Intrinsisch ungeordnete Proteine besser verstehen

Simon Ebbinghaus (l.) und Puja Shresta untersuchen Proteinbestandteile. Foto:© Privat

Instabile Proteine sind oft an Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt. Ein besseres Verständnis dieser intrinsisch ungeordneten Proteine (IDPs) könnte zu neuen Therapie-Ansätzen führen. Jetzt haben Forschende das YB1-Protein charakterisiert.

Das Forschungsteam um Puja Shrestha und Prof. Simon Ebbinghaus (Ruhr-Universität Bochum und Research Center Chemical Sciences and Sustainability) hat eines dieser Proteine genauer untersucht und sein dynamisches Verhalten beschrieben. Ihre Arbeit ist in der Fachzeitschrift „Advanced Science“ vom 28. Oktober 2025 veröffentlicht.

Kälteschockdomäne von YB1 im Fokus

In Zentrum der Studie stand ein gefalteter Bereich – die Kälteschockdomäne (CSD/CSDex) – innerhalb des YB1-Proteins, einem IDP mit mehreren Funktionen in der Zelle. Die Forschenden wollten wissen, wie dieser Bereich seine strukturelle Stabilität aufrechterhält. Das Protein ist an vielen der wichtigsten Aktivitäten der Zelle beteiligt, darunter dem Transkription, Translation und der RNA-Metabolismus.

„Aufgrund seines engen Zusammenhangs mit Krebswachstum und Arzneimittelresistenz könnte das Verständnis der Faltung und Funktion des YB1-Proteins dabei helfen, neue therapeutische Ansätze zu entwickeln“, hofft Doktorandin Shrestha.

CSDex unter physiologischen Bedingungen nur mäßig stabil

Das Team stellte fest, dass CSDex unter physiologischen Bedingungen eine mäßige Stabilität aufweist. Die Hälfte der Moleküle befindet sich in ihrer gefalteten Struktur, während die andere Hälfte ungefaltet bleibt.

Bindet das Protein an Nukleinsäuren, geht es fast vollständig in seine gefaltete Form über. „Das deutet darauf hin, dass diese Wechselwirkungen das Protein auf eine Weise stabilisieren, die dazu beiträgt, es in seiner funktionellen Form zu fixieren“, so Ebbinghaus.

Ein IDP, aber viele verschiedene Strukturen

Darüber hinaus zeigt das Team, dass das Protein viele verschiedene Strukturen annehmen kann, was eine schnelle und effiziente Wechselwirkung mit einer Vielzahl von Nukleinsäuren ermöglicht. Die mäßige Stabilität des CSDex könnte einen natürlichen Kompromiss darstellen, der ihm die Flexibilität verleiht, effizient mit vielen verschiedenen Molekülen zu interagieren und gleichzeitig vielfältige Funktionen zu erfüllen.

„CSDex-Nukleinsäure-Wechselwirkungen führen beispielsweise zur Überproduktion verschiedener Proteine oder zur Reparatur von Nukleinsäuren, wodurch Krebszellen resistenter gegen Chemotherapie werden“, erklärt Shrestha. In zukünftigen Forschungen könnten Moleküle entwickelt werden, die auf CSDex-Nukleinkomplexe abzielen und krankheitsbezogene Wechselwirkungen spezifisch blockieren.

Förderung: Die Arbeiten wurden unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Exzellenzclusters RESOLV (EXC 2033-390677874).