Hydrogel soll Heilung chronischer Wunden verbessern

Dr. Stephan Schandl bei der Laborarbeit
Dr. Stephan Schandl bei der Laborarbeit. © Universität Siegen

Forschende der Universität Siegen sind an einem Verbundprojekt zur Behandlung chronischer Wunden beteiligt. Ziel ist es, ein 4D-Hydrogel zu realisieren, das Bakterien in Wunden abtötet und den Heilungsprozess unterstützt.

Weltweit leiden rund 300 Millionen Menschen an chronischen Wunden. Ihre Versorgung ist eine große Herausforderung: In den Wundhöhlen verbleiben häufig Bakterien, die immer wieder Entzündungen auslösen und dadurch die Heilung verhindern. Wissenschaftler der Universität Siegen forschen gemeinsam mit Kollegen aus acht europäischen Ländern an einer neuen Therapieform. Im Projekt INJECTHEAL möchten sie ein 4D-Hydrogel entwickeln, mit dem chronische Wunden besser behandelt werden können. Das gesamte Projekt wird im Rahmen des EU-Programms „Horizon Europe“ mit insgesamt 7,3 Mio. Euro gefördert.

Regenerativ und bakteriozid

Das multifunktionale Hydrogel soll künftig direkt in chronische Wunden eingebracht werden, um vor Ort verschiedene Wirkstoffe freizusetzen. „Man kann sich das wie eine Art Bauschaum vorstellen, mit dem der gesamte Wundraum ausgefüllt wird“, erklärt Prof. Holger Schönherr, Leiter der Arbeitsgruppe „Physikalische Chemie I“ an der Universität Siegen. Das Gel enthält verkapselte Substanzen, die Bakterien abtöten und Entzündungen eindämmen sollen. Gleichzeitig unterstützen weitere Wirkstoffe die Regeneration des Gewebes. „Diese Kombination ist neu. Sie könnte die Versorgung chronischer Wunden revolutionieren“, sagt Schönherr.

Das Team der Universität Siegen erhält im Rahmen des Projektes rund 800.000 Euro Fördermittel, um ein Verfahren zur Einkapselung der Wirkstoffe zu entwickeln. Konkret geht es darum, spezielle Polymere herzustellen, aus denen sich mikroskopisch kleine Kapseln bilden lassen, erklärt Dr. Stephan Schandl: „Diese mit Wirkstoffen gefüllten Kapseln bringen wir anschließend in das Gel ein. Entscheidend ist, dass die Kapseln die Substanzen nach und nach freigeben, damit sie über das Gel lokal gezielt und nachhaltig wirken können.“

Hydrogel aus Pektin und Gelatine optimal verpackt

Um das Hydrogel-System zu realisieren, arbeiten die Wissenschaftler länderübergreifend Hand in Hand. Die Wirkstoffe werden an der University of Brighton (Vereinigtes Königreich) hergestellt. Während das Siegener Projektteam an der optimalen Einkapselung forscht, entwickeln Forschende der Politecnico di Torino (Italien) ein auf Pektin und Gelatine basierendes Hydrogel als Trägersystem. Wichtig ist, dass das Gel biokompatibel ist und sich mit der Zeit selbst abbaut – so können körpereigene Zellen nachwachsen und die Wunde schließen.

Ziel ist es, das Hydrogel bis Projektende so weit zu entwickeln, dass in einem Folgeprojekt der Einsatz am Menschen geprüft werden könnte. „Das Verfahren erfordert das Zusammenspiel vieler verschiedener Komponenten. Bis Patientinnen und Patienten davon profitieren, wird es daher noch einige Zeit dauern“, sagt Schandl. „Aber die Aussicht, Menschen mit chronischen Wunden künftig besser helfen zu können, ist für uns eine große Motivation.“