ISHLT 2024: Robotergestützte Lungentransplantation – ist die Zeit reif oder nicht?

Beim diesjährigen ISHLT-Kongress diskutierten Fachleute, ob die Zeit für robotergestützte Lungentransplantation schon gekommen ist oder nicht. (Foto: © Damian/stock.adobe.com)

Roboter werden zwar inzwischen häufig zur Unterstützung bei Operationen eingesetzt werden, jedoch noch nicht routinemäßig bei Lungentransplantationen. Ist die Zeit dafür nun gekommen? Bei der Jahrestagung der International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT) waren sich Experten nicht einig.

Dr. Albert Jauregui, Leiter der Abteilung für Thoraxchirurgie und Lungentransplantation der Universitätsklinik Vall d’Hebron in Barcelona (Spanien), erläuterte anlässlich des ISHLT-Kongresses in Prag (Tschechien) die Vor- und Nachteile robotergestützter Eingriffe in diesem Kontext und erklärte: „Wir führen seit einigen Jahren robotergestützte, minimalinvasive Operationen bei Lungenkrebs durch. Lungenkrebspatienten profitieren bereits von Roboterplattformen, dadurch, dass man ihre Operation weniger invasiv gestalten kann. Patienten aber, die eine Lungentransplantation brauchen, wird immer noch ein aggressiver Eingriff angeboten. Für unser Team ergab das keinen Sinn. Wir hatten das Gefühl, dass sich die Dinge ändern mussten.“

Im Februar 2023 führte Jaureguis Team daher die erste robotergestützte unilaterale Lungentransplantation in Spanien durch, drei Monate später die zweite. Beide Patienten zeigten postoperativ eine deutliche Besserung und benötigten nur eine leichte Medikation gegen die durch den chirurgischen Eingriff bedingten Schmerzen.

„Wir haben unser Hauptziel mit diesem minimalinvasiven Ansatz erreicht – nämlich die Größe des chirurgischen Schnittes zu reduzieren und den Bedarf an starken Schmerzmitteln zu reduzieren, die die Wundheilung beeinträchtigen“, unterstrich Jauregui. „Wir sind mit dem Ergebnis der ersten Lungentransplantationspatienten mit Roboterchirurgie zufrieden, aber wir müssen weiter daran arbeiten, diese Art der Operation mehr Patienten anbieten zu können.“

Jaureguis Team verbrachte viel Zeit im Labor und führte robotergestützte Operationen an synthetischen Lungen durch, bevor es zu großen Tiermodellen überging. Mittels Deflation der Lunge und indem sich die Chirurgen auf die Flexibilität der Haut verließen, stellten sie fest, dass sie mit einer kleinen Inzision unterhalb des Sternums arbeiten konnten. „Lungentransplantationen sind sehr schwierige Eingriffe – von der Spenderauswahl über die Operation bis zur postoperativen Phase“, machte Jauregui deutlich. „Im Gegensatz zu anderen Organen, die alle geschützt im Körper liegen, ist die Lunge über die Atmung mit der Umwelt verbunden. Es ist eines der am schwierigsten zu transplantierenden Organe.“

Nach den beiden erfolgreich verlaufenen robotergestützten Lungentransplantationen begann Jaureguis Team mit einem Medizintechnikunternehmen zusammenzuarbeiten, um Roboterinstrumente speziell für Lungentransplantationen zu entwickeln. „Unser nächstes Ziel ist die Durchführung einer bilateralen Lungentransplantation“, sagte er. „Wir planen, dieses Jahr fünf und nächstes Jahr zehn robotergestützte Eingriffe durchzuführen.“ Ein weiteres Ziel der von Jauregui geleiteten Abteilung ist die Verbreitung der neuen Technik in weiteren Lungentransplantationsprogrammen. „Wir glauben, dass es für die Patienten besser ist, den Eingriff weniger invasiv zu gestalten, wir benötigen jedoch eine größere Anzahl von Eingriffen, um unsere Theorie zu bestätigen“, sagte er.

Prof. Konrad Hoetzenecker, Leiter des Wiener Lungentransplantationsprogramms in Österreich, räumte auf derselben Veranstaltung im Rahmen des ISHLT-Kongresses ein, dass die Minimierung der Inzisionen bei Lungenkrebspatienten das chirurgische Trauma reduziert hat. „Der Versuch, dasselbe bei Lungentransplantationen zu erreichen, klingt zunächst einmal vernünftig.“ Hoetzenecker ergänzte: „Für eine Technik der robotergestützten Lungentransplantation ist es jedoch noch zu früh, und es ist fraglich, ob eine Roboterplattform jemals zur Unterstützung der Lungentransplantation geeignet sein wird. „Im Gegensatz zu anderen Thoraxeingriffen ist die Operationszeit ein wesentlicher Faktor für die Funktionalität des implantierten Spenderorgans. Der Einsatz eines Roboters bei Lungentransplantationen bedeutet längere Operationszeiten und stellt eine erhebliche Gefahr für die Transplantatfunktion und das Überleben eines Patienten dar.“ Hoetzenecker betonte außerdem, dass Roboterplattformen erheblich weiterentwickelt werden müssen, bevor sie letztendlich eine Option für Lungentransplantationen werden könnten.