Katarakt-OP trotz AMD: Antworten auf Basis aktueller Studien

Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration sollten unbedingt eine Katarakt-Operation erhalten, wenn sich das Sehvermögen durch die Linsentrübung verschlechtert.Symbolbild.© Mostafa Eissa-stock.adobe.com

Über die Frage, ob eine Katarakt-Operation eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD) verschlechtern könnte, herrscht in der Praxis große Verunsicherung. Auf der Pressekonferenz der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) gab Prof. Amelie Pielen klare Antworten auf Basis neuer Studiendaten zu diesem Thema.

Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist mit rund sieben Millionen Betroffenen in Deutschland eine regelrechte Volkskrankheit. Bei den 65- bis 74-Jährigen leiden 25 Prozent an den verschiedenen Ausprägungsformen der Netzhauterkrankung.

Die Katarakt ist noch häufiger: Ab dem 60. Lebensjahr nimmt die Erkrankungsrate deutlich zu, von den 75- bis 79-Jährigen ist schließlich jeder zweite von der Linsentrübung betroffen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass man im fortgeschrittenen Lebensalter beide Erkrankungen bekommt, ist also hoch“, erklärte Pielen, Ärztliche Klinikleitung der Maximilians-Augenklinik in Nürnberg.

Alljährlich 1,5 Millionen AMD-Injektionen

Erfreulicherweise sind beide Augenerkrankungen heute behandelbar. Bei einer Operation des Grauen Stars wird die trübe Linse durch eine klare Kunstlinse getauscht. Das stellt das Sehvermögen wieder her – meist sogar inklusive Korrektur vorhandener Refraktionsfehler. Über eine Million Katarakt- Operationen werden jährlich in Deutschland durchgeführt.

Prof. Amelie Pielen beantwortete auf der Pressekonferenz anlässlich des Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft die Frage, ob trotz einer bestehenden altersbedingten Makuladegeneration eine Katarakt-Operation erfolgen sollte. Foto.©Schulz/Biermann Medizin

„Die feuchte AMD wiederum kann mit Anti-VEGF-Medikamenten, die regelmäßig in den Glaskörper injiziert werden, zumindest aufgehalten werden“, erläuterte AMD-Expertin Pielen. Etwa 1,5 Millionen solcher intravitrealer operativer Medikamenteneingaben (IVOM) erfolgen hierzulande pro Jahr.

Auch Jüngere mit familiärer AMD-Belastung sind verunsichert

Die operativen Möglichkeiten stellen Betroffene – und teilweise auch Augenärztinnen und Augenärzte – vor neue Fragen: Verschlechtert die Katarakt-Operation womöglich eine vorhandene AMD, die mittels Injektionen behandelt wird? Könnte die Grauer-Star-Operation das Umschlagen von einer trockenen AMD in die feuchte Form auslösen oder beschleunigen? Welche Linse sollte implantiert werden? Ist es empfehlenswert, beide Eingriffe gleichzeitig vornehmen zu lassen?

„Diese Themen beschäftigen sowohl ältere Personen, die an AMD erkrankt sind“, wusste die DOG-Expertin Pielen aus täglicher Praxis zu berichten. „Aber auch jüngere, die einen Linsentausch erwägen, familiär AMD-vorbelastet sind und sich für die Zukunft absichern wollen.“

Grauer-Star-Operation verbessert die Sehschärfe bei AMD

Aufgrund der guten aktuellen Datenlage gibt es auf diese Fragen aber klare Antworten. „Wir können Patientinnen und Patienten die Unsicherheit nehmen und eindeutig sagen: AMD-Erkrankte sollten unbedingt eine Grauer-Star-Operation erhalten, wenn sich das Sehvermögen durch die Linsentrübung verschlechtert“, so Pielen. Denn in keiner Studie zeigte sich, dass eine Katarakt-Operation eine AMD verschlechtert oder das Risiko für ein Umschlagen von einer trockenen in eine feuchte AMD erhöht.

„Im Gegenteil“, fügt Pielen hinzu. „Neue Studien aus Japan, Finnland und Deutschland kamen zu dem Ergebnis, dass sich das Sehvermögen nach dem Linsentausch signifikant und anhaltend verbesserte“, betonte die DOG-Expertin. „Als würde man einen Schleier heben.“ Die Anzahl der benötigten IVOM-Behandlungen gegen die feuchte AMD hätte sich ebenfalls nicht erhöht, sondern sogar verringert.

Bei reduzierter Sehfähigkeit auf Sonderlinsen verzichten

Und welche Linsen sollten am besten implantiert werden? Zu den Sonderlinsen, die oft nachgefragt würden, lägen keine ausreichenden Daten vor, berichtete Pielen. „Wir können aber sagen: Wenn die Sehfähigkeit aufgrund der AMD nur noch bei 30 oder 40 Prozent liegt, verschlechtern Sonderlinsen das Sehvermögen eher“, erklärte Pielen.

Pielen wäre mit den neuen Multifokallinsen eher zurückhaltend. Die Monofokalen Intraokularlinsen wären hier die bessere Wahl, um eine bestmögliche Abbildung und Schärfe zu erreichen, wie die Expertin betonte. „Wir empfehlen für solche Fälle Monofokallinsen.“ Klar sei zudem, dass intraokulare Blaufilter-Linsen keine Vorteile bei einer AMD brächten.

Und eine gleichzeitige Katarakt-Operation plus IVOM-Behandlung in einer Sitzung – ist das angeraten? Die Antwort auf diese Frage ist ebenfalls eindeutig: „Das ist in aller Regel nicht zu empfehlen“, bekräftigte Pielen. „Und schon gar keine prophylaktische IVOM-Behandlung.“