Zusammenhang zwischen freien Kappa-Leichtketten im Liquor und Hirnschäden bei Multipler Sklerose

Liquorprobe (CSF) für die Messung freier Kappa-Leichtketten bei MS
Höhere Liquor-Werte der freien Kappa-Leichtketten (κ-FLC) sind mit größerer periventrikulärer Läsionslast und geringerer kortikaler Dicke bei Multipler Sklerose assoziiert. (Bild: © MdBabul/stock.adobe.com)

Eine retrospektive Grazer Kohorte zeigt: Höhere Liquor-Werte der freien Kappa-Leichtketten (κ-FLC) sind mit größerer periventrikulärer Läsionslast und geringerer kortikaler Dicke bei Multipler Sklerose assoziiert. Die Daten unterstreichen das Potenzial von κ-FLC als zusätzlichem Biomarker.

Hintergrund und Ziele

Freie Kappa-Leichtketten (κ-FLC) sind ein quantitativer Biomarker für die intrathekale Immunglobulinsynthese und weisen eine diagnostische Genauigkeit auf, die mit der von oligoklonalen Banden bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) vergleichbar ist. Der Zusammenhang zwischen κ-FLC und longitudinalen MRT-Parametern des Gehirns ist jedoch bislang unzureichend untersucht. Ziel der Studie war es, mögliche Assoziationen zwischen κ-FLC und strukturellen MRT-Veränderungen bei MS zu analysieren.

Methoden

In der retrospektiven Kohortenstudie werteten Wissenschaftler um Letztautor Dr. Michael Khalil von der Medizinischen Universität Graz (Österreich) Serum- und Liquorproben von MS-Patienten aus, bei denen zwischen 2005 und 2020 mindestens ein Jahr nach der Lumbalpunktion ein zerebrales MRT durchgeführt wurde. Die κ-FLC-Konzentrationen wurden in gepaarten Serum- und Liquorproben mittels Optilite-Turbidimetrie quantifiziert. Der κ-FLC-Index wurde als Quotient aus κ-FLC und Albumin berechnet. MS-Läsionen wurden auf FLAIR-Bildern mithilfe des Läsionsvorhersagealgorithmus der LST-Toolbox (SPM) segmentiert und in periventrikuläre Läsionen (PVL) und Nicht-PVL kategorisiert. Zusätzlich wurden Assoziationen zwischen κ-FLC und einer Schädigung in liquornahen Hirnregionen untersucht. Gehirnvolumina (kortikale graue Substanz, subkortikale graue Substanz, weiße Substanz) sowie die durchschnittliche kortikale Dicke wurden mit FreeSurfer v6.0 bestimmt.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 109 Teilnehmende in die Studie eingeschlossen (66 % weiblich, mittleres Alter 33,0 ± 9,5 Jahre). Teilnehmende mit einem κ-FLC-Index größer als der Median wiesen eine signifikant höhere PVL-Last (Median: 3,2 cm³ [Interquartilsabstand {IQR} 1,5–8,4]) auf als solche mit Werten unterhalb des Medians (Median: 1,9 cm³ [IQR 0,9–3,3], p = 0,007).

In Regressionsmodellen, adjustiert für Alter, Geschlecht, Nachbeobachtungszeit, initiale Kortikosteroidtherapie und krankheitsmodifizierende Therapie, waren sowohl der κ-FLC-Index zu Studienbeginn als auch die κ-FLC-Konzentration im Liquor unabhängig voneinander mit einer höheren Gesamtläsionslast (κ-FLC-Index: B = 0,283; 95 %-KI 0,130–0,436; p < 0,001; κ-FLC-Konzentration im Liquor: B = 0,255; 95 %-KI 0,105–0,405; p = 0,001) und einer höheren PVL-Last (κ-FLC-Index: B = 0,286; 95 %-KI 0,123–0,449; p = 0,001; κ-FLC-Konzentration im Liquor: B = 0,274; 95 %-KI 0,115–0,433; p = 0,001) im Follow-up assoziiert.

Beide Parameter korrelierten zudem mit einer geringeren mittleren kortikalen Dicke (κ-FLC-Index: B = −0,001; 95 %-KI −0,001–0,0001; p = 0,011; CSF κ-FLC: B = −0,001; 95 %-KI −0,001–0,0001; p = 0,010).

Diskussion

Höhere κ-FLC-Werte waren sowohl mit einer ausgeprägten PVL-Last als auch mit kortikaler Pathologie – also mit Veränderungen in Regionen, die an den Liquorraum angrenzen – assoziiert. Trotz der begrenzten Fallzahl weisen die Ergebnisse den Autoren zufolge darauf hin, dass κ-FLC potenziell diagnostische und prognostische Relevanz als Biomarker bei MS besitzen.

(lj/BIERMANN)

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