„Inkontinenz muss endlich Teil des gesundheitspolitischen Diskurses werden“16. Juni 2025 Andreas Wiedemann, 1. Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft. Foto: Uni WH Anlässlich der Welt-Kontinenz-Woche 2025 warnt die Deutsche Kontinenz Gesellschaft vor einem zunehmenden Versorgungsdefizit. Vom 16. bis 22. Juni 2025 findet die 17. Welt-Kontinenz-Woche statt – eine internationale Aktionswoche, die auch in diesem Jahr von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft genutzt wird, um auf ein wachsendes Problem in der Gesundheitsversorgung aufmerksam zu machen: Trotz der Tatsache, dass rund zehn Millionen Menschen in Deutschland von Inkontinenz betroffen sind, ziehen sich immer mehr Gesundheitseinrichtungen aus der Versorgung zurück. Grund dafür sei eine gravierende Unterfinanzierung im Bereich der Inkontinenz- und Beckenbodenerkrankungen. Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft fordert daher, das Thema Inkontinenz stärker in den Fokus der Gesundheitspolitik zu rücken. Sie spricht sich für die Entwicklung einer nationalen Inkontinenz-Strategie aus – analog zur bereits etablierten nationalen Diabetes-Strategie. Denn die Zahl der Betroffenen ist vergleichbar hoch. 150 Veranstaltungen in Deutschland Neben der politischen Forderung steht auch in diesem Jahr die Aufklärung im Mittelpunkt der Aktionswoche. Ziel ist es, gesellschaftliche Akzeptanz für die Volkskrankheit Inkontinenz herzustellen und Betroffenen den Zugang zu Informationen und Unterstützung zu erleichtern. Bundesweit sind rund 150 Veranstaltungen geplant – darunter zahlreiche Informationsangebote speziell für Patienten. Bundesweit sind rund 150 Aktionen und Informationsveranstaltungen geplant – organisiert von den Mitgliedern der Fachgesellschaft, darunter Ärzten, Physiotherapeuten, Pflegefachkräften und Apothekern. In ihren jeweiligen Einrichtungen setzen sie sich dafür ein, das Bewusstsein für Inkontinenz und Erkrankungen des Beckenbodens zu stärken. Ein zentrales Anliegen der diesjährigen Aktionswoche ist der Hinweis auf ein wachsendes Versorgungsdefizit: Immer mehr Betroffene erhalten keine adäquate medizinische Betreuung – ein Zustand, der aus Sicht der Deutschen Kontinenz Gesellschaft dringend politisches Handeln erfordert. „Viele leiden erheblich“ „Inkontinenz und Erkrankungen des Beckenbodens werden nach wie vor verharmlost und häufig als normale Alterserscheinung abgetan. Das ist ein Irrtum. In Deutschland ist etwa jede neunte Person betroffen – und viele leiden erheblich. Eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist für viele kaum noch möglich. Wir machen uns große Sorgen um die Versorgung dieser Patienten“, erklärt Prof. Dr. Andreas Wiedemann, 1. Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft, Chefarzt der Urologie am Evangelischen Krankenhaus Witten und Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie an der Universität Witten/Herdecke. Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft betont: Eine frühzeitige Behandlung von Inkontinenz kann in 80 bis 90 Prozent der Fälle zu einer Heilung oder deutlichen Verbesserung führen. Wird jedoch keine Therapie eingeleitet, verschlechtert sich der Gesundheitszustand der Betroffenen kontinuierlich – mit schwerwiegenden Folgen. Zu den typischen Folgeerkrankungen zählen Hautreizungen, Infektionen, Geschwüre, Harnwegsinfekte, Blasen- oder Nierenbeckenentzündungen, Stürze, Einschränkungen der Sexualität sowie psychische Belastungen wie Depressionen bis hin zu Suizidgedanken. Inkontinenz gilt zudem als einer der häufigsten Gründe für den Eintritt in ein Pflegeheim. Unterfinanzierung der Versorgung Besonders alarmierend ist die aktuelle Entwicklung in der Versorgungsstruktur: Immer mehr Ärzte und Gesundheitseinrichtungen ziehen sich aus der Behandlung von Inkontinenzerkrankungen zurück. Nach Einschätzung der Deutschen Kontinenz Gesellschaft liegt dies vor allem an der unzureichenden Abbildung dieser Erkrankungen im Vergütungssystem des Gesundheitswesens. Die Behandlung sei für viele Einrichtungen wirtschaftlich nicht tragbar, so die Deutsche Kontinenz Gesellschaft. Ein konkretes Beispiel ist die Urodynamikuntersuchung – eine aufwendige, etwa einstündige Diagnostik, die unter Mitwirkung eines Facharztes und einer Pflegekraft durchgeführt wird. Sie ist nach Ansicht der Kontinenz Gesellschaft essenziell für die genaue Bestimmung der Inkontinenzform und die Festlegung der passenden Therapie. Die derzeitige Vergütung decke die tatsächlichen Kosten jedoch nicht annähernd, kritisiert die Gesellschaft. „In einer alternden Gesellschaft muss Inkontinenz endlich Teil des gesundheitspolitischen Diskurses werden. Das bestehende Versorgungsdefizit darf nicht länger ignoriert werden – es braucht dringend politische Gegenmaßnahmen“, mahnt Wiedemann. „Die Nichtbehandlung von Inkontinenz ist keine Option zur Kosteneinsparung – im Gegenteil: Sie führt langfristig zu höheren Ausgaben im Gesundheits- und Pflegesystem.“ Ziel ist eine nationale Inkontinenz-Strategie Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft fordert daher, das Thema Inkontinenz auf die gesundheitspolitische Agenda zu setzen und eine nationale Inkontinenz-Strategie zu entwickeln – analog zu bestehenden Strategien für andere chronische Erkrankungen. Ein zentrales Anliegen der Fachgesellschaft ist die Einrichtung eines interdisziplinären Expertengremiums. Dieses soll unter Beteiligung von Leistungsträgern, Leistungserbringern und Betroffenen konkrete Eckpunkte zur Verbesserung der präventiven, diagnostischen und therapeutischen Versorgung erarbeiten. Darüber hinaus fordert die Deutsche Kontinenz Gesellschaft eine Überprüfung und Anpassung der bestehenden Vergütungskataloge, um eine wirtschaftlich tragfähige Versorgung sicherzustellen. Aufklärung vor Ort Neben den politischen Forderungen steht auch in diesem Jahr die öffentliche Aufklärung im Zentrum der Welt-Kontinenz-Woche. Ziel ist es, das Bewusstsein für Inkontinenz und Erkrankungen des Beckenbodens zu stärken und Betroffenen sowie ihren Angehörigen fundierte Informationen zu bieten – zu den verschiedenen Inkontinenzformen, zu Therapiemöglichkeiten und zu den realistischen Heilungschancen. Und auch darüber, dass sie mit ihrem Leiden keine Ausnahme bilden, sondern sich inmitten der Gesellschaft befinden. Darüber hinaus bietet die Aktionswoche die Gelegenheit, wohnortnah mit anerkannten Experten ins Gespräch zu kommen. In ganz Deutschland finden Veranstaltungen statt, die den Austausch fördern und niedrigschwellige Zugänge zu Beratung und Unterstützung ermöglichen. (Deutsche Kontinenz Gesellschaft / ms)
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