KITTU 2.0: Künstliche Intelligenz zur Unterstützung multidisziplinärer Tumorkonferenzen wird evaluiert

Axel Haferkamp, Verena Kauth, Gregor Duwe, Philipp Drees (v.l.). Foto: © UM/Peter Pulkowski

An der Universitätsmedizin Mainz startet ein Forschungsprojekt, um den Prototyp eines auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Assistenzsystems für urologische Tumortherapien weiterzuentwickeln.

Ziel des neu entwickelten KI-Assistenzsystems ist es, Ärzte dabei zu unterstützen, für urologisch-onkologische Tumorpatienten die optimale Therapie auszuwählen. Dafür kommt es bei Tumorboards zum Einsatz.

Den Prototyp hatten Forscher der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie der Universitätsmedizin Mainz zusammen mit Experten des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern in der ersten Phase des Verbundprojekts erfolgreich entwickelt (wir berichteten). In dem kürzlich gestarteten Folgeprojekt „KITTU 2.0: Prospektive Multizentrische Klinische Studie zur Evaluierung einer KI-unterstützten Therapieempfehlung von Patientinnen und Patienten in der Urologischen Onkologie“ soll er nun evaluiert werden.

Unterstützung für das Tumorboard

KITTU erstellt zuerst eine grobe Vorhersage der relevanten Therapieart, also Medikament oder Operation. Anschließend weist es spezifizierte Angaben aus, also beispielsweise, welches Medikament es konkret empfiehlt. Anhand von Diagrammen im Dashboard bietet es zudem eine erklärende Übersicht über die Patientenfaktoren, die den größten Einfluss auf den KI-generierten Therapievorschlag hatten. Darüber hinaus lassen sich extrahierte Studiendaten in das Dashboard inkludieren, wodurch zusätzlich zum individuellen Therapievorschlag passende, evidenzbasierte Studieninformationen für die Therapieentscheidung automatisiert verfügbar gemacht werden.

„Insbesondere für die schnelle Auswertung von umfangreichen Datenmengen kann Künstliche Intelligenz von großem Nutzen sein“, erklärt Prof. Andreas Dengel, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern und Konsortialpartner des KITTU-Projekts. „Um das KI-Assistenzsystem für urologisch-onkologische Therapieentscheidungen zu entwickeln, haben wir daher im ersten KITTU-Projekt aus Hunderttausenden von Informationen über Patientinnen und Patienten mit Prostata-, Urothel- oder Nierenzellkarzinom eine umfassende Datenbank erstellt. Anschließend trainierten wir die Technologie in einem zweistufigen Prozess, der die Empfehlungen von Tumorboards nachahmt. Es ist uns gelungen, ein Dashboard zu entwickeln, das automatisiert eigenständige, erklärbare Therapien empfehlen kann.“

Bisher Genauigkeit von über 70 Prozent erreicht

„Erste Projektergebnisse zeigen, dass anhand von retrospektiven Patientendaten die Empfehlungen eine Genauigkeit von über 70 Prozent erreichen. Je nach Tumorentität und Empfehlung liegt die Genauigkeit des KI-Assistenzsystems sogar bei bis zu 90 Prozent“ erläutern der Mainzer Projektleiter Dr. Gregor Duwe und seine Teamkollegin Dr. Verena Kauth von der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie der Universitätsmedizin Mainz (Direktor: Prof. Axel Haferkamp). „In unserem nun gestarteten Folgeprojekt KITTU 2.0 führen wir eine prospektive, multizentrische Evaluierung des Systems durch. Dabei vergleichen wir, inwieweit die Empfehlungen der Tumorkonferenz-Teilnehmenden mit den jeweiligen KITTU-Empfehlungen übereinstimmen bzw. sich unterscheiden.“

Der Wissenschaftliche Vorstand und Dekan der Universitätsmedizin Mainz, Prof.Philipp Drees, gratulierte den Wissenschaftlern zur fortgesetzten Förderung ihres Projektes und erklärt: „Eine erfolgreiche Translation dieser Innovation in die klinische Patientenversorgung könnte zukünftig die Behandlungsqualität von Tumorpatientinnen und -patienten steigern.“ Diese Hoffnung teilt auch Prof. Igor Tsaur, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Urologie am Universitätsklinikum Tübingen, die als neuer Partner und Studienzentrum an der Studie beteiligt ist: „Wir hoffen, dass KITTU langfristig dazu beitragen kann, die Prozessbeteiligten zu entlasten und aus einer Vielzahl geeigneter Therapien die optimale für den Patienten zu ermitteln und hierdurch die Lebensqualität zu verbessern.“

Die ForTra gGmbH der Else Kröner-Fresenius-Stiftung fördert das Projekt über einen Zeitraum von zwei Jahren mit 555.000 Euro. Zudem ist KITTU Preisträger des Medizinsonderpreises 2025 des Ideenwettbewerbs des Landes Rheinland-Pfalz.

(ms/BIERMANN)