Intersektorale Zusammenarbeit: Es ist kompliziert

Schneider
Strafrechtler Prof. Hendrik Schneider aus Wiesbaden erklärte beim DGU-Kongress die Fallstricke des Antikorruptionsgesetzes. Foto: Schmitz

Im berufspolitischen Forum beim 70. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) am 28.09.2018 in Dresden wurde deutlich, wie schwierig es ist, Kooperationen zwischen Kliniken und Praxen aufzubauen – besonders vor dem Hintergrund des Antikorruptionsgesetzes.

Einerseits fordert die Politik, die Sektoren zusammenzuführen, auf der anderen Seite gibt sie den Ärzten nicht die Rechtssicherheit, es im Detail durchzuführen. So lautete sinngemäß das Fazit von Dr. Axel Schroeder, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Urologen (BvDU) am Ende einer Veranstaltung, in der verschiedene Möglichkeiten der Kooperation vorgestellt und deren Chancen und Risiken diskutiert wurden. Darunter gibt es Strukturen, die Medizinische Versorgungszentren, Praxen und Klinikabteilungen unter einem Klinikträger verbinden, demgegenüber stehen vom Arzt als Inhaber geführte Praxen mit Belegärzten in Kooperation mit Kliniken, und es gibt zudem die  Entwicklung, als Arzt sowohl in der Klinik mit einer Teilzeitanstellung als auch in einer niedergelassenen Praxis zu arbeiten.

Wie notwendig die Kooperation ist, zeigte DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel auf. Er zitierte Schätzungen, nachdem der Bedarf an urologischen Behandlungen in den kommenden Jahren sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich um 20 Prozent zunehmen wird. Gleichzeitig entfällt nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes von 2017 ein Großteil der stationären Krankenhausfälle auf Prozeduren, die keine therapeutischen Maßnahmen sind. Könnte die Kooperation mit der ambulanten Medizin die Krankenhäuser entlasten? „Ich bin auch für die Ambulantisierung, denn damit habe ich die Betten frei für meine eigentliche Aufgabe: die große Tumorchirurgie“, kommentierte Michel.

Private Rosinenpickerei

Als Bedrohung identifizierten der DGU-Generalsekretär und der BvDU-Präsident die Zunahme der privaten Krankenhausträgerschaften. Michel warnte vor „Rosinenpickerei“, und Schroeder konkretisierte: „Wir erleben es wie in anderen Fächern, dass Investoren in den Krankenhausmarkt hineindringen. Es ist heute möglich, ein kleines Krankenhaus zu erwerben und daraus über medizinische Versorgungzentren fachgruppengleiche Versorgungsstrukturen aufzubauen, die alles andere als eine Versorgung in der Region im Blick haben.“ Konkret wurde die Sorge geäußert, dass etwa ein Klinikkonzern, der 15 Prozent Rendite erwartet, aus seiner Sicht unrentable, aber aus Ärztesicht wichtige Bereiche schließen könnte.

Antikorruptionsgesetz sorgt für Unsicherheit

Eine besondere Schwierigkeit für Kooperationen stellt das Antikorruptionsgesetz dar, von manchen auch bereits in „Antikooperationsgesetz“ umbenannt. „Das Gesetz ist in der Praxis angekommen“, schilderte Hendrik Schneider, Professor für Wirtschafts- und Medizinstrafrecht und tätig als Gutachter und Strafverteidiger, seine Erfahrung. „Wenn Sie kooperieren, egal in welcher Form, kann es sein, dass Sie mit einem Ermittlungsverfahren überzogen werden. Das heißt nicht, dass Sie verurteilt werden.“ Grund für die Unsicherheit sind unterschiedliche Auslegungen des Gesetzes bei den Strafrechtlern und die noch fehlende Rechtsprechung. So sehen einige Strafrechtler eine Patientenführung schon bei bloßer Information über das Behandlungsangebot, etwa durch eine Visitenkarte, andere sehen den Tatbestand erst realisiert, wenn der Arzt dem Patienten im Sinne einer Führung konkret ein Angebot unterbreitet (etwa: „Sie können gleich hier in meiner Praxis einen Termin in der Klinik X machen“).

Fazit: Die intersektorale Zusammenarbeit ist leicht gesagt, aber schwer gemacht. Die Beziehung von Klinik und Praxis bleibt kompliziert, und es wird nicht leichter. Aber ohne kommt man auch nicht aus.

(ms)