Hüftprothese: Minimalinvasiv oder klassisch implantieren? Implantatmodell wichtiger als OP-Methode für Langzeiterfolg

Die Wahl des Implantates sollte Vorrang vor der OP-Methonde haben. (Foto: pixelfreund, fotolia.com)

Minimalinvasive Gelenkersatz-Operationen sind schonend. Doch nicht jede Prothese eignet sich für eine minimalinvasive Implantation. Die AE Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. (AE) rät dazu, der Wahl des optimal geeigneten Implantats den Vorrang vor der OP-Methode zu geben, da nach derzeitigem Kenntnisstand das Implantatmodell eine größere Rolle für ein gutes Langzeitergebnis spiele als die OP-Methode.

Auch in der Endoprothetik stelle der minimalinvasive Zugang seit vielen Jahren eine Alternative zu den „traditionellen“ Zugängen dar, so die AE. Die Vorteile für den Patienten seien dabei vornehmlich das geringere Muskeltrauma und der kleinere Schnitt, sodass die Heilung zügiger verlaufen und der Patient dementsprechend früher mit der Rehabilitation beginnen kann.

Doch die minimalinvasive Hüft-OP sei nicht für jeden Patienten geeignet: „Die Hüftgelenksgeometrie muss passen, der Patient sollte nicht zu kräftig bemuskelt und auch nicht zu adipös sein“, erläutert Prof. Dieter C. Wirtz, Mitglied des AE-Präsidiums.

Zudem kommen laut AE, je nach den individuellen Voraussetzungen des Patienten, unterschiedlich geformte Prothesenmodelle zum Einsatz. Nicht alle von ihnen könnten durch einen minimalinvasiven Zugang – und mit der damit verbundenen eingeschränkten Sicht – implantiert werden: „Die einzelnen Operationsschritte mit der notwendigen Sorgfalt durchführen zu können, hat immer Vorrang“, betont Wirtz, der Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn ist.

Bei minimalinvasivnen Operationen (MIS) nutzen Operateure die natürlichen Lücken zwischen den Muskeln, um zum Hüftgelenk zu gelangen: „Wir schieben Muskeln, Sehnen, Gefäße und Nerven weitestmöglich zur Seite, anstatt sie, wie sonst üblich, zu durchtrennen und nachher wieder zu vernähen“, erläutert er. Dies schone auch wichtige Nervenrezeptoren, die am Sehnen-Knochen- sowie am Sehnen-Muskel-Übergang sitzen. „Die sogenannten Mechanorezeptoren sorgen für die Tiefensensibilität und damit für Gangstabilität und Gleichgewichtsgefühl“, so Wirtz. „Bleiben diese Strukturen bei der Prothesenimplantation intakt, können die Patienten nach dem Eingriff früher mit ihrer Rehabilitation beginnen.“ Nach spätestens einem Jahr jedoch zeigen Untersuchungen keine Unterschiede mehr zwischen MIS und klassisch offenem Eingriff.

Daher gilt: Bei allen Patienten, bei denen aufgrund ihrer individuellen Voraussetzungen ein minimalinvasiver und damit muskelschonender Zugang gewählt werden könne, sollte dieser auch angewendet werden, so der Orthopäde. Übergeordnetes Ziel sei aber der Langzeiterfolg bei einer Hüftprothese. Wo dieser eher mittels eines klassischen Zugangs gewährleistet sei, empfiehlt Wirtz, diesen vorzuziehen. Und ganz gleich, ob klassisch oder minimalinvasiv operiert werde: „Das Ziel eines jeden Operateurs sollte es sein, so gewebeschonend wie möglich zu operieren“, bekräftigt Wirtz.

Quellen:
1. Schmolders J, Gravius S, Wirtz DC. Stellenwert minimalinvasiver Zugangswege bei der primären Hüftendoprothetik – ein Update, Z Orthop Unfall 2014;152:120–129. DOI 10.1055/s-0033-1360350

2. Schmolders J, Wirtz DC. Offene Standardzugänge zum Hüftgelenk. In: Wirtz DC, Stöckle U. Hüfte – Expertise Orthopädie und Unfallchirurgie, Thieme Verlag, Stuttgart, 2018