Klinikreform im Vermittlungsausschuss: „Spürbare Entlastung“ oder „vertane Chance“?23. Februar 2024 Der Graben ist groß zwischen Bayern und Niedersachsen. Grafik: vegefox.com – stock.adobe.com Völlig gegensätzlich haben die Länder Niedersachsen und Bayern auf die Einigung im Vermittlungsausschuss bezüglich der Klinikreform reagiert: „Großes Paket“, heißt es aus Nordwest, „vertane Chance“ aus Südost. Der niedersächsische Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi begrüßte nachdrücklich die am 21.02.2024 zwischen Bund und Ländern verabredeten Maßnahmen im Krankenhausbereich (wir berichteten). Niedersachsen rechnet 2024 mit einer Milliarde Euro zusätzlich für die Krankenhäuser, dies sei kurzfristig „eine spürbare, relevante Entlastung“, wie Philippi betonte. „Das war ein guter Abend für die Krankenhäuser in Niedersachsen und in Deutschland. Es ist gelungen, ein großes Paket auf den Weg zu bringen, das kurz-, mittel- und langfristige Komponenten enthält“, lobte der Minister und ergänzte: „Für mich war immer die Gleichung entscheidend, dass es eine Zustimmung zum Transparenzgesetz nur dann gibt, wenn Gelder für die Krankenhäuser fließen. Diese Gleichung ist aufgegangen, der Einsatz Niedersachsens für einen vernunftgeleiteten Kompromiss hat sich gelohnt.“ Mittelfristig ab 2025 soll der Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren von Bund und Ländern aufgestellt werden. „Die Neuausrichtung der Krankenhauslandschaft kann so gezielt unterstützt und gefördert werden. Damit hätten wir ein wichtiges Steuerungselement bei der Krankenhausreform in der Hand, um zu echten Qualitätsverbesserungen in der Versorgung zu kommen“, so Philippi. Langfristig werde die Umstellung der Krankenhausfinanzierung im Rahmen der Krankenhausreform Wirkung entfalten, ist der Landesgesundheitsminister überzeugt. „Die Erwartungshaltung der Menschen im Gesundheitswesen, vor allem aber der Bürgerinnen und Bürger, nach hoher Qualität und Verlässlichkeit in der Versorgung, ist hoch. Das gilt vor allem für den ländlichen Raum. Wir dürfen uns daher nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern müssen jetzt zügig weiterverhandeln und die Krankenhausreform auf den Weg bringen.“ Philippi erwartet jetzt einen schnellen Start konstruktiver Verhandlungen und eine zeitnahe Überstellung des Referentenentwurfs. „Mit der Zustimmung zum Transparenzgesetz sind die Länder auf den Bund zugegangen und haben dem Bundesgesundheitsminister einen Vertrauensvorschuss erteilt. Herr Prof. Dr. Lauterbach kann davon ausgehen, dass die Länder sehr genau auf die Umsetzung der Protokollerklärung und der weiteren Verabredungen achten werden.“ Gerlach: Es gab keine Einigung Von Zustimmung und Entgegenkommen aus Bayern kann dagegen kaum die Rede sein. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach bleibt ausdrücklich bei ihrem Nein zum Krankenhaustransparenzgesetz. Es habe entgegen der Darstellung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach keine Einigung im Vermittlungsausschuss gegeben. „Vielmehr wurde das Krankenhaustransparenzgesetz in unveränderter Fassung von der Ampel-Mehrheit gegen das Votum der Unions-Seite durchgedrückt“, so Gerlach. „Ich sehe die gestrige Sitzung des Vermittlungsausschusses als eine vertane Chance für Lauterbach, wichtige Weichen für die Krankenhäuser in Deutschland gemeinsam mit allen Ländern zu stellen“, fügte sie hinzu. „Um sein persönliches Anliegen ‚Transparenzverzeichnis‘ nach seinen Vorstellungen durchzudrücken, war der Bundesgesundheitsminister zu keinem inhaltlichen Kompromiss bereit. Ich frage mich ernsthaft, ob er überhaupt Interesse an einem Konsens mit allen Ländern im Ringen um die Zukunft der Kliniken in Deutschland hat.“ Der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), Roland Engehausen, unterstrich: „Wir sind über das Ergebnis im Vermittlungsausschuss sehr enttäuscht. Mit den angekündigten Regelungen wird die aktuelle Finanznot und Insolvenzgefahr in den Krankenhäusern überhaupt nicht beseitigt. Die angekündigten Liquiditätshilfen sind nur vorgezogene Zahlungen bereits bestehender Vergütungsansprüche, wodurch die Kliniken in diesem Jahr keinen Euro zusätzlich erhalten.“ Engehausen ergänzte: „Ein künftiger Transformationsfonds ist notwendig für den Strukturwandel, aber keine Lösung für die derzeitige Situation. In diesem Jahr droht weiterhin ein kalter Strukturwandel durch Insolvenzen und Standortschließungen aus wirtschaftlicher Not, wenn es weiterhin keine verbindliche Anpassung der regulären Erlöse über die sogenannten Basisfallwerte zum Ausgleich der Inflationslücke seit 2022 gibt.“ „Lauterbach will 25 Milliarden Euro in den Länderhaushalten erzwingen” Gerlach zeigte sich enttäuscht, „dass vom Bund nach wie vor nichts zu den von Länderseite seit geraumer Zeit geforderten finanziellen Verbesserungen bei den Krankenhausbetriebskosten kommt“. Das sei angesichts der bekannt schwierigen Finanzsituation der Krankenhäuser in höchstem Maße alarmierend. „Stattdessen kündigt Lauterbach einseitig einen Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro an, der nach seinen Vorstellungen zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von den Ländern gespeist werden soll“, kritisiert die Ministerin. „Lauterbach will einfach Festlegungen über 25 Milliarden Euro in den Länderhaushalten erzwingen. Diese Vorgehensweise bestätigt den Eindruck, dass Lauterbach an einer echten Zusammenarbeit mit den Ländern auf Augenhöhe kein Interesse hat.“ Gerlach betonte: „Bedauerlich ist auch, dass das Transparenzgesetz in dieser Form nicht die gewünschte Transparenz für die Patientinnen und Patienten schaffen wird. Ich bin überzeugt, dass wir zuerst die Krankenhausreform vorantreiben und bei den wichtigen Themen wie den Leistungsgruppen und Öffnungsklauseln Klarheit schaffen sollten, bevor ein solches Transparenzverzeichnis eingerichtet wird. Ich hoffe, dass Herr Lauterbach nun seine Blockadehaltung bei der eigentlichen Krankenhausreform beendet und endlich in eine konstruktive Abstimmung mit den Ländern geht.“ (ms)
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