Jugendliche und Heranwachsende wissen zu wenig über Krankheitserreger wie Covid-19

Management aktiver Zoonosen mit dem One Health Ansatz Foto: © Zucca P et al.

Eine schulbasierte wissenschaftliche Untersuchung in Italien, Österreich, Deutschland, Slowenien, Mauritius und Japan zeigt, dass junge Menschen zu wenig über die wechselseitige Krankheitsübertragung von Tieren auf Menschen (Zoonosen) und das integrative Management von gesundheitlichen Risiken (One-Health-Konzept) wissen. Die Ergebnisse der internationalen Untersuchung wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Frontiers in public health“ veröffentlicht.

Das EU finanzierte BIOCRIME-Konsortium hat mit Unterstützung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) eine wissenschaftliche Untersuchung zum Thema illegaler Kleintierhandel und die damit verbundene Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern durchgeführt.

Die Untersuchung konzentrierte sich auf die Schwerpunkte „illegaler Kleintierhandel“ und den Wissensstand und die richtigen Verhaltensweisen von Jugendlichen und Heranwachsenden mit „Zoonosen“ und dem „One Health Konzept“. One Health ist ein Ansatz, der anerkennt, dass die Gesundheit der Menschen eng mit der Gesundheit der Tiere und unserer gemeinsamen Umwelt verbunden ist.

Insgesamt nahmen 656 SchülerInnen aus sechs Ländern an der Untersuchung teil. Die SchülerInnen beantworteten einen anonymen Fragebogen und im Anschluss wurde eine theoretische und praktische Unterrichtseinheit durchgeführt, die die richtigen Ergebnisse der Umfrage auflöste. Nach vier Wochen – in der Zwischenzeit hatten sich die SchülerInnen weiter mit dem Thema Zoonosen und One Health Ansatz beschäftigt – wurde eine zweite theoretisch-praktische Unterrichtseinheit durchgeführt. Im direkten Anschluss wurde der gleiche Fragebogen ein zweites Mal anonym beantwortet.

Tollwut ist eine weltweit verbreitete Zoonose – und sie ist auch wahrhaft gefährlich …

Das Ergebnis der ersten Fragebogenbeantwortung zeigte, dass der Anteil von SchülerInnen, die nicht wussten, dass Tiere viele Erkrankungen auf den Menschen und umgekehrt übertragen können, bei 28,96 Prozent lag. Der Anteil von TeilnehmerInnen, die nicht wussten, was eine Zoonose ist, lag bei 32,16 Prozent. Das Unwissen über das One-Health-Konzept lag bei den Jugendlichen bei 31,40 Prozent, beziehungsweise wurde von 59,91 Prozent der SchülerInnen falsch beantwortet, ferner wurde von 23,02 Prozent der TeilnehmerInnen die Tollwut als eine nicht gefährliche Erkrankung angesehen.

Nach den beiden theoretisch-praktischen Unterrichtseinheiten der ersten Befragung wurde der gleiche Fragebogen zum Abschluss des Wissensvermittlungsprozesses erneut ausgefüllt. Das Ergebnis, der Anteil der korrekten Antworten (Wissenszuwachs) erhöhte sich um 21,92 Prozent.

Unwissenheit unter SchülerInnen ist verblüffend hoch

Je nach Geschlecht und Land gab es unterschiedliche Ausprägungen in der Richtigkeit der beantworteten Fragen. Insgesamt lag aber bei mehr als einem Drittel der teilnehmenden SchülerInnen dieser Untersuchung eine ausgeprägte Unwissenheit über zoonotische Risiken und ein Mangel am Verständnis über die Inhalte des One Health Konzeptes vor.

„Das ist ein ernst zu nehmendes Problem für die öffentliche Gesundheit. Es bedeutet, dass mehr als ein Drittel der an der Untersuchung teilgenommenen SchülerInnen sich nicht darüber bewusst ist, welches zoonotische Risiko sie eingehen, wenn sie mit Tieren aus dem illegalen Kleintierhandel in Kontakt kommen. Daher empfehle ich, die Aufklärung über Zoonosen und dem One Health Konzept mittels theoretisch-praktischen Lehreinheiten im Curriculum und den Lehrplänen von Schulen fest zu verankern“, erklärt Erstautor der Untersuchung Paolo Zucca, vom Central Directorate for Health, Social Policies and Disabilities, in Italien.

In Deutschland kam Sir Isaac Newton“ an den Schulen zum Einsatz

„In Deutschland haben wir für den praktischen Teil der Aufklärung über Zoonosen an Schulen den Forschungsspürhund Sir Isaac Newton vom Leibniz-IZW eingesetzt, der den SchülerInnen gezeigt hat, wie Hunde illegal versteckte Tiere in Gepäckstücken aufspüren können“, berichtet Leibniz-IZW Wissenschaftlerin Susanne Holtze.

„Unsere internationale Forschungsarbeit betont, wie wichtig der Wissensaustausch zum Thema Zoonosen und dem One Health Konzept bei den jungen Generationen ist. Die Covid-19 Pandemie zeigt uns allen, dass die Übertragung von Krankheiten aus der Tierwelt nicht nur bloße Theorie ist, sondern eine echte Gefahr bedeutet“, erklärt Wissenschaftskommunikator und Coautor Steven Seet vom Leibniz-IZW.

Mehr als 60 Prozent der 1700 bekannten Infektionskrankheiten, die auf den Menschen übertragbar sind, stammen von Tieren. Die wiederholten und häufigen zoonotischen Ausbrüche, wie die jüngste COVID-19-Pandemie, sind auf den Einfluss des Menschen auf die Natur zurückzuführen.

Insbesondere die Schaffung riesiger intensiver Haustierfarmen, der häufige Einsatz von Antibiotika in intensiven Zuchtbetrieben, die Zerstörung von Wäldern, der Verzehr von Wildfleisch (Buschfleisch) und der „illegale Tierhandel“ sind Faktoren, die das Auftreten und die Übertragung von Krankheiten von Tieren auf Menschen begünstigen. „Programme zur Früherziehung und Gesundheitsprävention in Schulen, die die Zusammenhänge von Zoonosen im Rahmen des One Heath Konzeptes erklären, sind eine grundlegende Voraussetzung für die Gesundheit der Bevölkerung und die Vermeidung zukünftiger Pandemien“, erklärt Jeannette Wichert, Biologie- und Chemielehrerin am Robert Havemann Gymnasium in Berlin.

Partner, Kooperationspartern und Stakeholder des EU BIOCRIME Projektes:
https://www.biocrime.org/partners

Originalpublikation:
Zucca P et al. (2021): What do adolescents know about One-Health and Zoonotic risks? A school-based survey in Italy, Austria, Germany, Slovenia, Mauritius and Japan. Frontiers in Public Health. Manuscript ID: 658876.
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpubh.2021.658876/full