IQWiG zu Orphan Drugs: Stärkere Orientierung am medizinischen Bedarf notwendig7. Januar 2025 Foto: H_Ko/stock.adobe.com Ein Team aus dem IQWiG hat Nutzenbewertungen von Orphan Drugs aus gut zehn Jahren analysiert. Onkologische Indikationen sind überrepräsentiert, obwohl hier in den meisten Fällen bereits aktive Behandlungsmöglichkeiten existieren. Die Zahl der Zulassungen von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen (Orphan Drugs) ist in Europa in den vergangenen 20 Jahren deutlich angestiegen. Das ist auch die Folge einer Förderung der Entwicklung auf europäischer Ebene. Damit sollte eigentlich die Entwicklung von Wirkstoffen gegen bisher nicht oder sehr unzureichend behandelbare seltene Erkrankungen gefördert werden. Aber gelingt dies? Bereits Anfang 2022 hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einem Arbeitspapier Beschlüsse zu Orphan-Drug-Nutzenbewertungen ausgewertet und dabei in etwa der Hälfte der Fälle letztlich keinen Zusatznutzen gegenüber der Standardbehandlung festgestellt. In einer neuen Publikation im „International Journal of Technology Assessment in Health Care“ legt ein IQWiG-Team unter der Leitung von Philip Kranz nun weitergehende Analysen vor. Orphan Drugs sollen insbesondere den ungedeckten medizinischen Bedarf („unmet medical need“) adressieren, also Erkrankungen ohne bestehende Therapiemöglichkeiten. Oft ist das jedoch nicht der Fall: Für 58 Prozent der untersuchten Fragestellungen standen zum Zeitpunkt der Bewertung bereits aktive Therapien zur Verfügung. In onkologischen Indikationen war dies für 88 Prozent, in nichtonkologischen Indikationen hingegen nur für 24 Prozent der Fragestellungen der Fall. Zudem waren onkologische Indikationen – in denen im Allgemeinen die Preise besonders hoch sind – bei den Zulassungen stark überrepräsentiert, während es für viele andere seltene Erkrankungen nach wie vor keine neuen Wirkstoffe gibt. Die Wahrscheinlichkeit eines Zusatznutzens in regulären Nutzenbewertungen von Orphan Drugs mit nichtonkologischen Indikationen war höher als bei neuen Wirkstoffen gegen seltene Krebserkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Zusatznutzen steigt also, sofern bisher keine aktiven Behandlungsmöglichkeiten existieren. Abschließend diskutiert das Team, wie sich Forschungsinfrastruktur und Förderlandschaft für seltene Erkrankungen verbessern ließen, damit die Entwicklungsanreize in den Indikationen ankommen, in denen sie am dringlichsten benötigt werden.
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