HPV: Zu wenig Wissen, zu niedrige Impfraten

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In den US gehen 70 Prozent der Fälle von Kehlkopfkrebs auf das Humane Papillomvirus (HPV) zurück, aber in der breiten Öffentlichkeit ist dieser Zusammenhang aktuellen Studien zufolge zu wenig bekannt und die Impfraten bei Erwachsenen zu niedrig.

Obwohl inzwischen Kehlkopfkrebs die häufigste HPV-bedingte Krebsart ist, weiß die Mehr heit der US-amerikanischen Erwachsenen nicht, dass HPV Kehlkopfkrebs verursachen kann und nutzt die Prävention durch eine Impfung nicht. Zu diesem Ergebnis kommen zwei aktuelle Studien des USC Head and Neck Center, die den Wissensstand der Öffentlichkeit über den Zusammenhang zwischen HPV und Kehlkopfkrebs beziehungsweise die HPV-Impfrate bei Erwachsenen untersucht haben. 

Die Studie zeigt, dass weniger als ein Drittel der Amerikaner HPV mit Kehlkopfkrebs in Verbindung bringen und dass weniger als sieben Prozent der Erwachsenen, die für eine Impfung in Frage kommen, die volle HPV-Impfung erhalten haben. 

Aktueller Wissensstand zu HPV und Kehlkopfkrebs „besorgniserregend“

„Diese Daten sind sehr besorgniserregend, denn Wissen ist der erste Schritt zur Krankheitsvorbeugung“, erklärt Dr. Daniel Kwon, Kopf-Hals-Chirurg bei Keck Medicine und Hauptautor einer Studie, die Trends bei den HPV-Impfraten für Erwachsene untersuchte. In der Öffentlichkeit seien wichtige Informationen über den Zusammenhang zwischen Kehlkopfkrebs und HPV sowie über die Tatsache, dass Impfstoffe HPV-bedingten Kehlkopfkrebs verhindern können, nicht bekannt, so Kwon weiter.

Seit 2006 ist in den USA ein HPV-Impfstoff für Frauen im Alter von 9 bis 26 Jahren zugelassen, seit 2009 können sich auch Männer im Alter von 9 bis 26 Jahren impfen lassen. Im Jahr 2018 wurde der Impfstoff auf Erwachsene zwischen 27 und 45 Jahren ausgeweitet. Auch wenn die HPV-Impfung für diese ältere Gruppe möglicherweise weniger nützlich ist, weil die meisten bereits mit HPV Kontakt hatten, kann die Impfung den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zufolge dennoch vorteilhaftsein.

Um das öffentliche Bewusstsein für HPV-bedingten Kehlkopfkrebs zu ermitteln, verglichen Kwon und sein Team die Daten zwischen den Befragungen des National Cancer Institute Health Information National aus den Jahren 2018 und 2020, die das Wissen der Amerikaner über Krebs und Gesundheitsinformationen im Zusammenhang mit Krebs erhebt. 

Sie konzentrierten sich auf Erwachsene im Alter von 27 bis 45 Jahren, die 2018 neu für den Impfstoff in Frage kamen, um herauszufinden, inwieweit sich die Erweiterung des Anspruchs auf den Impfstoff auf das Wissen über HPV und Kehlkopfkrebs auswirkte. 

Die Studienautoren verglichen Daten von 3504 Erwachsenen aus der Umfrage von 2018 mit Daten von 3865 Erwachsenen aus der Umfrage von 2020, um das Wissen der Menschen über HPV, den Impfstoff, den Zusammenhang zwischen HPV und Kehlkopfkrebs und die Veränderungen im Bewusstsein zwischen 2018 und 2020 zu bewerten. 

Das Ergebnis: Obwohl die meisten Befragten in beiden untersuchten Jahren über HPV Bescheid wussten, war das Wissen über den Zusammenhang zwischen HPV und Kehlkopfkrebs weiterhin gering. Im Jahr 2018 gaben 27 Prozent der Befragten an, den Zusammenhang zwischen HPV und Kehlkopfkrebs zu kennen. Im Jahr 2020 stieg diese Zahl kaum an (29,5 %). 

„Diese Ergebnisse sind besonders entmutigend, da seit der Ausweitung des Impfschutzes im Jahr 2018 Gesundheitsfürsprecher viele Richtlinien und Empfehlungen zu HPV und Kehlkopfkrebs herausgegeben haben“, so Kwon. „Es sind eindeutig mehr Anstrengungen erforderlich, um die Öffentlichkeit über dieses Risiko aufzuklären.“ 

Gebärmutterhalskrebs war früher die am weitesten verbreitete HPV-bedingte Krebsart, aber die Gebärmutterhalskrebsraten sind laut Kwon durch konzertierte Bemühungen der Gesundheitsbranche zurückgegangen. Er weist aber darauf hin, dass es für Gebärmutterhalskrebs regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen gibt, für Kehlkopfkrebs jedoch nicht. Der Experte betont, dass insbesondere bei Männern mehr Aufklärung über das Risiko von HPV und Kehlkopfkrebs notwendig sei, da diese häufiger an Kehlkopfkrebs erkrankten.

HPV-Impfraten bei Erwachsenen niedrig

In einer zweiten Studie untersuchten Forscher des USC Head and Neck Center die HPV-Impfraten in einer landesweit repräsentativen Kohorte von mehr als 26.000 Erwachsenen im Alter von 30 bis 44 Jahren, die von 2018 bis 2022 im Rahmen der Behavioral Risk Factor Surveillance System-Umfrage, einer landesweiten Telefonumfrage der CDC, Fragen zur HPV-Impfung beantwortet hatten.

Die Autoren konnten zeigen, dass nur 6,5 Prozent der Befragten vollständig geimpft waren, und nur 15,8 Prozent hatten zumindest eine HPV-Impfung abgeschlossen. Laut dem Hauptautor der Studie, Dr. Niels Kokot, spielen viele Faktoren eine Rolle bei der niedrigen HPV-Impfrate. Er führt nicht nur einen Mangel an allgemeinem Wissen über den Zusammenhang zwischen HPV und Krebs an, sondern auch einen Mangel an Werbung für den HPV-Impfstoff im Vergleich zu anderen öffentlichkeitswirksamen Kampagnen, etwa für die Grippe- oder COVID-19-Impfung, sowie eine wachsende Impfzurückhaltung in den Vereinigten Staaten. 

Kokot zufolge spielen auch der sozioökonomische Status, die Ethnie, der Bildungsstand, der Zugang zur Gesundheitsversorgung, die sexuelle Orientierung und das Geschlecht eine Rolle bei der Frage, wer sich impfen lässt. Die Untersuchung zeigte auch, dass sich Männer, asiatische Amerikaner, Afroamerikaner, Hispanoamerikaner und diejenigen, die keinen persönlichen Gesundheitsdienstleister haben sich weniger häufig impfen lassen.