Immuntherapie gegen Krebs: So tun therapeutische Antikörper ihre Arbeit13. Januar 2025 Wirkungsweise der neuen Mikroskopie-Methode LLS-TDI-DNA-PAINT. Rechts oben wurde der Antikörper RTX auf einer Raij-B-Zelle sichtbar gemacht: Man erkennt gut, wie er die CD20-Moleküle in der Membran verkettet. Rechts unten das igelförmige Erscheinungsbild einer lebenden Raji-B-Zelle, nachdem der Antikörper gebunden hat. Zusätzlich in grün markiert ist das Oberflächenprotein CD45, das homogen auf der Zelloberfläche verteilt ist. Bild: ©Arindam Ghosh/Universität Würzburg Dank einer innovativen Methode der superauflösenden Mikroskopie hat ein Forschungsteam der Universität Würzburg erstmals mit molekularer Auflösung in 3D beobachtet, wie therapeutische Antikörper B-Zellen angreifen, verändern und dadurch deren Zerstörung einleiten. Das Journal „Science“ stellt die neue Art der molekularen 3D-Visualisierung von Antikörper-Zell-Interaktionen vor. Die Visualisierung der molekularen Wechselwirkung zwischen Antikörper und Tumorzelle eröffnet neue Wege zu verbesserten Immuntherapien gegen Krebs. Bei Blutkrebserkrankungen wie der Chronischen lymphatischen Leukämie sind es B-Zellen des Immunsystems, die sich unkontrolliert vermehren. Eine Therapieform besteht darin, das Protein CD20 auf der Oberfläche der B-Zellen mit maßgeschneiderten Antikörpern zu markieren. Das löst eine Kette immunologischer Reaktionen aus und führt am Ende zur Zerstörung der Krebszellen. Solche immuntherapeutischen Antikörper werden seit 30 Jahren gegen Tumorerkrankungen eingesetzt. „Obwohl es für den Therapieerfolg von entscheidender Bedeutung ist, wissen wir bis heute nur sehr wenige Details darüber, wie die Antikörper an CD20 binden und wie die folgenden Reaktionen ablaufen“, erklärt Prof. Markus Sauer vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Der Effektivität der Antikörper auf der Spur Das dürfte sich nun ändern: Ein Team um den JMU-Biophysiker hat eine neue superauflösende mikroskopische Methode entwickelt. Sie macht es erstmals möglich, die Wechselwirkungen der therapeutischen Antikörper mit Zielmolekülen auf Tumorzellen in 3D mit molekularer Auflösung zu untersuchen. „Wir können nun beobachten, wie effektiv die Antikörper arbeiten und damit zur Entwicklung verbesserter Therapien beitragen“, so Sauer. Die neue mikroskopische Methode heißt LLS-TDI-DNA-PAINT. Im Wissenschaftsjournal „Science“ beschreiben Erstautor Dr. Arindam Ghosh und ein Team aus dem Lehrstuhl von Sauer, wie die neu entwickelte Technologie funktioniert und welche Erkenntnisse damit bereits gewonnen wurden. An der Studie waren auch Dr. Thomas Nerreter und Prof. Martin Kortüm von der Medizinischen Klinik II des Würzburger Universitätsklinikums beteiligt. B-Zellen nehmen die Gestalt eines Igels an Das Würzburger Forschungsteam hat die ersten Studien mit der neuen Mikroskopie-Methode an fixierten und lebenden Raji-B-Zellen durchgeführt. Diese Zelllinie stammt aus dem Burkitt-Lymphom eines Patienten und wird in der Krebsforschung oft eingesetzt. Die Forscher brachten sie mit jeweils einem der vier therapeutischen Antikörper RTX, OFA, OBZ und 2H7 in Kontakt. Alle vier Antikörper verketten die CD20-Moleküle in der Zellmembran, so dass lokal starke Anhäufungen entstehen. Das aktiviert das Komplementsystem und leitet das Abtöten der Zellen durch das Immunsystem ein. Im Gegensatz zur derzeitigen Klassifizierung therapeutischer Antikörper zeigen die Ergebnisse, dass die Verkettung der CD20-Moleküle unabhängig davon eintritt, ob die Antikörper dem Typ I oder II angehören. Die Experimente zeigen auch, dass alle vier Antikörper verstärkt CD20-Moleküle verketten, die sich an speziellen Orten der Membran befinden – und zwar auf mikrometerlangen Ausstülpungen der Membran, „Mikrovilli“ genannt. Gleichzeitig polarisiert das Binden der therapeutischen Antikörper die B-Zelle und die ausgestreckten Mikrovilli werden stabilisiert. Dadurch nehmen die B-Zellen eine Art Igelgestalt an, weil sich die Membranausstülpungen nur auf einer Seite der Zelle befinden. Was als nächstes passiert Was sich daraus ergibt? „Die bisherige Klassifizierung der therapeutischen Antikörper in die Typen I und II kann nicht weiter aufrechterhalten werden“, sagt Dr. Arindam Ghosh. Bislang ging die Forschung davon aus, dass therapeutische Antikörper vom Typ I einen anderen Wirkungsmechanismus haben als die vom Typ II. Die Würzburger Studien aber widerlegen das. „Durch die Igelgestalt erscheinen die B-Zellen, als ob sie eine immunologische Synapse mit einer anderen Zelle bilden wollten“, so der JMU-Forscher. Es sei vorstellbar, dass die behandelten B-Zellen auf diese Weise die Makrophagen und natürlichen Killerzellen des Immunsystems aktivieren. Ob diese Vermutung stimmt, will das Forschungsteam nun in weiteren Studien klären. Diese Arbeiten wurden gefördert vom European Research Council, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
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