KBV zum Gesundheits-Digital-Agentur-Gesetz: „Einige gute Ansätze“

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Verhaltenes Lob für den Referentenentwurf zum Gesundheits-Digital-Agentur-Gesetz (GDAG): Dr. Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), sieht durchaus positive Aspekte in dem Entwurf.

Anlässlich der Verbände-Anhörung im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) am 7. Juni weist sie allerdings ebenso deutlich auf Defizite hin. „Der vorliegende Entwurf weist durchaus positive Ansätze auf, da er grundsätzlich eine bessere Praxistauglichkeit von digitalen Anwendungen anstrebt“, sagte Steiner. Damit greife er zentrale Forderungen der KBV für eine sinnvolle und nutzerzentrierte Digitalisierung auf. „Wir begrüßen es, dass die Digitalagentur in die Lage versetzt werden soll, Maßnahmen umzusetzen mit dem Ziel, die Stabilität der Telematikinfrastruktur zu erhöhen. Das ist dringend notwendig, da es immer noch viel zu viele Ausfälle und Störungen zu verzeichnen gibt“, so Steiner.

Basis für eine erfolgreiche Digitalisierung

Dass die Digitalagentur künftig auch qualitative und quantitative Anforderungen an die Benutzerfreundlichkeit der Komponenten, Dienste und Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) stellen könne, biete die Möglichkeit, dass praxistaugliche Anwendungen entwickelt und bereitgestellt werden könnten. Steiner verwies auf die Erfahrungen aus dem Einführungsprozess des elektronischen Rezepts (eRezept): „Mit dem Gesetzentwurf wird ein effektives Steuerungsmodell mit einer Ende-Zu-Ende-Verantwortung der Agentur angestrebt, das diesen Erfahrungen Rechnung trägt.“ Zusammen mit ausreichenden Testvorhaben könne dies die Basis für eine erfolgreiche Digitalisierung verbreitern.

Steiner kritisiert im Gesetzentwurf vorgesehene Gematik-Gesellschafterstruktur

Zugleich kritisierte die KBV-Vorständin jedoch, dass der Gesetzentwurf keine grundsätzlichen Änderungen der Gesellschafterstruktur vorsehe. Steiner: „Damit werden uns unverändert nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten eingeräumt, die Expertise derjenigen ausreichend einzubringen, die die ambulante vertragsärztliche und psychotherapeutische Versorgung gewährleisten.“ Es müsse daher kritisch hinterfragt werden, welche Rolle die ärztliche und psychotherapeutische Selbstverwaltung spielen wird. „Denn die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen wissen am besten, welche Erfordernisse entscheidend sind, damit digitale Prozesse die Arbeit in den Praxen wirklich erleichtern“, konstatierte Steiner. Zudem kritisierte sie, dass Sanktionen gegen Praxen weiterhin beibehalten werden sollen. „Dieses Zeichen offenkundigen Misstrauens gegen die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen wirkt alles andere als akzeptanzfördernd und ist vollkommen unnötig“, sagte sie.

AOK sieht Zentralisierung von Aufgaben problematisch

Licht und Schatten bei dem geplanten Gesetz sieht auch die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann. Als positiv bewertete sie, dass mit dem Gesetz beispielsweise Regelungslücken bei den Anforderungen an die Praxisverwaltungs-Systeme der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte geschlossen werden. Reimann betonte: „Damit besteht die Chance, dass wir die Anwendungsprobleme in den Arztpraxen infolge mangelhafter Software endlich überwinden.“

Kritisch bewertete die AOK, dass die neue Digitalagentur mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet werden soll. Sie handele damit faktisch wie eine Behörde, ist aber zu 93 Prozent durch Beitragsmittel der GKV finanziert. Anreize, diese Versichertengelder wirtschaftlich einzusetzen, suche man im Gesetzesentwurf jedoch vergeblich.

Auch dass die Digitalagentur Gesundheit künftig die zentrale Ausschreibung von Komponenten und Diensten für die Telematikinfrastruktur übernehmen, gleichzeitig aber weiterhin für die Zulassung dieser Komponenten zuständig bleiben soll, bewertete Reimann negativ: „Der Gesetzgeber verabschiedet sich damit von einem Marktmodell und treibt die Verstaatlichung der Digitalisierung im Gesundheitswesen voran. Statt die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter zu zentralisieren, sollte die Bundesregierung die Entscheidungsbefugnisse der Selbstverwaltungs-Partner erhalten und dem Wettbewerb der verschiedenen Anbieter mehr Raum geben als bisher im Referentenentwurf vorgesehen.“ (AOK/KBV/ja)