In-vitro-Modell menschlicher Nervenbahn zur Untersuchung von Schmerzen22. April 2025 KI-generiertes Symbolbild von Nervenzellen in einer Petrischale. (©JK_kyoto/stock.adobe.com) Forscher der Stanford University haben in einer Petrischale eine der wichtigsten schmerzleitenden Nervenbahnen des Menschen nachgebildet. Dies könnte einen Boost für die Schmerzforschung bedeuten. Wie genau werden Schmerzsignale beim Menschen verarbeitet und wie können Schmerzen am besten gelindert werden? Ein neu entwickeltes In-vitro-Modell der aufsteigende Nervenbahn könnte schnelle Antworten auf diese Fragen liefern. Wissenschaftler unter der Leitung von Dr. Sergiu Pasca, Professor für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften an der Stanford University (USA), beschreiben in einer aktuellen „Nature“-Publikation, wie sie erfolgreich vier miniaturisierte Teile des menschlichen Nervensystems zusammengesetzt haben, um die aufsteigende Nervenbahn zu rekonstruieren. Dazu gehören: Spinalganglien, das dorsale Rückenmark, der Thalamus und der somatosensorische Kortex. „Wir können diesen Signalweg nun nichtinvasiv modellieren“, so Pasca, der Erstautor der Studie. „Wir hoffen, dass wir dadurch lernen, wie wir Schmerzerkrankungen besser behandeln können.“ Vier unterschiedliche Organoide wachsen zu einem Assembloid zusammen Pasca und seine Kollegen entwickelten menschliche Organoide, die die vier Schlüsselregionen der aufsteigenden Nervenbahnbahn rekonstruieren, und fusionierten sie dann in Reihe, um ein sogenanntes Assembloid zu bilden, das die aufsteigende Nervenbahn nachahmt. Ausgehend von Zellen aus Hautproben von Freiwilligen wandelte das Team diese zunächst in induzierte pluripotente Stammzellen um. Die Forscher verwendeten chemische Signale, um die Stammzellen dazu zu bringen, sich zu neuronalen Organoiden zusammenzuschließen, die jede der vier Regionen des Signalweges repräsentieren. Jedes Organoid enthielt fast eine Million Zellen. Pasca und seine Kollegen inkubierten die Organoide dieser vier verschiedenen Zelltypen nebeneinander und warteten ab. Etwa 100 Tage später waren sie zu einem Assembloid aus fast vier Millionen Zellen verschmolzen. „Sie sehen aus wie winzige Würstchen“, beschreibt Pasca die so gewonnene künstliche Nervenbahn. Signalübertragung von einem zum nächsten Organoid Die Forscher konnten zeigen, dass die Organoide, aus denen die Assembloide bestehen, anatomisch miteinander verbunden waren: Neuronen des ersten Organoids bildeten funktionierende Verbindungen mit Neuronen des zweiten Organoids, des zweiten mit dem dritten und so weiter. Außerdem funktionierte der gesamte Schaltkreis, vom sensorischen Organoid bis zum kortikalen Organoid, als Einheit. Nachdem alle vier Organoide etwa 100 Tage lang nebeneinander in der Petrischale inkubiert wurden, zeichneten sich Muster spontaner, synchronisierter, gerichteter Signalübertragung innerhalb des Assembloids ab: Neuronale Aktivität im sensorischen Organoid löste ähnliche Aktionen im spinalen Organoid, dann im thalamischen Organoid und schließlich im kortikalen Organoid aus. „Man hätte diese wellenförmige Synchronität nie erkennen können, wenn man nicht alle vier Organoide gleichzeitig beobachten könnte“, so Pasca. „Das Gehirn ist mehr als die Summe seiner Teile.“ Assembloide eignen sich für unterschiedliche Experimente Das Team um Pasca verwendete die Assembloide für verschiedene Versuche. So erhöhten schmerzauslösende Substanzen die wellenförmige Aktivität in dem In-vitro-Modell. Die Stimulation des sensorischen Organoids mit Capsaicin löste sofortige Wellen neuronaler Aktivität aus. Außerdem können mit den Assembloiden seltene genetische Mutationen näher erforscht werden, bspw. des Ionenkanals Nav1.7. In den Versuchen der Forscher führte der Verlust des Natriumkanals NaV1.7, der eine Schmerzunempfindlichkeit verursacht, im sensorischen Organoid zu einer Störung der Synchronie der Assembloide. Im Gegensatz dazu hatte die Expression einer Gain-of-funcion-Variante von Nav1.7 (steht in Verbindung mit einer Schmerzüberempfindlichkeit) häufigere Wellen spontaner Nervenübertragungen zur Folge. Die Forscher hoffen, mit ihrem für ein Patent angemeldeten In-vitro-Modell das Verständnis der sensorischen Schaltkreise zu beschleunigen, um zielgerichtete Therapien gegen Schmerzen zu entwickeln. (ah)
Mehr erfahren zu: "Wissenschaftler sagen Fake Science den Kampf an" Wissenschaftler sagen Fake Science den Kampf an Mit der „Stockholm Declaration“ rufen 27 internationale Wissenschaftler die wissenschaftliche Gemeinschaft auf, sich gegen die steigende Bedrohung durch gefälschte Studien zu wehren. Kernpunkt der vier Empfehlungen ist eine Änderung der […]
Mehr erfahren zu: "„Störende“ Patienten ermordet – Höchststrafe für Pfleger" „Störende“ Patienten ermordet – Höchststrafe für Pfleger Dem Angeklagten waren schwer kranke Patienten anvertraut – doch laut Urteil spritzte er ihnen überdosierte Beruhigungsmittel. Nun muss der Pfleger für sehr lange Zeit ins Gefängnis.
Mehr erfahren zu: "Spitzenmedizin für alle Krebspatienten: Förderung für fünf Versorgungsnetzwerke" Spitzenmedizin für alle Krebspatienten: Förderung für fünf Versorgungsnetzwerke Krebspatienten sollen überall Zugang zu modernster Medizin erhalten – dies ist das Ziel eines neuen Förderprogramms der Deutschen Krebshilfe. Dazu werden fünf nicht-universitäre Kliniken mit einem Comprehensive Cancer Center als […]