Kinder mit Amblyopie haben ein erhöhtes Risiko für schwere Erkrankungen im Erwachsenenalter

Symbolbild.© Maxim Kukurund-stock.adobe.com

Erwachsene, die in ihrer Kindheit an Amblyopie litten, haben im Erwachsenenalter ein höheres Risiko für Bluthochdruck, Fettleibigkeit und das metabolische Syndrom sowie ein erhöhtes Herzinfarktrisiko, so eine neue Studie unter Leitung von Forschern des University College London (UCL), UK.

Bei der Veröffentlichung der Studie in der Zeitschrift „eClinicalMedicine” betonen die Autoren, dass sie zwar eine Korrelation festgestellt haben, ihre Untersuchung aber keinen kausalen Zusammenhang zwischen Amblyopie und schlechter Gesundheit im Erwachsenenalter aufzeigt.

Die Forscher analysierten Daten von mehr als 126.000 Personen im Alter von 40 bis 69 Jahren aus der britischen Biobank-Kohorte, die sich einer Augenuntersuchung unterzogen hatten. Bei der Rekrutierung wurden die Teilnehmer gefragt, ob sie in ihrer Kindheit wegen Amblyopie behandelt wurden und ob sie im Erwachsenenalter immer noch an dieser Krankheit leiden. Außerdem wurde erhoben, ob bei ihnen Diabetes, Bluthochdruck oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung (d. h. Angina pectoris, Herzinfarkt, Schlaganfall) diagnostiziert worden war. Gleichzeitig wurden ihr Body-Mass-Index, Blutzucker- und Cholesterinspiegel gemessen und die Sterblichkeit verfolgt.

Erhöhtes Risiko für Gesundheitsprobleme bei Amblyopiebetroffenen

Die Wissenschaftler konnten bestätigen, dass von den 3238 Teilnehmern, die angaben, als Kind Amblyopie gehabt zu haben, 82,2 Prozent als Erwachsene eine anhaltende Sehschwäche auf einem Auge hatten. Die Ergebnisse zeigten, dass Teilnehmer mit Amblyopie im Kindesalter ein höheres Risiko für Diabetes (29%), Bluthochdruck (25%) und Fettleibigkeit (16%) hatten. Zudem konnte ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt nachgewiesen werden – selbst wenn andere Risikofaktoren für diese Erkrankungen (z. B. andere Krankheiten, ethnische Zugehörigkeit und soziale Schicht) berücksichtigt wurden.

Nach Angaben der Autoren wurde dieses erhöhte Risiko für Gesundheitsprobleme nicht nur bei denjenigen festgestellt, deren Sehprobleme anhielten, sondern auch bis zu einem gewissen Grad bei Teilnehmern, die als Kind eine Amblyopie und als Erwachsener eine Sehschärfe von 20/20 aufwiesen. Die Korrelation war hier jedoch nicht so stark.

Der korrespondierende Autor, Prof. Jugnoo Rahi vom UCL Great Ormond Street Institute for Child Health, UCL-Institute of Ophthalmology und Great Ormond Street Hospital, erklärte: „Amblyopie ist eine Augenkrankheit, von der bis zu vier von 100 Kindern betroffen sind. Im Vereinigten Königreich sollten alle Kinder vor ihrem fünften Lebensjahr ein Sehscreening erhalten, um eine rasche Diagnose und eine entsprechende augenärztliche Behandlung zu gewährleisten. Es ist selten, dass es in der Kindheit einen ‘Marker’ gibt, der mit einem erhöhten Risiko für eine schwere Erkrankung im Erwachsenenalter verbunden ist, und der zudem bei jedem Kind gemessen wird und bekannt ist – dank der bevölkerungsweiten Untersuchungen. Die große Zahl der betroffenen Kinder und ihre Familien sollten unsere Ergebnisse als zusätzlichen Anreiz betrachten, sich von Kindheit an um eine gesunde Lebensweise zu bemühen.“

In einem kürzlich erschienenen Bericht der Academy of Medical Sciences waren auch einige Forscher des UCL Great Ormond Street Institute for Child Health beteiligt. In dem Report wurden die politischen Entscheidungsträger aufgefordert, sich mit der abnehmenden körperlichen und geistigen Gesundheit von Kindern unter fünf Jahren im Vereinigten Königreich zu befassen und der Gesundheit von Kindern Vorrang einzuräumen. Das Team hofft, dass seine neuen Forschungsergebnisse dazu beitragen werden, diese Botschaft zu untermauern und hervorzuheben, wie die Gesundheit von Kindern die Grundlage für die Gesundheit von Erwachsenen bildet.

Kein kausaler Zusammenhang zwischen Amblyopie und schlechter Gesundheit

Der Erstautor, Dr. Siegfried Wagner vom UCL Institute of Ophthalmology und Moorfields Eye Hospital fügte hinzu: „Das Sehvermögen und die Augen sind Wegweiser für die allgemeine Gesundheit – ob Herzkrankheit oder Stoffwechselstörung, sie sind eng mit anderen Organsystemen verbunden. Dies ist einer der Gründe, warum wir auf gutes Sehen auf beiden Augen achten. Wir betonen, dass unsere Forschung keinen kausalen Zusammenhang zwischen Amblyopie und schlechter Gesundheit im Erwachsenenalter aufzeigt. Unsere Forschung bedeutet, dass ein ‘durchschnittlicher’ Erwachsener, der als Kind Amblyopie hatte, mit größerer Wahrscheinlichkeit diese Störungen entwickelt als ein ‘durchschnittlicher’ Erwachsener, der keine Amblyopie hatte. Die Ergebnisse bedeuten nicht, dass jedes Kind mit Amblyopie im Erwachsenenalter unweigerlich kardiometabolische Störungen entwickeln wird.“

Die Forschung wurde in Zusammenarbeit mit der University of the Aegean, der University of Leicester, dem King’s College London, dem National Institute for Health and Care Research (NIHR) Biomedical Research Centre (BRC) am Moorfields Eye Hospital und dem UCL Institute of Ophthalmology sowie dem NIHR BRC am UCL Great Ormond Street Institute of Child Health und dem Great Ormond Street Hospital durchgeführt.

Die Arbeit wurde vom Medical Research Council, dem NIHR und der Ulverscroft Foundation finanziert.