In Milch enthaltenes Protein beschleunigt Wundheilung

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Wundverbände, die mit Kasein, einem natürlich in Kuhmilch vorkommenden Protein, infundiert wurden, konnten die Wundheilung im Tierversuch deutlich verbessern. Die Studie einer Arbeitsgruppe aus der Türkei und Großbritannien deutet darauf hin, dass Kasein das Potenzial hat, teure Materialien wie Silber in Wundverbänden zu ersetzen.

Kasein ist ein Protein, das in der Milch von Säugetieren vorkommt und am häufigsten in Kuhmilch zu finden ist, wo es bis zu 80 Prozent der Substanz ausmacht. In den letzten zehn Jahren ist das Interesse an den antimikrobiellen, antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften von Kasein sowie an seinem Nutzen als eiweißreiches Nahrungsergänzungsmittel gewachsen.

In der aktuellen Studie mischten Forschende nun reines Kasein mit Polycaprolacton (PCL), einem biologisch abbaubaren Polyester, der häufig als Verbandsmaterial verwendet wird. Mithilfe einer 2013 am University College London entwickelten Technik, der sogenannten Druckgyration, spannen sie diese Mischung zu bandagenähnlichen Fasern, aus denen sie mit Kasein infundierte Bandagen herstellen.

Ratten mit identischen kleinen Hautperforationen wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Die Wunden der ersten Gruppe wurden mit kaseinhaltigen Verbänden behandelt, die der zweiten mit normalen PCL-Verbänden und die der dritten ohne Verbände. Der Heilungsfortschritt wurde nach 3, 7, 10 und 14 Tagen überprüft, indem die Wunden fotografiert, vermessen und unter einem Mikroskop untersucht wurden.

Das Team stellte fest, dass die Wunden, die mit kaseinhaltigen Verbänden behandelt wurden, nach 14 Tagen auf 5,2 Prozent ihrer ursprünglichen Größe abgeheilt waren, verglichen mit 31,1 Prozent in der Gruppe mit normalen Verbänden und 45,6 Prozent in der unbehandelten Gruppe. Die Analyse bestätigte auch, dass die Kaseinverbände nicht toxisch waren und dass die Menge an immunbezogenen Molekülen um die behandelten Wunden herum viel geringer war.

Dr. Jubair Ahmed, Erstautor der Studie, sagte: „Natürliche Materialien haben einige wunderbare Eigenschaften, von denen viele noch unbekannt sind. Wir wussten, dass Kasein eine heilende Wirkung zugeschrieben wird, und unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es ein großes Potenzial für medizinische Anwendungen wie Wundauflagen gibt. Es sind noch weitere Arbeiten erforderlich, um sicherzustellen, dass Kaseinverbände beim Menschen sicher und wirksam sind, aber diese ersten Ergebnisse sind vielversprechend.“

Da Kasein ein Abfallprodukt aus entrahmter Milch ist, wäre es, wenn es für die Behandlung von Menschen zugelassen würde, ein relativ billiges Material, das in großem Maßstab hergestellt werden könnte. Allerdings können die chemische Zusammensetzung und die Wirksamkeit natürlicher Substanzen variieren. Dies ist ein Problem, das gelöst werden muss, wenn Kasein in der Klinik eingesetzt werden soll.

Prof. Mohan Edirisinghe, Hauptautor der Studie, sagte: „Alle bisherigen Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Kasein ein Wundheilungspotenzial hat, aber im Moment wissen wir noch nicht wirklich genau, warum. Kasein hat antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaften, die sicherlich eine Rolle spielen könnten. Der nächste Schritt wird sein, die biologischen Wechselwirkungen zu verstehen, bevor wir klinische Versuche am Menschen in Betracht ziehen können.“