Intramyokardiale Blutungen sagen Prognose nach Herzinfarkt voraus

Studienleiter Sebastian Reinstadler (re.) und Erstautor Ivan Lechner konnten einen neuen Biomarker für die Prognose nach STEMI identifizieren. Foto: ©David Bullock/MUI

Die Ergebnisse einer neuen Multicenterstudie unter der Leitung des Innsbrucker Kardiologen Sebastian Reinstadler geben Anlass, eine bislang geltende Leitlinie für die Infarkt-Prognose zu überdenken.

Die kardiale Magnetresonanztomographie (Kardio-MRT) hat sich als Goldstandard für die Beurteilung von Funktion und Gewebeschaden des Herzmuskels nach einem Herzinfarkt erwiesen. Vor allem nach ST-Hebungsinfarkt (STEMI), von dem rund 40 Prozent der Herzinfarkt-Patienten betroffen sind, ist die Beurteilung der individuellen Prognose mittels MRT entscheidend.

Der neuen Studie im „Journal of the American College of Cardiology“ zufolge sollten die im MRT sichtbaren Einblutungen in den Herzmuskel (intramyocardial hemorrhage, IMH) – und nicht wie bisher mikrovaskuläre Gefäßverschlüsse (MVO) – als Marker zur Risikoberechnung sowie auch für die Entwicklung zukünftiger Therapien nach STEMI herangezogen werden.

„Nach der erfolgreichen Wiedereröffnung des verschlossenen Herzkranzgefäßes sehen wir bei rund 50 Prozent der STEMI-Patienten MVO im MRT. Diese sind nicht behandelbar, galten aber bislang als Marker für eine schlechte Prognose. Deshalb zielten bisherige Studien darauf ab, neue Ziele für die Behandlung der MVO zu finden“, erklärt Studienleiter PD Dr. Sebastian Reinstadler von der Universitätsklinik für Innere Medizin III Innsbruck, Kardiologie und Angiologie. Mit IMH, einem Schädigungsmuster das in ca. der Hälfte der Patienten mit MVO zu finden ist und eine ausgedehnte Entzündung mit Eisenablagerungen im Herzmuskel anzeigt, gelang es den Forschenden nun, einen neuen unabhängigen Prognosemarker zu identifizieren.

Dieses Ergebnis hat nicht nur für die Optimierung der Risikoabschätzung, sondern vor allem auch für die Entwicklung neuer Therapiestrategien, die auf die mikrovaskuläre Schädigung abzielen, besondere Relevanz. „Nun stellt sich die Frage, ob spezifische Therapiestrategien nach einem Herzinfarkt (STEMI) das Outcome von Patienten mit IMH verbessern. Diese Hypothese ist nun Gegenstand weiterer Studien“, betont Reinstadler.

Um die prognostische Relevanz verschiedener, mittels MRT darstellbarer Schädigungsmuster des Herzmuskels zu überprüfen, wurden prospektiv Daten von insgesamt 1109 STEMI-Patienten – der bislang größte, jemals in eine klinische Studie eingeschlossene STEMI-Population – aus vier Herzzentren (Innsbruck, Lübeck, Leipzig und Glasgow) analysiert. Ein Kardio-MRT wurde bei diesen drei Tage (Q1–Q3: 2–5) nach perkutaner Koronarintervention durchgeführt. Die Kohorte wurde den Ergebnissen im MRT entsprechend in drei Gruppen eingeteilt: Patienten ohne mikrovaskuläre Gewebeschäden (MVO-/IMH-), Patienten mit MVO, aber ohne IMH (MVO+/IMH-) und Patienten mit IMH (IMH+). „Wir stellten fest, dass in der Gruppe der Patienten mit IMH nach durchschnittlich zwölf Monaten ein unerwünschtes kardiales Ereignis häufiger auftrat, als in den beiden anderen Untergruppen“, bestätigt Erstautor Ivan Lechner. Patienten mit MVO und ohne IMH hatten hingegen eine ähnliche Prognose wie jene ohne jegliche mikrovaskuläre Schädigung.

„Es wird vermutet, dass im Umbauprozess nach Herzinfarkt Gefäße aufbrechen, wodurch Erythrozyten ins Infarktgewebe gelangen, die von Makrophagen aufgenommen werden und dort Eisen ablagern. Dadurch könnten Entzündungsprozesse angetrieben werden, die eine schlechte Prognose begünstigen“, erklärt Lechner den derzeit vermuteten pathophysiologischen Mechanismus. Diese molekularen Grundlagen sowie die Frage, ob die Infarktgröße für das Ausmaß der IMH ausschlaggebend ist, bedürfen einer weiteren Aufklärung.

Auch wenn eine IMH bislang nicht verhindert werden könne, sollte die klinische Erforschung neuer therapeutischer Ansätze für die IMH Priorität haben, heißt es in einer Mitteilung der Medizinischen Universität Innsbruck. In der Zwischenzeit sollten betroffene Patienten engmaschig überwacht werden. Die unabhängige prognostische Bedeutung der IMH bei der Beurteilung des Risikos nach STEMI werde jedenfalls Eingang in ein überarbeitetes Konsensuspapier zur Risikostratifizierung nach Herzinfarkt finden, sind sich die Studienautoren sicher.