Klimawandel und Chirurgie: Hitzewelle beeinträchtigte im Sommer 2022 die Operationstätigkeit in einem Fünftel aller britischen Krankenhäuser

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Eine dreitägige Phase mit sehr hohen Außentemperaturen im Sommer 2022 hat dazu geführt, dass ein Fünftel aller Krankenhäuser in Großbritannien sich dazu veranlasst sah, geplante Operationen zu verschieben. Das geht aus einer aktuellen Veröffentlichung hervor.

Hätten die hohen Temperaturen angehalten, hätte ein weiteres Drittel der Krankenhäuser Operationen absagen müssen, heißt es in der Arbeit. Der Grund: Die vom National Health Service (NHS) betriebenen Gebäude seien nicht dafür ausgelegt, gefährlich hohen Temperaturen standzuhalten, erklären die Autoren.

Für die Studie befragten die Forschenden Chirurgen, Anästhesisten und Intensivmediziner, die während der Hitzewelle vom 16. bis 19. Juli 2022 im Dienst gewesen waren. Die Forschenden erhielten 271 Antworten aus 140 britischen Krankenhäusern. Dabei berichtete jeder fünfte Befragte (18,5%), dass die Hitzewelle zur Absage einer geplanten Operation geführt habe. Ein weiteres Drittel (35,1%) der an der Befragung Teilnehmenden geht davon aus, dass weitere Absagen bei Anhalten der Hitzewelle wahrscheinlich gewesen wären.

Zu den Faktoren, die zu hitzebedingten Absagen beziehungsweise Verschiebungen beitrugen, gehörten Personalmangel (35,8% der Befragten), unsichere Verhältnisse im Operationssaal (30,3%) und Bettenmangel (22,1%).

Laut den Studienautoren waren 41,0% der chirurgischen Abteilungen schlecht auf eine Hitzewelle vorbereitet, beispielsweise dergestalt, dass sich die Temperatur in Operationssäle nicht kontrollieren ließ. In den meisten Krankenhäusern, aus denen Antworten auf die Befragung kamen (85%), gab es keine Pläne, um mit Extremsituationen im Sommer umzugehen und um die Sicherheit elektiver chirurgischer Eingriffe und die Kapazitäten für solche Operationen aufrechtzuerhalten. Mehr als ein Drittel der Befragten (35,4%) gab an, dass Anpassungen vorgenommen wurden, um die routinemäßige chirurgische Tätigkeit während der Hitzewelle aufrechtzuerhalten.

Co-Autor James Glasbey von der University of Birmingham (Großbritannien) kommentiert: „Selbst kurze Hitzewellen können zu einer weitreichenden Unterbrechung der chirurgischen Versorgung in Großbritannien führen. Die Wahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen wächst – wir könnten uns in den nächsten Jahren sowohl in einer Winter‘- als auch in einer ‚Sommer‘-Stresssituation wiederfinden. Während Krankenhäuser den Operationsrückstand nach COVID in Angriff nehmen, müssen sie auch überlegen, wie sie sich vor weiteren, klimawandelbedingten Unterbrechungen bei der Erbringung chirurgischer Leistungen schützen können.“ Dies sollte in entsprechende Vorbereitungen auf Extremsituationen im Sommer einbezogen werden, um die Belastbarkeit in Bezug auf elektive Operationen zu verbessern, meint der Chirurg.

Die Forschenden stellten fest, dass Krankenhäuser während der Hitzewelle verschiedene Strategien anwendeten, um die Auswirkungen steigender Temperaturen auf chirurgische Patienten abzumildern. Dazu gehörten die verzögerte Entlassung von Hochrisikopatienten, Veränderungen in den Operationsteams, die Auswahl von Patienten mit geringerem Risiko für eine Operation und die Beschränkung der chirurgischen Tätigkeit auf Fälle, in denen der Patient noch am Tag des Eingriffes wieder entlassen werden konnte. In einigen Krankenhäusern wurden zudem längere Pausen für das Personal eingeführt, aufgenommenen Patienten zusätzliche Flüssigkeit verabreicht und mit Operationen früher am Morgen begonnen, wenn die Temperaturen noch niedriger waren.