Immunlandschaften von Eierstocktumoren liefern Hinweise auf bessere Therapie

Bild: ©Dr_Microbe – stock.adobe.com

Das Immunsystem ist maßgeblich dafür verantwortlich, wie Patientinnen auf Standardtherapien gegen Eierstockkrebs ansprechen. Bisher war jedoch wenig darüber bekannt, wie sich die Immunlandschaft von Tumoren bei einem Rezidiv verändert und wie diese Veränderungen das meist schlechte Ansprechen auf nachfolgende Therapien beeinflussen.

Nun hat eine vergleichende Analyse des Immunmilieus von primären und rezidivierten Eierstocktumoren, die bislang umfangreichste Studie dieser Art, Licht auf diese beiden Fragen geworfen und so neue Strategien für die Therapie von Eierstockkrebs aufgedeckt. Veröffentlicht wurde sie in der aktuellen Ausgabe von „Cancer Cell“.

Unter der Leitung von Dr. Denarda Dangaj Laniti und Dr. Eleonora Ghisoni von Ludwig Lausanne definiert die Studie vier verschiedene immunologische Subtypen von rezidiviertem Eierstockkrebs und beschreibt, wie diese Subtypen mit einem wichtigen genomischen Merkmal von Wirtstumoren zusammenhängen. Die Wissenschaftler beschreiben zudem detailliert, wie sich die Genexpression und die Immunlandschaft jedes Subtyps bei einem Rezidiv entwickeln und so die Entstehung von Therapieresistenzen fördern.

„Unsere Studie kombinierte die digitale Pathologie von Hunderten menschlicher Tumorproben mit präklinischen Studien an Mausmodellen, um den Immuncode von Eierstockkrebs zu entschlüsseln und ein einfaches Klassifizierungstool für diese Krebserkrankung zu entwickeln, das in der Klinik leistungsstarke Anwendungsmöglichkeiten bieten könnte“, so Dangaj Laniti. „Mit zusätzlicher Überprüfung in klinischen Studien könnte unser Klassifizierungssystem als kombinierter immunologischer und genomischer Biomarker dienen, um die Personalisierung der Eierstockkrebstherapie zu verbessern.“

Vier Kategorien auf Basis der Infiltration mit CD8+ T-Lymphozyten

Zur Entwicklung und Validierung ihres Klassifizierungssystems analysierten die Forscher insgesamt 697 Proben von Primärtumoren und Rezidiven aus fünf unabhängigen klinischen Kohorten. Der von ihnen entwickelte Immunklassifikator – basierend auf dem Grad der Infiltration der Tumoren mit CD8+ T-Lymphozyten des Immunsystems – ordnete die Tumoren einer von vier immunologischen Kategorien zu.

Tumoren mit starker oder mäßiger Infiltration mit T-Lymphozyten wurden als „rein entzündete“ beziehungsweise „gemischt entzündete“ Tumoren klassifiziert, während Tumoren mit T-Zellen nur in der Peripherie oder ohne nennenswerte T-Lymphozyten als „excluded“ (Immunzellen in den desmoplastischen Septen) bzw. „kalte“ Tumoren kategorisiert wurden.

Frauen mit rein beziehungsweise gemischt-entzündeten Tumoren überleben länger

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Patientinnen mit rein respektive gemischt-entzündeten Tumoren tendenziell deutlich länger überlebten als solche mit „excluded“ und kalten Tumoren. Tumoren, deren Zellen Mutationen aufweisen, die ihren DNA-Reparaturmechanismus deaktivieren – wie etwa die bekannte BRCA1-Mutation –, waren zudem häufiger entzündet und wiesen nach der Chemotherapie ein besseres Gesamtüberleben auf. Tumoren der Subtypen gemischt, „excluded“ oder kalt sowie Tumoren mit guter DNA-Reparatur wiesen bei einem Rezidiv ein geringeres Langzeitüberleben auf.

Tumorinfiltrierende T-Lymphozyten (TILs) sind jedoch nicht die einzigen Immunzellen, die an der Anti-Tumor-Immunreaktion beteiligt sind. Auch die myeloischen Zellen des Immunsystems bestimmen mit, wie resistent das Tumormikromilieu gegenüber Anti-Tumor-Immunreaktionen ist. Sie sind auch Gegenstand einer konzertierten Forschungsinitiative am Institut Ludwig Lausanne, aus der diese Studie hervorgeht.

Dazu gehören dendritische Zellen, die den T-Zell-Angriff auf Tumoren steuern und vorbereiten. Eine weitere myeloische Zelle, der Makrophage, kann in ähnlicher Weise zur Orchestrierung solcher T-Zell-Reaktionen beitragen, aber auch selbst Krebszellen abtöten oder – in einen anderen Funktionszustand versetzt – die Anti-Tumor-Immunität unterdrücken.

Die Forscher zeigen, dass myeloische Zellen ihren Beitrag dazu leisten, die Immunlandschaft der primären Eierstocktumoren wiederherzustellen, wenn der Krebs rezidiviert. Tumoren, die DNA-Repair-profizient und bei einem Wiederauftreten tendenziell vom kalten Typ sind, produzieren Proteine, die relativ viele immunsuppressive Makrophagen in ihre Mikroumgebung locken.

Diese Makrophagen – so berichten die Forscher – zeichneten sich durch die Expression von Proteinen aus, die am Fettstoffwechsel beteiligt sind und als ApoE und Trem2 bekannt sind. Das Abzielen auf myeloische Zellen in solchen Tumoren mit einem Antikörperinhibitor von Trem2 verbesserte das Ansprechen auf Chemotherapie und verzögerte Tumorrezidive in Mausmodellen.

Rein entzündete Tumoren mit DNA-Reparatur-Defizienz enthalten Netzwerke aus TILs und dendritischen Zellen, die laut Ludwig-Lausanne-Forschern für eine wirksame Anti-Tumor-Immunität und Immuntherapie bei Eierstockkrebs und Melanomen essenziell sind. Die Forscher fanden heraus, dass diese Nischen auch bei einem Wiederauftreten der Krankheit bestehen bleiben und sogar Anti-Tumor-Makrophagen zur Unterstützung der Immunantwort anlocken.

Zusätzliche COX-Hemmung hilft im Mausmodell

Wie entziehen sich diese Tumoren der Immunabwehr? Experimente zeigten, dass die Krebszellen entzündeter Tumoren auf eine Standardkombination aus Chemotherapie und Olaparib reagieren, indem sie einer molekularen Signalweg aktivieren, der von dem Enzym COX gesteuert wird. Dieser Signalweg induziert die Sekretion von PGE2, einem Lipid, das TILs funktionell deaktiviert und deren Suizid induziert.

Die Behandlung von Mäusen mit entzündeten, DNA-Repair-defizienten Tumoren mit einem bestehenden COX-Inhibitor in Kombination mit Olaparib und Chemotherapie verlängerte das Überleben signifikant. Diese Überlebenszeit verdoppelte sich, als die Kombination durch eine Immuncheckpoint-Blockade ergänzt wurde, die Anti-Tumor-TILs aktiviert.

„Unsere Ergebnisse haben unmittelbare und überprüfbare Auswirkungen auf die Behandlung von Eierstockkrebs“, erklärte Ghisoni. „Sie legen nahe, dass Patientinnen mit entzündeten, DNA-Repair-defizienten Tumoren ideale Kandidatinnen für Immuntherapie-Studien sein könnten, während Patientinnen mit suppressiven Tumoren von neuen Therapiestrategien wie der TREM2-Hemmung profitieren könnten.“

Generell unterstreichen die Ergebnisse, wie wichtig es ist, sowohl Krebszellen als auch die Immunzellen, die die Immunflucht ermöglichen, gezielt anzugreifen.

Diese Studie wurde von der Myeloid Cells in Cancer Initiative des Ludwig Institute for Cancer Research, dem US-Verteidigungsministerium und der Hoffmann-La Roche AG unterstützt.

Über Ludwig Cancer Research

Ludwig Cancer Research ist ein internationales Netzwerk renommierter Wissenschaftler, das seit über 50 Jahren Pionierarbeit in der Krebsforschung leistet und bahnbrechende Entdeckungen hervorbringt. Ludwig verbindet Grundlagenforschung mit der Translation und klinischen Evaluierung seiner Entdeckungen, um die Entwicklung neuer Krebsdiagnostik, -therapien und -präventionsstrategien zu beschleunigen. Seit 1971 hat Ludwig über das gemeinnützige Ludwig Institute for Cancer Research und die sechs Ludwig Centers in den USA fast drei Milliarden US-Dollar in lebensverändernde Forschung investiert.