Kann die Geruchsschwelle von n-Butanol andere Geruchseffekte vorhersagen?9. Juni 2020 Geruchstest: Sniffin‘ Sticks, Olfaktometer und IfADo-Expositionslabor (v.l.n.r.). Foto: IfADo Wie aussagekräftig ist das gängige Vorgehen zur Beurteilung des Riechvermögens von Personen mittels n-Butanol? ForscherInnen am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) konnten erstmals experimentell bestätigen, dass die Geruchsschwelle für n-Butanol mit der Bewertung anderer Gerüche unter normalen Atembedingungen zusammenhängt. Um Gerüche und deren Wirkung auf uns beurteilen zu können, kommt es allein auf die Empfindlichkeit der menschlichen Nase an. Da jeder Gerüche jedoch individuell bewertet, muss die sensorisch-olfaktorische Prüfung von Innenräumen, Baumaterialien oder Arbeitsplatzchemikalien sehr standardisiert erfolgen. Um zu bestimmen, ob Gerüche unangenehm oder belästigend sind, wird fast ausschließlich mit n-Butanol als Referenzstoff gearbeitet. Das heißt: Potenzielle Prüfpersonen müssen in der Lage sein, eine bestimmte Konzentration dieses „weinartig“ riechenden Referenzstoffes zu riechen. Nur wenn die von ihnen gerade noch wahrgenommene n-Butanol-Konzentration (Geruchsschwelle) innerhalb eines normierten Bereiches liegt, dürfen sie an Prüfstudien teilnehmen. Auch in der Medizin wird die Geruchsschwelle von n-Butanol genutzt, um einen gestörten Geruchssinn zu diagnostizieren. Ob die Geruchsschwelle für n-Butanol tatsächlich mit Geruchseffekten in Situationen jenseits eines bestimmten Laborsettings oder mit der Wahrnehmung und Bewertung anderer Gerüche zusammenhängt, ist bisher noch größtenteils unklar. Ein Team des IfADo um den Neurotoxikologen und Chemosensoriker PD Dr. Christoph van Thriel hat mit der MSH Medical School Hamburg untersucht, wie valide die gängigen Messverfahren sind. Demnach kann die Geruchsschwelle für n-Butanol einen aussagekräftigen Indikator für die individuelle Geruchsempfindlichkeit darstellen. Vergleich: Riechstifte, Olfaktometrie und Expositionslabor In der aktuellen IfADo-Studie wurde die n-Butanol-Geruchsschwelle von 35 Testpersonen ermittelt. Die Forschenden haben die zwei in der Praxis gängigen Verfahren eingesetzt: Riechstifte (Sniffin‘ Sticks) und ein Riechgerät, das sogenannte Olfaktometer. Die Riechstifte enthalten Duftstoffe unterschiedlicher Konzentration. Testpersonen müssen jeweils immer wieder den einen von drei Stiften erkennen, der nach n-Butanol riecht. Im Olfaktometer wird n-Butanol hingegen unterschiedlichen stark verdünnt präsentiert, bis die Person eine bestimmte Konzentration wiederholt wahrnimmt. Beide Verfahren nähern sich der individuellen Geruchsschwelle also durch richtige beziehungsweise falsche Antworten der Testperson an. Um natürlichere Atembedingungen zu schaffen, hat das Team die Geruchsschwelle zudem erstmals in einem Expositionslabor ermittelt – ein 28 Quadratmeter großer Raum mit vier PC-Arbeitsplätzen. Vor den Versuchen mit den Riechstiften und dem Olfaktometer waren die Testpersonen jeweils eine halbe Stunde im Labor, in dem die n-Butanol-Konzentration über die Luft schrittweise anstieg. Alle fünf Minuten wurden sie über den PC gefragt, ob sie etwas riechen oder nicht. Realistische Einschätzung durch Olfaktometrie-basierte Werte Die Daten der Studie zeigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen den mithilfe von Riechstiften und Olfaktometrie abgeleiteten Schwellenwerten. „Interessant ist, dass die Olfaktometrie-Ergebnisse zu den Schwellenwerten aus dem Expositionslabor passen. Hier konnten wir ebenfalls einen signifikanten Zusammenhang feststellen“, sagt van Thriel. „Das deutet darauf hin, dass die mittels Olfaktometrie abgeleiteten Schwellenwerte durchaus geeignet sind, um die individuelle Geruchsempfindlichkeit realistisch einzuschätzen.“ Um zu untersuchen, ob die individuelle n-Butanol-Riechschwelle auch etwas über die Empfindlichkeit gegenüber anderen Stoffen aussagt, wurde eine anschließende 75-minütige Messreihe mit steigender Ammoniakkonzentration im Expositionslabor durchgeführt. „Personen, die eine höhere Empfindlichkeit gegenüber n-Butanol haben, bewerten Ammoniak auch als unangenehmer. Dieser häufig postulierte Zusammenhang konnte nun zum ersten Mal experimentell unter möglichst natürlichen Atembedingungen in unserem Expositionslabor bestätigt werden. Das bedeutet für die Praxis eine Bestätigung des bisherigen Vorgehens. Bei genauer Betrachtung der Daten ergibt sich allerdings erheblicher Forschungsbedarf, um diese ‚Vorhersagen‘ in der Geruchsforschung zu verbessern“, so van Thriel. Originalpublikation:Pacharra M et al. Sniffin’ Sticks and Olfactometer-Based Odor Thresholds for n-Butanol: Correspondence and Validity for Indoor Air Scenarios. Atmosphere 2020.
Mehr erfahren zu: "Asthma: Forschende identifizieren Schlüsselfaktor für schwere Exazerbationen nach Virusinfektionen" Asthma: Forschende identifizieren Schlüsselfaktor für schwere Exazerbationen nach Virusinfektionen Warum führen Virusinfektionen bei manchen Patienten mit Asthma zu Exazerbationen, während andere kaum Beschwerden haben? Wissenschaftler des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum (FZB) haben den zugrunde liegenden Mechanismus entschlüsselt.
Mehr erfahren zu: "Neustart für das Programm für Nationale Versorgungsleitlinien" Neustart für das Programm für Nationale Versorgungsleitlinien Nach der Auflösung des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin, das bis 2024 das Programm koordinierte und redaktionell betreute, war nach einer Möglichkeit gesucht worden, die Arbeit an den […]
Mehr erfahren zu: "Stimmbandverletzungen: Neues injizierbares Gel vielversprechender Therapieansatz" Stimmbandverletzungen: Neues injizierbares Gel vielversprechender Therapieansatz Ein US-amerikanisches Forscher-Team hat ein injizierbares Hydrogel zur Therapie von Stimmbandverletzungen entwickelt. In vitro und im Tiermodell hat es sich in einer präklinischen Studie als vielversprechend gezeigt.