Keine Panik vor der KI! Künstliche Intelligenz unterstützt, ersetzt Ärzte nicht

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In den letzten Jahren hat die Künstliche Intelligenz (KI) zunehmend Einzug in die Medizin gehalten. Nicht jedem Arzt ist wohl dabei.

Von der Diagnoseunterstützung über die Prognose von Krankheitsverläufen bis hin zur Optimierung von Therapieplänen verspricht KI, die Art und Weise, wie Medizin praktiziert wird, grundlegend zu verändern. Doch mit all den Chancen, die diese Technologie bietet, kommen auch Ängste, Sorgen und Bedenken auf.

Viele Mediziner sorgen sich, dass sie durch KI überflüssig werden könnten, dass die Technik den Arbeitsalltag dominiert und dass die Arzt-Patienten-Beziehung unter der zunehmenden Technologisierung leidet. Solche Sorgen sind nachvollziehbar und sollten adäquat adressiert werden, denn sie haben ihre Berechtigung, dennoch gibt es keinen Grund zur Panik. In Sachen KI gilt es, die Entwicklungen in der Medizin nüchtern zu betrachten, ihre Potenziale zu erkennen, ihre Grenzen zu akzeptieren und dort, wo es nötig ist, regulierend einzugreifen.

Eines der größten Missverständnisse in der Diskussion um KI in der Medizin ist die Vorstellung, dass diese Technologie den Arzt oder die Ärztin ersetzen könnte. Es ist wichtig zu betonen, dass KI kein Ersatz für medizinisches Fachwissen und Erfahrung und den zwischenmenschlichen Austausch, den Ärzte mit ihren Patienten erleben, ist, sondern ein Werkzeug, das den Arzt unterstützen kann. KI-Systeme sind in der Lage, große Mengen an Daten in kürzester Zeit zu analysieren und Muster zu erkennen, die dem menschlichen Auge möglicherweise entgehen. Dies kann insbesondere in der Diagnostik hilfreich sein, etwa bei der Interpretation von radiologischen Bildern oder bei der Identifizierung seltener Erkrankungen.

Doch trotz ihrer beeindruckenden Fähigkeiten ist KI nicht unfehlbar. Sie ist darauf angewiesen, mit hochwertigen Daten gefüttert zu werden, und ihre Algorithmen basieren auf statistischen Modellen, die immer nur so gut sind wie die zugrunde liegenden Daten. Daraus folgt, dass fehlende oder fehlerhafte Daten zu falschen Ergebnissen führen können. Hier kommt der Arzt ins Spiel: Es ist seine Aufgabe, die Ergebnisse der KI zu interpretieren, zu hinterfragen und in den klinischen Kontext zu setzen. Die finale Entscheidung über Diagnose und Therapie liegt nach wie vor in menschlicher Hand, und das wird auch so bleiben. Die Rolle des Arztes wird dadurch nicht überflüssig, sondern um eine zusätzliche Dimension erweitert.

Der Mensch bleibt im Mittelpunkt

Ein weiteres Bedenken vieler Mediziner ist die Sorge, dass die zunehmende Technologisierung den zwischenmenschlichen Aspekt der Medizin verdrängen könnte. Die Beziehung zwischen Arzt und Pa­tient ist eine der Grundpfeiler der medizinischen Versorgung. Vertrauen, Empathie und Kommunikation sind unerlässlich für eine erfolgreiche Behandlung. Angesichts der rasanten technologischen Fortschritte ist verständlich, dass es Befürchtungen gibt, KI könnte diesen wichtigen Aspekt der Medizin gefährden.

Hierzu muss man feststellen, dass KI zwar Daten analysieren und Prozesse optimieren, jedoch keineswegs eine menschliche Interaktion ersetzen kann. Sie kann keinen Trost spenden oder eine persönliche Bindung zu einem Patienten aufbauen. Diese Fähigkeiten sind und bleiben den Menschen vorbehalten. Tatsächlich könnte die Einführung von KI in die Medizin sogar dazu führen, dass Ärzte mehr Zeit für ihre Patien­ten und damit die Mög­lichkeit haben, eine bessere Beziehung zu ihnen aufzubauen. Wenn Routine­aufgaben und zeitaufwendige Analysen von der KI übernommen werden, bleibt mehr Raum für das Gespräch, das Eingehen auf individuelle Bedürfnisse und die Vermittlung von Vertrauen.

KI als Chance zur Weiterentwicklung

Experten sehen die KI weniger als Bedrohung denn als Chance. Sie bietet die Möglichkeit, die medizinische Arbeitsweise zu verbessern, Prozesse effizienter zu gestalten und letztlich die Patientenversorgung zu optimieren. Durch die Automatisierung von Routineaufgaben kann KI dazu beitragen, den Ärztemangel abzumildern und den Arbeitsalltag zu entlasten. Gerade in Zeiten von steigenden Patientenzahlen und zunehmendem administrativen Aufwand ist das ein erheblicher Vorteil.

Darüber hinaus eröffnet KI völlig neue Perspektiven in der Medizin. Künftig wird sie helfen, personalisierte Therapien zu entwickeln, indem sie die individuellen genetischen, biologischen und Lifestyle-bedingten Merkmale eines Patienten berücksichtigt. Das wird zu einer präziseren und effektiveren Behandlung führen. Auch in der Forschung spielt KI eine immer größere Rolle, sei es bei der Identifizierung neuer Biomarker, der Entwicklung von Medikamenten oder der Simulation von Krankheitsverläufen.

Natürlich gibt es auch Risiken und Herausforderungen, die mit der Einführung von KI in die Medizin verbunden sind. Ethische Fragen, der Schutz von Patientendaten und die Notwendigkeit einer konti­nuierlichen Weiterbildung der Mediziner sind Aspekte, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Es ist wichtig, dass die Implementierung von KI in der Medizin sorgfältig und unter Berücksichtigung dieser Aspekte erfolgt und sinnvolle Regulierungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Ein realistischer Blick in die Zukunft

Die Zukunft der Medizin mit KI wird spannend, aber auch anspruchsvoll. Es ist verständlich, dass neue Technologien zunächst Ängste und Unsicherheiten hervorrufen. Doch anstatt in Panik zu verfallen, sollte man sich bewusst machen, dass die KI in der Medizin v. a. eines ist: ein Werkzeug. Ein Werkzeug, das Ärzte unterstützen kann, sie aber nicht ersetzt. Ein Werkzeug, das die Möglichkeit bietet, die Qualität der medizinischen Versorgung zu steigern, ohne die Menschlichkeit aus den Augen zu verlieren.

Die Arzt-Patienten-Beziehung wird auch in Zukunft im Zentrum der ärztlichen Tätigkeit stehen. Die Einführung von KI könnte sogar dazu beitragen, dass Ärzte endlich wieder mehr Zeit und Energie für diesen wichtigen Aspekt der Medizin aufwenden können. Es liegt auch am Gestaltungswillen von Ärzten, die Potenziale der KI zu nutzen, ohne dabei die eigenen ethischen Grundsätze und das Verantwortungsbewusstsein aus den Augen zu verlieren.     

(Miriam Mirza)