KI-Modell erkennt bei psychischen Erkrankungen Risiken für spätere Gewichtszunahme

Bei jüngeren Menschen mit hohem Psychoserisiko korrelieren die Schätzungen mit späterer Gewichtszunahme. (Bild: © SITI/stock.adobe.com)

Forschende entwickelten ein KI-Modell, das den Body Mass Index (BMI) aus Gehirnaufnahmen abschätzt. Besonders bei jüngeren Menschen mit einem hohen Psychoserisiko korrelierten die Schätzungen der KI mit späterer Gewichtszunahme. Diese Ergebnisse legen nahe, dass krankheitsbedingte Veränderungen im Gehirn eine Rolle bei metabolischen Erkrankungen spielen.

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass KI-basierte Modelle anhand von Gehirnaufnahmen das biologische Alter eines Menschen recht zuverlässig abschätzen können. Bei Menschen mit Schizophrenie zeigen solche Analysen oft einen vorzeitigen Alterungseffekt: Ihr Gehirn wird älter eingeschätzt, als es tatsächlich ist. Dieser sogenannte „brain age gap“ liefert wertvolle Hinweise auf krankheitsbedingte Veränderungen im Gehirn.

In einer kürzlich in der Fachzeitschrift „Nature Mental Health“ publizierten Studie befassten sich Forschende des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie und der Ludwigs-Maximilians-Universität München mit dem „BMIgap“. Statt das Alter zu schätzen, ließ das Team ein KI-Modell den BMI aus Gehirnscans vorhersagen. Hierfür trainierten sie das Modell mit knapp 2000 Scans von gesunden Personen und von Menschen mit Depression, Schizophrenie und einem erhöhten Psychoserisiko.

Depressionen führen zu einer niedrigeren BMI-Schätzung

Hintergrund dieser Idee: Menschen mit psychischen Erkrankungen haben ein deutlich höheres Risiko, metabolische Erkrankungen wie Übergewicht oder Diabetes zu entwickeln. Teilweise lässt sich das durch Faktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum oder Nebenwirkungen von Medikamenten erklären. Die Forschenden wollten nun wissen, ob diesem Risiko auch Erkrankungs-bedingte biologische Veränderungen im Gehirn zugrunde liegen.

Die Ergebnisse zeigten deutliche Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen auf. Das KI-Modell schätzte bei Menschen mit Depressionen den BMI niedriger ein, als er tatsächlich war. „Die Gehirnstrukturen dieser Gruppe ähnelten also denen von gesunden Menschen mit niedrigerem Körpergewicht“, erklärt Popovic. Umgekehrt war es bei Menschen mit Schizophrenie und hohem Psychoserisiko: Hier schätzte das Modell den BMI höher ein, als er tatsächlich war.

„BMIgap“ als Frühwarnsignal späterer Gewichtszunahme

Bei Menschen mit hohem Psychoserisiko, insbesondere bei jüngeren Patienten, hing der „BMIgap“ mit einer späteren Gewichtszunahme zusammen. Das bedeutet, dass der „BMIgap“ als Frühwarnsignal genutzt werden könnte. So könnten gefährdete Personen rechtzeitig identifiziert und gezielt medizinisch begleitet werden, bevor ernste metabolische Erkrankungen entstehen.

Diese Erkenntnisse helfen, den komplexen Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und körperlicher Gesundheit besser zu verstehen. Sie stützen die Annahme, dass nicht nur äußere Faktoren, sondern auch krankheitsbedingte Veränderungen im Gehirn das Risiko für metabolische Erkrankungen beeinflussen können. Dieses Wissen kann eine Grundlage für individualisierte Prävention und Behandlung psychiatrischer Erkrankungen bilden.

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