Kardiologen fordern politische Maßnahmen zur Reduktion des Nikotinkonsums

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„Kein anderes legales Produkt schädigt die Gesundheit und auch die Volkswirtschaft so eklatant wie Zigaretten“, sagt DGK-Präsident Prof. Holger Thiele. „Es wird Zeit, dass wir 145.000 Sterbefälle durch die Folgen des Rauchens pro Jahr nicht mehr achselzuckend hinnehmen!“

Eine der höchsten Raucherquoten in Westeuropa und gleichzeitig eine vergleichsweise niedrige Tabaksteuer sorgen in Deutschland für zahlreiche verlorene oder in Krankheit verbrachte Lebensjahre. Schätzungsweise 145.000 Menschen sterben hierzulande an den Folgen des Rauchens – jedes Jahr. Die im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Studie unter der Leitung von Prof. Christina Magnussen vom Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg untersuchte kürzlich, wie viele gesunde Lebensjahre eine Person hinzugewinnt, wenn im Alter von 50 Jahren die wichtigsten kardiovaskulären Risikofaktoren – unter anderem Rauchen – nicht vorhanden sind (wir berichteten). Insbesondere Nichtraucherinnen und Nichtraucher haben mit dem 50. Lebensjahr eine 5,6 (Frauen) bzw. 5,1 (Männer) Jahre höhere Lebenserwartung als gleichaltrige Raucherinnen und Raucher. Doch auch wer mit 50 noch raucht, kann gegensteuern und viel erreichen. Dass sich der Rauchstopp immer lohnt, zeigen die Daten: Jedes Jahr ohne Zigaretten spiegelt sich in einer längeren Lebenserwartung wider.

Politische Maßnahmen sind notwendig

„Wir geben in Deutschland das meiste Geld in Westeuropa für die Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen aus und liegen bei Erkrankungshäufigkeit und Sterblichkeit ganz weit hinten“, erklärt Prof. Holger Thiele, Präsident der Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK). „Es hapert an der Früherkennung, Prävention und der Einstellung der Risikofaktoren. Hier sind andere Länder deutlich besser.“

Gleich mehrere Maßnahmen könnten Abhilfe schaffen, wie die DGK betont: Die im Dezember von allen 27 Gesundheitsministern der EU-Mitgliedsländer beschlossene Umsetzung der „Council Conclusions on the improvement of cardiovascular health“ in der EU müsse schnell und effektiv auch in Deutschland durchgesetzt werden. Dazu gehören unter anderem Programme zur Senkung des Tabakkonsums. „Ein wirksamer Hebel, um Rauchen gerade bei den jüngeren Menschen zu reduzieren, ist die Erhöhung der Tabaksteuer“, bestätigt Prof. Stefan Blankenberg, zukünftiger DGK-Präsident und Letztautor der oben genannten globalen kardiovaskulären Risiko-Studie. „Wir mussten gerade bei der jüngeren Generation zuletzt wieder steigende Rauchquoten beobachten.“

Rauchfreie Umgebungen sollen vor Tabak-bedingten Erkrankungen schützen

Der europäische Rat hat den EU-Mitgliedsstaaten eindringlich nahegelegt, mehr rauch- und aerosolfreie Zonen in der Öffentlichkeit zu schaffen und so nicht nur zu vermindertem Tabakkonsum beizutragen, sondern auch Nicht-Raucherinnen und Nicht-Raucher zu schützen. In diesen festgelegten öffentlichen Bereichen, in denen dem Rauch und den Aerosolen nicht aus dem Weg gegangen werden kann, soll das Rauchen und auch die Nutzung von E-Zigaretten und Tabakerhitzern vollständig verboten werden, wie durch andere Länder und Regionen bereits praktiziert. Dies betrifft beispielsweise Spielplätze, die Terrassen von Cafés und Restaurants, Bus- und Straßenbahnhaltestellen oder auch Fußgängerzonen.

Erhöhung der Tabaksteuer wirkt vor allem bei Jugendlichen

Ein weiteres wirksames Mittel, um gerade jüngere Menschen davon abzuhalten, mit dem Rauchen überhaupt erst anzufangen, sei die deutliche Erhöhung der Tabaksteuer und damit der Kosten für den Nikotinkonsum, so Blankenberg: Deutschland hat eine geringe Tabaksteuer aber eine hohe Rauchquote“, hält der Kardiologe fest. „Andere Länger, beispielsweise Frankreich und Schweden, sind uns hier im Längen voraus. Die neue Bundesregierung sollte das Thema unbedingt auf die Agenda setzen und schnellstmöglich umsetzen.“ Ziel müsse es sein, den Anteil der Rauchenden in der Bevölkerung auf unter fünf Prozent zu senken, wie es in Schweden bereits gelungen ist.