Immunzell-Depletion als Therapieoption bei Rheuma

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Lässt sich das Immunsystem bei schweren rheumatologischen und muskuloskelettalen Erkrankungen zurücksetzen?

Die CD19-CAR-T-Zelltherapie ist eine neue Möglichkeit der tiefgehenden B-Zell-Depletion und hat auch in diveresen rheumatologischen und muskuloskelettalen Erkrankungen (RMD) vielversprechende Ergebnisse geliefert. Diese und andere zelldepletierende Therapieansätze könnten das Immunsystem effektiv zurücksetzen – und eine nachhaltige Wirkung ohne chronische Immunsuppression ermöglichen. Auf der Jahrestagung der EULAR (European Alliance of Associations for Rheumatology) stellten mehrere Arbeitsgruppen neue Daten zu den spannenden Therapien vor – etwa bei Idiopathischer entzündlicher Myopathie, Systemischem Lupus erythematodes (SLE) oder Rheumatoider Arthritis (RA).

Resecabtagene Autoleucel ist eine vollständig humane, autologe 4-1BB-Anti-CD19-CAR-T-Zelltherapie, die darauf ausgelegt ist, CD19-positive Zellen nach einer einmaligen, gewichtsbasierten Infusion tiefgreifend und vorübergehend zu depletieren. Unter anderem wurden in Barcelona Daten von RESET-Myositis™ vorgestellt. Untersucht wurde der Wirkstoff bei drei Patienten mit Idio­pathischer entzündlicher Myopathie. Wie Raj Tummala erklärte, war dieser Ansatz gut verträglich, ohne dass eine dosislimitierende Toxizität, ein Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) oder ein immunzellassoziiertes Neurotoxizitätssyndrom (ICANS) auftraten. Daten von Patienten mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens einem Monat zeigen ein frühes Immunmodulator-unabhängiges klinisches Ansprechen und ein positives Sicherheitsprofil.1

Studiendaten zu Systemischem Lupus erythematodes

Zusätzliche Ergebnisse für diesen Wirkstoff wurden aus der laufenden Phase-I-/-II-Studie RESET-SLE™ vorgestellt. In dieser Studie werden die Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie bei sechs Patienten mit nicht renalen SLE oder Lupusnephritis untersucht. Saira Sheikh berichtete, dass während der Nachbeobachtungszeit von ein bis neun Monaten bei allen Patienten eine klinische Ver­besserung beobachtet wurde. Dabei erreichten mehrere Patienten eine DORIS-Remission oder ein vollständiges Ansprechen der Nieren auf die Behandlung. Alle Patienten kommen weiterhin ohne Immunsuppressiva aus. Darüber hinaus wurde Resecab­tagene Autoleucel gut vertragen und wies ein akzeptables Sicherheitsprofil auf.2

Des Weiteren wurden Daten zu Rapcabtagene Autoleucel aus einer offenen Phase-I-/-II-Studie bei schwerem refraktären SLE vorgestellt. Eric Morand präsentierte Ergebnisse zum klinischen Verlauf sowie zu zellulärer Kinetik, Pharmakodynamik und Biomarker-Analysen für bis zu zwölf Monate nach der Behandlung bei 21 Patienten – speziell für den Kongress mit neuen Daten gespickt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Behandlung zu einer deutlichen Verbesserung des Krankheitsverlaufes, einer wirksamen B-Zell-Depletion und einer Wiederherstellung des naiven B-Zell-Phänotyps führte. Das Sicherheitsprofil stimmte dabei mit dem überein, welches für die CD19-CAR-T-Zelltherapie bei Autoimmunerkrankungen bereits beschrieben wurde.3

SLE stand auch im Mittelpunkt der Arbeit von Vaneet Sandhu, dessen Team einen Kandidaten für ein CAR-T-Zellprodukt entwickelt hat, der aus einer klonalen Masterzellbank stammt, die aus einer induzierten pluripotenten Stammzell-Linie hergestellt wurde. Dieser kann als erneuerbare Quelle für die Massenproduktion von CAR-T-Zellen verwendet werden, die für einen breiten Patientenzugang sofort verfügbar sind. Präsentiert wurden die Ergebnisse der ersten drei Patienten einer multizentrischen Phase-I-Studie, wobei vorläufige Daten auf ein positives Sicherheitsprofil, eine wirksame B-Zell-Depletion mit Wiederherstellung von mehr naiven B-Zellen und eine vielversprechende anfängliche Wirksamkeit hindeuten.4

Qiong Fu stellte einen Dual-Targeting-CAR-T vor, der neben CD19 auch das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) bindet und unter dem Namen GC012F (AZD0120) bei zehn Patienten mit SLE evaluiert wurde. Bis neun Monate nach Behandlungsstart konnten 70 Prozent der Patienten die Behandlung mit Glucocorticoiden und 40 Prozent ebenfalls die Behandlung mit Hydroxychloroquin absetzen. Bei allen Patienten kam es nach der ­CAR-T-Zellinfusion zu einer Normalisierung des Komplementspiegels und bei 60 Prozent zu einer anhaltenden serologischen Konversion der ANA-, ENA- und Anti-dsDNA-Antikörper. Es wurde kein Immuneffektorzell-­assoziierte Neurotoxizitätssyndrom (ICANS) oder Zytokinfreisetzungs­syndrom (≥ Grad 3) gemeldet. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieser duale Ansatz eine Remission bei refraktärem SLE mit einem frühen günstigen Sicherheitsprofil indu­zieren kann.5

CAR-T-Zelltherapie bei ­Rheumatoider Arthritis

Bei Patienten mit refraktärer RA hingegen wurden bisher nur wenige Behandlungsansätze mit CAR-T-Zellen durchgeführt. Allerdings könnte dies einen wichtigen Zugang für Menschen mit schwer zu behandelnden Erkrankungen darstellen. Zhu Chen berichtete von drei Patienten, deren Erkrankung auf mehrere konventionelle und biologische Wirkstoffe nicht angesprochen hatte. Alle Patienten erreichten zwölf Wochen nach der Infusion eine DAS28-CRP-Remission. Dabei ist bemerkenswert, dass der Rheumafaktor bei allen drei Patienten verschwand. Das anti-zyklische citrul­linierte Peptid verschwand ebenso bei zwei Patienten, beim dritten Patienten nahm es signifikant ab. Die CAR-T-Zellinfusion wurde gut vertragen, ohne dass CRS oder ICANS beobachtet wurden. Diese Studie zeigt erstmalig die Durchführbarkeit einer CAR-T-Zelltherapie der vierten Generation bei schwer zu behandelnder RA.6