Infektiöse Keratitis: Wirkstoff gegen Krankenhauskeim entwickelt21. Februar 2025 Dr. Jörg Haupenthal und Dr. Alexander Kiefer (v.l.). Foto.©Thorsten Mohr/Universität des Saarlandes/Thorsten Mohr Wissenschaftler der Saar-Universität und des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) haben einen Weg gefunden, den Krankenhauskeim Pseudomonas aeruginosa effektiv zu bekämpfen. Infektiöse Keratitis lässt jährlich 1,5 Millionen Menschen weltweit erblinden. Oft geht die Krankheit auf das Bakterium Pseudomonas aeruginosa zurück, den die Weltgesundheitsorganisation zu den gefährlichsten dieser Art zählt. Nun ist es einem Forschungsteam gelungen diesen Keim effektiv zu bekämpfen. Die Ergebnisse ihrer Studie wurde im Fachmagazin „Advanced Science“ veröffentlicht. Pseudomonas aeruginosa ist ein tückischer Feind. Das Bakterium neigt dazu, wie viele andere bakterielle Krankheitserreger ebenso, Resistenzen gegen Antibiotika zu entwickeln. Als einer der häufigsten „Krankenhauskeime“ löst es in der Folge zum Beispiel Lungenentzündungen, Harnwegsinfekte oder schwere Augenleiden aus, die bis zur vollständigen Erblindung führen können, wenn die Hornhaut abgebaut wird. LasB räumt den Weg für den Keim frei Verantwortlich für diese Hornhautzerstörung im Auge ist das Enzym Elastase (kurz „LasB“) welches dem Bakterium quasi „den Weg frei räumt“, wie Dr. Jörg Haupenthal erklärt. Der Wissenschaftler aus der Abteilung von Anna Hirsch, Professorin für Medizinische Chemie an der Universität des Saarlandes und Leiterin der Arbeitsgruppe Wirkstoffdesign und Optimierung am HIPS, leitet ein Projekt zur Erforschung neuer Wirkstoffe gegen Pseudomonas aeruginosa. LasB räumt den Weg für den tückischen Krankenhauskeim frei, so dass er woanders weitere Gewebeteile schädigen kann. „Das tut LasB, indem es große Proteine wie zum Beispiel Kollagen abbaut, aber auch wichtige Bestandteile des Immunsystems zerstört“, führt Jörg Haupenthal aus. Gelange das Bakterium und mit ihm sein Enzym LasB ins Auge, sei die hauptsächlich aus Kollagen bestehende Hornhaut des Auges in höchster Gefahr, eine infektiöse Keratitis drohe. Nicht wenige der jährlich 1,5 Millionen Fälle von Erblindung nach Keratitis gehen auf das Konto von Pseudomonas aeruginosa und LasB. LasB hat allerdings eine Eigenschaft, die sich die Wissenschaftler der Universität des Saarlandes und des HIPS nun zunutze machen: „LasB ist ein extrazelluläres Enzym. Dadurch kann ein Wirkstoff viel leichter andocken, als wenn sich das Enzym innerhalb der Zelle befände“, so Anna Hirsch. Diese leichtere Zugänglichkeit hat ihr Team nun genutzt. LasB unschädlich gemacht Was die Forscher genau gemacht haben, erläutert der Chemiker Dr. Alexander Kiefer, der gemeinsam mit Dr. Christian Schütz aus der Abteilung von Anna Hirsch Erstautor der Studie ist. In der veröffentlichten Arbeit beschreiben die Autoren, wie sie LasB in die Zange genommen haben – und das wortwörtlich. „LasB enthält einen Zink-Komplex. Diesen haben wir chelatisiert“, führt Kiefer aus, der seine Nachwuchsgruppe im April am HIPS startet. Das bedeutet, dass sie den Zink-Komplex des Enzyms LasB an zwei Stellen mit einem speziell dafür entwickelten peptidischen Hemmstoff „gepackt“ haben. Durch diese Bindung an den Zink-Komplex wurde LasB insgesamt unschädlich gemacht. So könnten einerseits die großen Proteine wie Kollagen nicht mehr angegriffen werden und andererseits hätten die Bestandteile des Immunsystems wie zum Beispiel die Antikörper von LasB nichts mehr zu befürchten. Von großer Bedeutung sei dabei die Tatsache, dass der Hemmstoff umliegende Metallkomplexe humaner Enzyme, die in gesundem Gewebe enthalten sind, nicht angreife, sondern ausschließlich an LasB seine gewünschte Wirkung entfalte. Vorteil: Keine Resistenzen Und es gibt weitere große Vorteile dieser Methode: Anders als bei klassischen Antibiotika haben sich in der Studie bislang keine Resistenzen gegen den LasB-Inhibitor angedeutet. „Dadurch, dass wir den Keim mittels LasB-Hemmung nicht abtöten, sondern ihm seine krankmachenden Eigenschaften rauben, sieht das Bakterium keinen Grund, Resistenzen zu entwickeln“, erläutert Kiefer. Außerdem greife der Wirkstoff gegen LasB die Darmflora nicht an, wie viele Antibiotika dies tun. Wie das interdisziplinäre Team in der Studie weiter zeigen konnte, ist eine Wirkstoff-Kombination aus einem klassischen Antibiotikum und einem LasB-Inhibitor im In-vivo-Modell besonders wirksam. „Bei einer Hemmung von LasB bleibt das Bakterium intakt, während umgekehrt LasB bestehen bleibt, wenn wir das Bakterium nur mit klassischen Antibiotika bekämpfen“, so Haupenthal. Die Kombination aus klassischem Antibiotikum und LasB-Inhibitor hat sich in der Studie als wirksame Methode erwiesen, um dem Krankenhauskeim und der daraus entstehenden Hornhautinfektion Herr zu werden. Zukunftsziel: Medikamentenentwicklung Ob daraus irgendwann tatsächlich ein Medikament entstehen wird, ist den Autoren zufolge, noch nicht sicher. Dazu müssten weitere Studien folgen. „Aber es ist unser klares Ziel, dass auf Grundlage unserer Forschung auch ein Medikament entwickelt wird“, führt Hirsch aus, die als korrespondierende Autorin das Projekt koordiniert. Die Professorin ist auch designierte Sprecherin des geplanten Exzellenzclusters nextAID³ (www.uni-saarland.de/forschen/nextaid3.html) und betont: „Interdisziplinäre Studien wie diese mit fünf nextAID3-PIs aus verschiedenen Fakultäten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind eine wichtige Grundlage, um in Zukunft auch Ansätze und Medikamente gegen andere Erkrankungen abseits von Infektionen entwickeln zu können. Solche Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung sollen in nextAID³ mit Hilfe von künstlicher Intelligenz schnell und effizient in klinische Anwendungen überführt werden“, erläutert die Cluster-Sprecherin.
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