Kardio-Onkologie: Das aufstrebende Fachgebiet28. September 2022 Abbildung: ©Chinnapong/stock.adobe.com Mit der steigenden Zahl an Überlebenden nach Tumorerkrankungen tritt ein bislang wenig beachtetes Gesundheitsrisiko zunehmend ins Blickfeld der Medizin: Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Folge von Krebstherapien. Inzwischen liegen durch Krebsmedikamente ausgelöste oder verstärkte kardiovaskuläre Erkrankungen auf Platz zwei der Ursachen für Langzeit-Morbidität und Mortalität von Krebsüberlebenden. Zum Weltherztag am 29. September schärft Jutta Bergler-Klein von der Klinischen Abteilung für Kardiologie der MedUni Wien (Österreich) das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen insbesondere bei Krebspatientinnen und -patienten. Kardio-Onkologie heißt das vergleichsweise junge Fachgebiet zur Erforschung der Zusammenhänge zwischen Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen, den beiden häufigsten Todesursachen in westlichen Industrienationen. Aufgrund der Verbesserung der Prognose bei Tumorerkrankungen gewinnt das Phänomen der Kardiotoxizität zunehmend an Bedeutung. Das sind Schädigungen des Herzens, die Chemotherapien und/oder Bestrahlungen bei den Patientinnen und Patienten verursachen oder verstärken können. „Wir wissen heute, dass Kardiotoxizität zu Bluthochdruck, Klappenerkrankungen, frühzeitigen Koronargefäß-Verkalkungen, Herzschwäche, Koronarsyndromen wie Herzinfarkt oder Rhythmusstörungen führen kann“, verdeutlicht Bergler-Klein. 2018 hat die Kardiologin an der MedUni Wien eine Spezialambulanz für Kardio-Onkologie ins Leben gerufen und setzt sich dafür ein, sowohl in der Ärzteschaft als auch bei Betroffenen das Bewusstsein für ihr Spezialgebiet zu schärfen, das durch die steigende Zahl an Krebsüberlebenden zunehmend ins Blickfeld der Medizin rückt. Herzschutz vor, während und nach Krebstherapie Wie die kardio-onkologische Forschung zeigt, können nicht nur Krebsmedikamente, sondern auch von Tumoren produzierte Stoffe die Herzfunktion beeinträchtigen. Umgekehrt bedingt eine chronische Herzschwäche einen chronischen systemischen Entzündungszustand, welcher die Entstehung von Tumoren begünstigen kann. Prävention und Management von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind daher zu jeder Zeit wichtig, insbesondere nach einer Krebsdiagnose sowie vor, während und nach einer Krebstherapie. Ziel der zu treffenden Maßnahmen muss in jedem Fall sein, die lebenswichtige Behandlung des Tumors weder zu verzögern noch zu beeinträchtigen. Klare Richtlinien für die primäre und sekundäre kardiovaskuläre Prävention bei Krebspatientinnen und -patienten wurden kürzlich erstmals von einer internationalen Arbeitsgruppe unter Mitwirkung von Jutta Bergler-Klein in kardio-onkologischen Guidelines zusammengefasst. Einen Beitrag zum Schutz ihres Herz-Kreislauf-Systems können aber auch Betroffene selbst leisten: „Kardiale Risikofaktoren, wie hoher Blutdruck und Cholesterinspiegel sollen umgehend behandelt werden. Bewegung und sportliche Betätigung, soweit möglich sogar während der Chemotherapien, können die mögliche Kardiotoxizität reduzieren, indem z. B. Sauerstoffradikale inaktiviert werden und der Muskelabbau verhindert wird“, betont Bergler-Klein.
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