. Die größte Herausforderung besteht nach wie vor darin, die Zunge so zu positionieren, dass wichtige anatomische Merkmale nicht verdeckt werden. Dennoch zeigt die Studie, dass mit der richtigen Anleitung und Übung auch Einzelpersonen mit solchen Geräten Videos erstellen können, die für das Screening von OPSCC geeignet sind.

Einfach zu handhaben und kostengünstig

Die einfache Handhabung und die Erschwinglichkeit der Videoskope machen diese den Autoren zufolge zu einem vielversprechenden Instrument für ein breit angelegtes Screening, insbesondere in Gebieten, in denen herkömmliche medizinische Bildgebungsgeräte möglicherweise nicht zur Verfügung stehen. Die Studie hebt auch das Potenzial für telemedizinische Anwendungen hervor, bei denen diese Videos von Spezialisten aus der Ferne überprüft werden könnten.

Für Ross und sein Team untermauern ihre Studienergebnisse das Potenzial preiswerter Videoskope als praktikables Instrument für das Screening auf HPV-assoziierter OPSCCs. Die Methode sei einfach anwendbar und liefere Bilder in diagnostischer Qualität, insbesondere bei entsprechender Schulung der Anwender zur Überwindung anfängliche Hindernisse, etwa die Kontrolle der Zunge.

Um die Ergebnisse zu bestätigen und die Technologie in die regelmäßige Vorsorgepraxis zu integrieren seien allerdings weitere groß angelegte Studien nötig, schreiben die Autoren. Die Einführung solcher kostengünstigen Screening-Instrumente könnte die Früherkennung und Behandlung von OPSCCs erheblich verbessern und damit auch die Ergebnisse für Patienten sowie die Kosten im Gesundheitswesen senken.