Kardiovaskuläres Risiko bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes im Vergleich30. Oktober 2025 Diabetes wirkt sich negativ auf das Herz aus. Je nach Erkrankungstyp unterscheidet sich das kardiovaskuläre Risiko jedoch. (Symbolfoto: ©Sudek-Mensch/Stiftung DHG) Neue Daten zum kardiovaskulären Risiko bei Diabetes sind nach Ansicht der Stiftung Diabetes/Herz/Gefäße (DHG) ein Weckruf für eine bessere Früherkennung und Behandlung. Menschen mit Diabetes sind prädestiniert für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einen vorzeitigen Tod durch kardiovaskuläre Ereignisse. Dieser Umstand ist bekannt. Doch unterscheiden sich Morbidität und Mortalität bei Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes? Dieser Frage gingen Wissenschaftler anhand einer großen, landesweiten Kohortenstudie mit bevölkerungsbasierten Daten aus Schweden nach. Sie werteten Daten aus dem schwedischen Nationalen Diabetes-Register (NDR) aus. Dabei bezogen sie alle stationären und ambulanten Aufenthalte ein, um die Inzidenz von Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, Schlaganfall und kardiovaskulärem Tod festzustellen. Ihre Ergebnisse erschienen kürzlich in „The Lancet Diabetes & Endocrinology“. Datenanalyse von mehr als 400.000 Diabetikern Untersucht wurden 404.026 in Schweden lebende Erwachsene mit Diabetes im Alter von 18 bis 84 Jahren. Diese waren im NDR und anderen nationalen Registern gemeldet. Die Nachbeobachtungszeit lief über einen Zeitraum von fünf Jahren. Der Anteil von Patienten mit Typ-1-Diabetes lag bei 9,5 Prozent (n=38.351; Altersdurchschnitt 44,1 Jahre). Die Anzahl der Patienten mit Typ-2-Diabetes betrug 90,5 Prozent (n=365.675; Altersdurchschnitt 66,4 Jahre). Für die Auswertung führten die Studienverantwortlichen Cox-Regressionsanalysen durch, die sie um Alter, Geschlecht und multiple kardiovaskuläre Risikofaktoren adjustierten. Darüber hinaus nahmen sie einen Vergleich der Typ-1- und Typ-2-Diabetes-Kohorten mit entsprechend geeigneten Kontrollgruppen ohne Diabetes vor. Alter beeinflusst kardiovaskuläres Risiko Im Ergebnis wiesen Typ-1-Diabetiker im Alter von unter 50 Jahren ein 23 Prozent höheres Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis (kombinierter primärer Endpunkt) auf als Typ-2-Diabetiker in dieser Altersklasse (Hazard Ratio [HR] 1,23; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,07–1,41). Bei älteren Typ-1-Diabetikern (> 60 Jahre) war das kardiovaskuläre Risiko mit einer HR von 0,87 hingegen geringer. Ein ähnliches Muster konnte für den Myokardinfarkt (HR 0,67) und die Gesamtmortalität (HR 0,89) bei Typ-1-Diabetikern über 60 Jahren beobachtet werden. Insgesamt und über alle Altersgruppen war allerdings das Risiko für einen Schlaganfall bei Typ-2-Diabetes niedriger (HR 0,91) als bei Typ-1-Diabetes. Anders bei der Herzinsuffizienz: Hier konnte bei Menschen mit Typ-2-Diabetes unter 50 Jahren ein höheres Risiko (HR 1,60) nachgewiesen werden. Risiko unterscheidet sich nach Erkrankungsdauer und Komorbiditäten Das schwedische Forschungsteam stellte auch fest: Lag bereits eine kardiovaskuläre Erkrankung vor, war das Risiko für Patienten mit Typ-2-Diabetes geringer als für Betroffene mit Typ-1-Diabetes. Das galt für Herz-Kreislauf-Erkrankungen insgesamt (HR 0,76), für Myokardinfarkt (HR 0,62), kardiovaskuläre Mortalität (HR 0,68) und Gesamtmortalität (HR 0,71). Nach Bereinigung um multiple kardiovaskuläre Risikofaktoren konnte in der Kohorte mit Typ-2-Diabetes verglichen mit Typ-1-Diabetes in der Summe ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Mortalität nachgewiesen werden. Eine längere Diabetesdauer war in beiden Kohorten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert. Bei Typ-2-Diabetes war die Ausprägung jedoch moderaterer als bei Typ-1-Diabetes. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss: Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes wirkt sich die lange Erkrankungsdauer mit glykämischer Belastung ungünstig aus. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sind es hingegen die häufigeren Komorbiditäten und das höhere Alter. Ergebnisse sind Spiegelbild klinischer Wirklichkeit „Dass Menschen mit Diabetes unabhängig vom Erkrankungstyp anfällig für kardiovaskuläre Komplikationen sind und das Risiko mit langer Krankheitsdauer, auch mit Komorbiditäten zunimmt, deckt sich mit unseren klinischen Erfahrungen aus drei Jahrzehnten Versorgung in Klinik und Praxis“, sagen Prof. Diethelm Tschöpe und Dr. Rolf Dörr von der Stiftung DHG in der Deutschen Diabetes Stiftung. Genau wie es Patienten gebe, die akut oder elektiv auf dem Kathetertisch landen und erstmalig von der Diagnose Typ-2-Diabetes erfahren, seien Patienten mit Typ-1-Diabetes überrascht, wenn sie von ihrer Herzerkrankung samt erforderlicher Therapieschritte hören. „Das ist auch für die behandelnden Ärzte ein alarmierender Weckruf“, betont Tschöpe. Genau diese Patienten sollten ihm zufolge hinsichtlich ihres kardiovaskulären Risikoprofils früher erkannt und intensiver betreut werden. Trotz Erkenntniszuwachs, technischem Fortschritt und bestmöglichen Behandlungsstandards bleibe noch zu viel tun, um Menschen mit Diabetes besser zu versorgen und Sterblichkeit zu reduzieren. Dies beginne bei der Prävention, Patientenaufklärung und Zusammenarbeit von Diabetologie und Kardiologie. (ah/BIERMANN)
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