Hypofraktionierte Bestrahlung nach Brustkrebsoperation wird immer mehr Standard

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Eine neue Studie aus Frankreich hat untersucht, ob die hypofraktionierte Bestrahlung bei Brustkrebspatientinnen auch gut vertragen wird, wenn die örtlichen Lymphknoten mitbestrahlt werden müssen, insbesondere nach einer ausgedehnten Operation der Achselhöhle.

Die lokale Therapie bei Brustkrebserkrankungen, bestehend aus Operation und Bestrahlung, ist im Lauf der letzten beiden Jahrzehnte immer schonender geworden. „Die früher routinemäßig durchgeführte Ausräumung der Achselhöhle kann in den meisten Fällen durch die schonendere Wächterlymphknoten-Methode in Kombination mit einer Strahlentherapie ersetzt werden“, erklärt Univ.-Prof. Stephanie Combs, Pressesprecherin der DEGRO. Falls dennoch eine ausgedehnte Operation und auch noch eine Strahlentherapie erforderlich sind, treten Nebenwirkungen häufiger auf, insbesondere Lymphödeme am Arm oder der Hand der operierten Seite. Ein Lymphödem erkennt man an einer weichen Schwellung, es wird verursacht durch einen Stau in den Lymphwegen. Schwere Lymphödeme können die Beweglichkeit und Funktion des Arms einschränken und dadurch die Lebensqualität beeinträchtigen.

Die moderate Hypofraktionierung mit 15 Fraktionen hat sich seit einigen Jahren als Standard für die Bestrahlung der Brust etabliert [1, 2]. Weniger Daten existieren aber für Patientinnen, bei denen auch die Lymphknoten bestrahlt werden. Erste vorläufige Daten der dänischen Skagen- [1-3] und der französischen HypoG01-Studien [4], vorgestellt auf den europäischen Radioonkologie-Kongressen 2022 und 2023, zeigten jeweils eine Nicht-Unterlegenheit der moderaten Hypofraktionierung bezüglich der Nebenwirkungsrate.

Neue Daten auf dem ESMO-Kongress in Barcelona 2024

Auf dem ESMO-Kongress in Barcelona 2024 wurden dann die 5-Jahres-Daten der HypoG-01-Studie vorgestellt [5]. 1.221 Brustkrebspatientinnen (T1-3 N0-3 M0) mit Indikation für eine Lymphknotenbestrahlung wurden randomisiert und erhielten entweder eine hypofraktionierte (40 Gy in 15 Fraktionen über 3 Wochen) oder eine herkömmliche Strahlentherapie (50 Gy in 25 Fraktionen über 5 Wochen). Das mediane Alter lag bei 58 Jahren, bei 82,8 Prozent der Patientinnen war eine operative Entfernung von Lymphknoten („axillary lymph node dissection“, ALND) mit durchschnittlich 12 entfernten Lymphknoten erfolgt. Primärer Studien-Endpunkt war die Zeit bis zum Auftreten eines Armlymphödems, als sekundäre Endpunkte wurden das lokoregionale rückfallfreie Überleben (LRFS), das krankheitsfreie Überleben (DDFS) und das Gesamtüberleben (OS) erhoben.

Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 4,8 Jahren traten in der Studie insgesamt 275 Lymphödeme auf. Die 5-Jahres-Lymphödemraten waren praktisch identisch, nämlich 33,3 Prozent bei hypofraktionierter Bestrahlung vs. 32,8 Prozent in der Vergleichsgruppe mit normfraktionierter Bestrahlung. Im Ergebnis war die Hypofraktionierung also dem herkömmlichen Bestrahlungsschemata nicht unterlegen. „Dass die Lymphödem-Rate insgesamt sehr hoch war, liegt wahrscheinlich an dem großen Anteil der Patientinnen, bei denen eine ALND vorgenommen worden war. Denn das Lymphödemrisiko nimmt mit dem Ausmaß der axillären Lymphknotendissektion und den dadurch verursachten Vernarbungen zu“, erklärt Prof. Jürgen Dunst, Kiel. „Festzuhalten ist aber: Die Hypofraktionierung erhöhte dieses Risiko nicht, sie schnitt sogar im Hinblick auf die sekundären Endpunkte besser ab, denn die Überlebensrate nach fünf Jahren betrug 94 Prozent bei hypofraktionierter Bestrahlung gegenüber 90,5 Prozent bei normfraktionierter Bestrahlung.“ Auch bezüglich der akuten Nebenwirkungen an der Haut (Radiodermatitis), die während und kurz nach der Bestrahlung auftreten kann, ist die hypofraktionierte Bestrahlung vorteilhaft.

„Nach aktuellem Wissensstand ist die hypofraktionierte Bestrahlung mit einer Behandlungsdauer von drei Wochen ein wichtiger Fortschritt in der Behandlung von Brustkrebs, und wir als Fachgesellschaft empfehlen diese Therapie für alle Situationen, auch für die Bestrahlung der Lymphknoten und auch nach größeren Operationen“, betont abschließend Prof. Wilfried Budach, Generalsekretär der DEGRO.