Jeder siebte Kindstod durch Infektionen der unteren Atemwege verursacht31. Oktober 2019 Foto: © Stephanie Frey/Adobe Stock Trotz eines starken Rückgangs der Kindersterblichkeit aufgrund von Pneumonien und Influenza seit 1990 sind diese und andere Infektionen der unteren Atemwege (LRI) nach wie vor die häufigsten Todesursachen bei Kindern im Alter bis zu fünf Jahren. Einer neuen wissenschaftlichen Studie zufolge sind LRI weltweit für jeden siebten Kindstod verantwortlich. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass es keine allgemeingültige Lösung gibt, um die Kindersterblichkeit aufgrund von LRI in jedem Land signifikant zu senken“, sagt Dr. Bobby Reiner, Seniorautor der Studie vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) an der Medizinischen Fakultät der Universität Washington. „Wie können wir also Fortschritte machen? Indem wir Lösungen auf die Bedürfnisse jedes Landes zuschneiden und alle Faktoren des Wandels – von der Luftverschmutzung bis zur Impfstoffversorgung, von zunehmendem Stillen bis zum Einsatz von Antibiotika – ganzheitlich betrachten.“ Die Studie ergab, dass LRI-Todesfälle bei Kindern zwischen 1990 und 2017 weltweit um 65 Prozent zurückgingen und von 2,3 Millionen auf 809.000 sanken. Dies machte 15 Prozent der 5,4 Millionen Todesfälle unter Kindern im Jahr 2017 aus. Fast die Hälfte davon ereignete sich in Indien (185.429 Todesfälle), Nigeria (153.069) und Pakistan (40.480) zusammen. Von den 195 untersuchten Ländern verzeichnete Niger mit einem Rückgang um mehr als 75 Prozent den stärksten Rückgang der Sterblichkeitsrate: von 1349 Todesfällen pro 100.000 Kinde (der höchsten Rate weltweit im Jahr 1990) auf 330 im Jahr 2017. Das Tempo, mit auf dem Gebiet der LRI Fortschritte gemacht werden, sei jedoch hinter dem bei anderen Infektionskrankheiten im Kindesalter, wie Tetanus und Masern, zurückgeblieben, so die Studienautoren. Die Untersuchung ist Teil der jährlichen Global Burden of Disease Study (GBD). Die Analyse liefert vergleichbare Schätzungen der LRI-Mortalität und der damit verbundenen Risikofaktoren in 195 Ländern und Gebieten. Neben Grippe und Pneumonie gehören zu den LRI auch Infektionen mit Haemophilus influenza Typ b (Hib) und anderen Atemwegsviren. Reiner und Kollegen stellten fest, dass die LRI-Inzidenz in den meisten Ländern langsamer als die LRI-Mortalität sank, was darauf hindeutet, dass Verbesserungen beim Schutz vor dem Tod aufgrund einer solchen Erkrankung die Verbesserungen bei der Reduzierung des zugrunde liegenden Infektionsrisikos übertreffen dürften. Zwischen 1990 und 2017 hat sich der weltweite Prozentsatz der Menschen, die an LRI erkrankten und anschließend verstarben, von zwei Prozent auf ein Prozent halbiert. 2017 variierte dieser Prozentsatz jedoch beträchtlich von Land zu Land und reichte von weniger als 0,1 Prozent in Saudi-Arabien und Slowenien bis zu 5,8 Prozent in Nigeria. „Infektionen der unteren Atemwege bleiben schädlich und vermeidbare Ursachen für vorzeitigen Tod“, betont Dr. Simon I. Hay, ebenfalls Seniorautor der Studie und Direktor der Local Burden of Disease (LBD) Group am IHME. „Die Abnahme von LRI zu beschleunigen, ist für Nationen, die das Ziel der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung in Bezug auf die Sterblichkeit von Kindern unter 5 Jahren erreichen wollen, von entscheidender Bedeutung.“ Die GBD-Studie ergab außerdem, dass es im Jahr 2017 im Südsudan mit 528 Todesfällen pro 100.000 Kinder zu der höchsten LRI-Sterblichkeitsrate kam. Die weltweite Kindersterblichkeitsrate durch LRI ging von 363 Todesfällen pro 100.000 Kinder unter 5 Jahren im Jahr 1990 um 67 Prozent auf 119 im Jahr 2017 dramatisch zurück. Ein weiteres Ergebnis: Usbekistan hatte von allen Ländern mit 40 Prozent den höchsten Prozentsatz an Todesfällen bei Kindern, die auf LRI zurückzuführen waren. China und die Türkei verzeichneten einige der am schnellsten erzielten Verbesserungen beim Healthcare Access and Quality Index (HAQ), einem zusammengesetzten Maß für vermeidbare Sterblichkeit. Diese Verbesserung lässt darauf schließen, dass die Gesundheitssysteme in China und der Türkei eine positive Entwicklung durchgemacht und wahrscheinlich zu dem raschen Rückgang der LRI-Mortalität beigetragen haben. Die Ergebnisse der GBD-Studie zeigen außerdem, dass mehr als die Hälfte aller weltweiten LRI-Todesfälle bei Kindern im Jahr 2017 in Afrika auftraten. Um die Identifizierung von LRI-Krisenherden zu erleichtern, haben Reiner und Hay kürzlich eine zweite, eingehendere Studie veröffentlicht, in der die Todesfälle von Kindern durch LRI in 52 afrikanischen Ländern auf der Ebene einzelner Distrikte erfasst werden. Die in „Nature Microbiology“ veröffentlichte Analyse ist Teil des Projekts Local Burden of Disease (LBD). Die neuen LBD-Präzisionskarten zeigen erhebliche Unterschiede in der LRI-Kindersterblichkeit innerhalb der einzelnen Länder. Indem sie die afrikanischen Länder auf die Ebene sekundärer Verwaltungseinheiten (Bezirke oder Provinzen) herunterrechnen, werden Enklaven mit einem Fortschritt in dieser Beziehung sowie Hot-Spots mit hohem Risiko erkennbar. Die Studie ergab, dass sich trotz aller Fortschritte im Jahr 2017 ein großer, zusammenhängender Hot-Spot mit hohem LRI-Mortalitätsrisiko auf 54 Bezirke in der Zentralafrikanischen Republik, im Südsudan, im Tschad, im Niger, in Kamerun, in der Demokratischen Republik Kongo und in Nigeria ausdehnte. Auf diesen Cluster entfielen 2017 insgesamt 31 Prozent aller Todesfälle von Kindern durch LRI, aber nur 13 Prozent der Kinder in Afrika. Das Forschungsteam arbeitet daran, diese umfassenden Kartierungstechniken auf alle Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen auszudehnen, um besser zu verstehen, wo Interventionen den größten Einfluss haben könnten. Zu den wichtigsten Ergebnissen der LBD-Untersuchung gehört, dass während sich in Somalia und Kenia einige der Bezirke mit den höchsten Sterblichkeitsraten auf dem gesamten Kontinent befanden, das Risiko, dass ein Kind an LRI stirbt, in diesen Gebieten bis 2017 drastisch gesunken war. Umgekehrt und entgegen der allgemeinen Tendenz zur Senkung der Sterblichkeitsrate scheint in mehreren Bezirken im Südsudan die LRI-Kindersterblichkeitsrate seit 2000 gestiegen zu sein. Der größte absolute Rückgang der LRI-Inzidenzraten unter allen kartierten Gebieten war im sudanesischen Bundesstaat Blauer Nil (An-Nil al-azraq) zu verzeichnen, und zwar von 419 Episoden pro 1000 im Jahr 2000 auf 222 im Jahr 2017. Im Jahr 2017 variierten die LRI-Inzidenzen in vier Ländern zwischen den kartierten Einheiten um mehr als das Dreifache: Nigeria, Somalia, Äthiopien und Senegal. In Nigeria hatte der Bundesstaat Yobe einige der höchsten Raten von LRI-Episoden in ganz Afrika (148 Episoden pro 1000), während Anambra nur 32 Episoden pro 1000 dokumentierte. Der Global Action Plan for the Prevention and Control of Pneumonia and Diarrhoea (GAPPD) hat eine Verringerung der Kindersterblichkeit aufgrund von LRI auf weniger als 3 Todesfälle pro 1000 pro Jahr bis 2025 gefordert. 41 untersuchte Länder scheinen die Zielvorgaben in jedem Bezirk innerhalb ihrer Landesgrenzen zu erfüllen, während elf Länder mindestens einen Bezirk haben, der das gesteckte Ziel vermutlich nicht erreichen wird.
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