Keine länderübergreifende Impfstrategie zum Schutz vor Meningokokken in Europa

ROUEN (Biermann) – In Europa sind Meningokokken-Impfstoffe gegen fünf der sechs Serogruppen verfügbar, die für fast alle Fälle von invasiven Meningokokken-Erkrankungen (IMD) verantwortlich sind. Eine Analyse französischer Wissenschaftler zeigt nun, dass zahlreiche europäische Länder die Meningokokken-Impfung zwar in die nationalen Impfprogramme (NIP) für Kinder und Jugendliche aufgenommen haben, allerdings ohne eine länderübergreifende einheitliche Strategie. Dabei könnte eine solche die Chancengleichheit und Sicherheit junger Menschen fördern, sind die Autoren überzeugt.

Um die IMD-Epidemiologie, NIPs und die Durchimpfungsraten (VCRs) bei Kindern und Jugendlichen in acht westeuropäischen Ländern zu erfassen und zu bewerten, nutzten Gaëlle Pinto Cardoso von der Universität Rouen, Frankreich, und Kollegen Daten des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und/oder nationaler Websites.

Ihre Analyse ergab, dass MenB die in allen betrachteten Ländern am häufigsten vorkommende Serogruppe war. In Belgien, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich (UK) und Portugal war die Inzidenz für MenW höher als für MenC.

Impfungen gegen Meningokokken der Serogruppe B wurden im Jahr 2019 in zwei Ländern (Italien, UK) angeboten. Das MenC-Risiko wurde im Beobachtungszeitraum in allen Ländern abgedeckt, entweder durch eine Impfung nur gegen MenC (3 Länder), nur gegen MenACWY (2 Länder) oder über eine MenC-Impfung für Säuglinge/Kinder und eine MenACWY-Impfung für Jugendliche (3 Länder). Die VCR-Werte waren bei Kindern höher als bei Heranwachsenden.

„Unsere Studie bestätigt die Vielfalt der nationalen Impfprogramme, auch in europäischen Nachbarländern mit ähnlichen wirtschaftlichen Ressourcen und ähnlichem epidemiologischen Risiko, was darauf hindeutet, dass den Programmen andere Faktoren zugrunde liegen“, fassen die Autoren zusammen. Eine Konvergenz hin zu einem einheitlicheren Impfprogramm, das auch die MenACWY- und MenB-Impfung umfasst, würde die Chancengleichheit und die Sicherheit junger Menschen beim Reisen in Bezug auf Infektionskrankheiten fördern und möglicherweise das Verständnis für Impfungen bei Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe verbessern, sind die Wissenschaftler überzeugt. (ej)

Autoren: Pinto Cardoso G et al.
Korrespondenz: Didier Pinquier; [email protected]
Studie: Overview of meningococcal epidemiology and national immunization programs in children and adolescents in 8 Western European countries
Quelle: Front Pediatr 2022 Nov 23;10:1000657.
Web: https://doi.org/10.3389/fped.2022.1000657. eCollection 2022.